Freistunde

Philipp Hreczuch: Billard ist vom Aussterben bedroht


Beim Dreiband-Billard vergisst Philipp alles um sich herum. Seine Konzentration richtet er einzig und allein auf den nächsten Stoß.(Foto: Tögl)

Beim Dreiband-Billard vergisst Philipp alles um sich herum. Seine Konzentration richtet er einzig und allein auf den nächsten Stoß.(Foto: Tögl)

Von Jessica Tögl

Philipp Hreczuch richtet seine volle Konzentration auf den nächsten Stoß. Er betrachtet die Lage der Kugeln auf dem mit grünen Samt bezogenen Tisch, geht zur längeren Tischkante. Im Kopf stellt er sich vor, wie die Kugeln laufen. Er weiß: Es gibt immer verschiedene Lösungswege. Noch einmal wechselt er seine Position. Kreidet die Queuespitze ein drittes Mal. Als er sich entschieden hat, beugt er seinen Oberkörper über den Tisch. Sein Körper gleicht einer Statue. Ein letztes Mal zeichnen seine Augen unsichtbare Linien auf den Tisch, auf denen die Kugeln laufen sollen. Nur die Arme des 20-Jährigen lösen sich im nächsten Moment aus der starren Haltung. "Klack". Das Queue stößt die weiße Kugel gegen die gelbe Kugel. Über drei Banden rollt die weiße Kugel, immer langsamer werdend, auf die rote Kugel zu. Schließlich trifft sie mit einem sanften zweiten "Klack". Punkt.

Mit knapp 15 Jahren ist Philipp Hreczuch vom Billardclub Landau zum ersten Mal deutscher Meister im Dreiband, einer Unterart des Karambol (siehe unten), geworden. Die Faszination an dem Sport hat ihn auch jetzt, fast sechs Jahre danach, noch nicht wieder losgelassen. Doch fast immer ist es nicht nur der Punktunterschied, der den 20-Jährigen von seinem Gegner trennt. Es ist auch der Altersunterschied.

Bayern ist fest in Fußballhand

"Spieler unter 35 oder fast 40 Jahren sind bei Ligaspielen kaum vertreten", bedauert der 20-Jährige. "Der Sport wird von immer älter werdenden Spielern getragen und ist deshalb vom Aussterben bedroht", erklärt Philipp. "In Bayern dreht sich nun mal alles nur ums Fußball", sagt er und zuckt mit den Schultern. Der Bestand an Jugendlichen kommt hauptsächlich von Eltern, die dem Verein bereits angehören.

Und gerade weil Philipp die Faszination für den Sport so sehr gepackt hat, findet er diesen Trend so schade. Er versteht nicht, warum nicht mehr Eltern ihren Kindern einen Blick auf den weiten Spieltisch des Billard gewähren. Dabei sei es für Jugendliche in keinem anderen Sport so schnell möglich, Erfolge zu feiern - die bayerische, oder sogar die deutsche Medaille zu holen, betont er. "Der Grund dafür ist die immer weiter schrumpfende Konkurrenz in den unteren Altersklassen." Auch deshalb müssen auf den deutschen Meisterschaften immer mehr Disziplinen sogar abgeschafft werden.

Ebenfalls über seinen Vater hat Philipp vor sieben Jahren Gefallen an dem Spiel mit Queue und Kugeln gefunden und schon viele Auszeichnungen gewonnen. Angefangen beim Pool-Billard hat es ihn schließlich zum Dreiband gezogen. "Natürlich ist dieser Sport sehr anspruchsvoll. Deshalb muss man anfangs sehr viel Zeit investieren, um besser zu werden", betont Philipp. Präzision, Winkel, Drall - beim Anspielen der ersten Kugel sind die Spieler jedes Mal aufs Neue gefordert. "Wen die Faszination an dem Sport packt, den lässt sie so schnell aber nicht wieder los", sagt Christian Bichler, Trainer und 1. Vorstand des Billardclubs (BC) Landau. "Ob jung oder alt - Anfänger würden am liebsten Tag und Nacht üben", sagt Christian Bichler und lacht. Auch bei Philipp war das nicht anders. "Als ich noch jünger war, habe ich jeden Tag vier bis fünf Stunden geübt", erinnert er sich. "Vor fünf, sechs Jahren waren aber auch noch viel mehr Jugendliche im Verein." Von ihnen ist außer Philipp kein einziger geblieben.

Im Mai bundesweite Billard-Schnupperaktion

Damit sich das ändert, bemüht sich der Verein aktiv um mehr Nachwuchs. In Kooperation mit örtlichen Schulen und Sportlehrern startet der Club jedes Jahr Schnupperkurse. Dieses Jahr beteiligt sich der Verein am 3. Mai an der Initiative "Deutschland spielt Billard" der Deutschen Billard-Union - und hofft dabei auf große Resonanz.

Erlerntes im Sport ist auch für den Alltag nützlich

"Ruhe, Ausgeglichenheit und vor allem die erlernte Konzentrationsfähigkeit - das alles sind Dinge, auf die Billardspieler nicht nur beim Sport, sondern auch in Alltag und Schule zurückgreifen können", betont Christian Bichler.

"Die eigene Konzentration bei der Stange zu halten, kostet zwar unheimlich viel Kraft", sagt Philipp. "Gleichzeitig beruhigt das Spiel die eigene Psyche aber ungemein." Die Ruhe, die er sich während Turnieren oder beim Training aufbaut, lässt Philipp nicht achtlos auf oder unter dem Spieltisch liegen - er nimmt sie mit in seinen Alltag. Derzeit spielt der BC Landau im Dreiband um den Aufstieg von der Bayernliga in die 2. Bundesliga. Die Landauer Mannschaft mit Philipp Hreczuch ist aktuell Tabellenführer. In der 2. Bundesliga steht sie in Zukunft internationalen Top-Spielern gegenüber.

Inwieweit die immer älter werdenden Spieler im Billard dieser Zukunft gewachsen sind, bleibt abzuwarten. Für Philipp Hreczuch steht jedoch fest: "Ich bleibe auf jeden Fall dabei!"

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PoolbillardPoolbillard ist das wohl bekannteste Billardspiel auf der Welt. Es wird mit einem weißen Spielball und einer festgelegten Anzahl an bunten Kugeln gespielt. Davon gibt es jeweils sieben Halbe (Kugeln 9-15), sieben Volle (Kugeln 1-7) plus die schwarze Acht. Nur der Spielball darf direkt mit dem Queue berührt werden. Die Aufnahme eines Spielers ist erst beendet, wenn er keine Kugel einlochen kann. Dann ist der andere Spieler an der Reihe.Das geläufigste Spiel: 8-Ball8-Ball ist die Spielart, die in Gaststätten und Billardcafés am häufigsten gespielt wird. Dabei treten zwei Spieler gegeneinander an. Es wird mit 15 nummerierten Kugeln und der Weißen gespielt. Ein Spieler hat die vollen Kugeln 1-7, der andere die halben Kugeln 9-15. Die schwarze Acht ist neutral. Der Spieler, der als erster die Kugeln seiner Farbe versenkt hat, darf auf die Acht spielen. Wenn er auch diese korrekt versenkt, gewinnt er das Spiel.Weitere Unterarten

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SnookerDieses Spielprinzip besteht darin, 15 rote und sechs andersfarbige Bälle nach bestimmten Regeln zu versenken. Ähnlich wie im Poolbillard darf nur die Weiße mit dem Queue berührt werden. Zu Beginn muss jeder Spieler einen roten Ball versenken. Gelingt ihm das, muss er einen farbigen Ball seiner Wahl versenken. Danach wäre wieder ein roter Ball dran. Für jeden versenkten roten Ball gibt es einen Punkt, die farbigen Bälle haben verschiedene Wertigkeiten. Der Snookertisch ist größer als der Poolbillardtisch und die Taschen sind kleiner und anders geformt.

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KarambolBeim Carambolage, auch Karambol genannt, wird mit drei Kugeln gespielt - in der Regel sind diese weiß, gelb und rot. Im Gegensatz zum Poolbillard oder Snooker werden hier keine Kugeln versenkt - der Tisch hat gar keine Löcher. Es geht darum, mit dem Spielball die anderen beiden Kugeln nach bestimmten Regeln zu treffen.Freie Partie als GrunddisziplinBei der Disziplin Freie Partie punktet der Spieler, indem er mit dem Spielball die beiden anderen Kugeln berührt - ohne Einschränkungen. Einzige Ausnahme sind die verbotenen Eckzonen, die durch feine Kreidelinien markiert sind. In diesem Bereich ist das Spiel durch spezielle Bestimmungen geregelt.Weitere bekannte VariationenWeitere bekannte Variationen des Karambol sind Dreiband, Cadre, Einband sowie Billard Artistique.