[Frei]stunde!

Partymachen im Öko-Style: Beim Hüften wackeln Strom erzeugen?


Foto: Sustainable Dance Club

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Von Redaktion idowa

Hamburg. (dpa) Samstagabend, 23 Uhr: In Deutschlands Diskotheken, bei Festivals und anderen Partys wummern die Bässe aus den Lautsprechern. Musik, die so laut ist, dass es im Körper kribbelt. Und Licht, das über Bühnen und Tanzflächen zischt. Partystimmung! Wenn da nicht ein kleiner Miesmacher wäre ... . Der Stromzähler rattert bei solchen Events, was das Zeug hält. Je nachdem, wie der Strom erzeugt wird, muss dafür jede Menge Kohlendioxid in die Luft gepustet werden. Klimaschutz sieht anders aus. Aber deshalb aufs Feiern verzichten?


Nein, aber Party geht auch anders. Und Öko-Freaks müssen keine Spielverderber sein. Das macht zum Beispiel ein Club in der niederländischen Stadt Rotterdam vor. Der Boden der Tanzfläche ist technisch so gestaltet, dass die Gäste beim Tanzen Strom erzeugen. Ihre Bewegungen werden in Energie umgewandelt, ähnlich wie mit einem Dynamo beim Fahrradfahren. Über diesen Strom läuft die Beleuchtung für Boden, Wände und DJ-Pult.

"We want your Energy" - "Wir wollen eure Energie" heißt deshalb das doppeldeutige Motto des Clubs. "Wir möchten zeigen: Spaß haben und Verantwortung für die Umwelt übernehmen, lässt sich vereinbaren", heißt es von dem Manager Ruben Cieremans. Das Öko-Prinzip setzt sich an vielen Stellen des Clubs fort: Für die Klospülung wird zum Beispiel Regenwasser verwendet. Außerdem können die Benutzer ablesen, wie viele Liter sie nach dem Abziehen durch die Schüssel schicken. Damit sie darüber mal nachdenken.

"Grüne Festivals"
Die Rotterdamer sind nicht die einzigen, die das Feiern umweltschonender gestalten wollen. Auch in Deutschland gibt es dazu die verschiedensten Ideen. Stephanie Weigel organisiert zum Beispiel die Umweltschutzmaßnahmen des Tollwood Festivals im Sommer und im Winter in München (23.11. bis 31.12.2011), das sich rund um Kultur dreht und massenweise Menschen anzieht. Dabei hat die Projektleiterin immer den Umweltschutz im Blick. "Wir möchten möglichst wenig ökologische Fußspuren hinterlassen", sagt sie.

Thema Klimaschutz: "Ein riesiger Klimafaktor ist die An- und Abreise der rund anderthalb Millionen Besucher. Wir machen ihnen deshalb möglichst attraktive Angebote, damit sie mit Bus, Bahn oder Fahrrad fahren", sagt Stephanie Weigel. Im Sommer lockten die Tollwood-Veranstalter etwa mit einem kostenlosen Fahrradcheck beim Festivalplatz, im Winter ist die Theaterkarte direkt mit einem Ticket für den öffentlichen Nahverkehr gekoppelt. Und es gibt ein Shuttlebus-Angebot.

Auf Stromfresser verzichten
Dazu kommt: Bei der eingesetzten Festival-Technik wird darauf geachtet, dass sie möglichst sparsam im Energieverbrauch ist, etwa durch moderne Scheinwerfer. "Dadurch konnten wir in diesem Jahr zusätzlich rund 37.000 Kilowattstunden Strom einsparen", sagt Stephanie Weigel. Zum Vergleich: Das ist rund neun Mal so viel Strom wie ein Vier-Personen-Haushalt im Jahr verbraucht. Außerdem setzt man beim Tollwood-Festival auf "grünen Strom", erzeugt durch Wasserkraft.

Die Veranstalter verzichten auch auf Wegwerf-Geschirr, der Müll wird getrennt, und es kommt fast nur Bio auf den Teller, ökologisch hergestellt - und möglichst aus fairem Handel. "Keine Kinderarbeit, faire Löhne, so etwas spielt bei uns auch eine Rolle", sagt Stephanie Weigel. "Bei vielen Dingen hieß es anfangs immer, das ginge nicht, etwa aufgrund bestimmter Vorschriften", erzählt sie. "Aber geht nicht, gibt's bei uns nicht. Man muss sich nur etwas einfallen lassen und das wirklich wollen."

Mit diesem Ansatz ist sie nicht allein. Bei der Konferenz "Green Events" treffen sich Anfang November (2. bis 3.11.2011). Dutzende Fachleute aus verschiedenen Ländern Europas in Bonn, um über "grünere Veranstaltungen" zu beraten - von Festival-Veranstaltern bis hin zu Catering-Lieferanten.

"Wir sitzen alle in einem Boot"
"Umweltschutz im Rahmen von Events ist ein Thema, bei dem der Austausch und das voneinander lernen besonders wichtig ist", findet der Organisator Holger Jan Schmidt. "Wenn es um den Schutz des Planeten geht, sitzen wir alle im selben Boot. Und das müssen wir gemeinsam sauber halten", sagt Schmidt, der seit Jahren das RhEin-Kultur-Festival organisiert. Für ihn spielt das Öko-Engagement bei Events eine Doppelrolle: Erstens wird die Umwelt geschont. Zweitens wird dies den Besuchern auch vermittelt.

"Man erreicht gerade bei Festivals sehr viele (junge) Menschen und kann sie vielleicht für das Thema begeistern", sagt Schmidt. Aber: Das soll nicht mit erhobenem Zeigefinder passieren. "Es ist schon wichtig, dass man das cool hinbekommt." "Der Umweltschutz kommt bei den Leuten gut an, aber man darf ihnen das nicht mit dem Holzhammer vermitteln", findet auch Stephanie Weigel. "Wichtig ist, dass man einfach was macht."

Wovor Schmidt und andere auch warnen: Man darf sich nicht dem Vorwurf des "Green Washing" aussetzen. Damit ist gemeint, dass etwas am Ende "grün gespült" und völlig umweltfreundlich erscheint, obwohl es das in Wirklichkeit eben nur begrenzt sein kann.

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Foto: Sustainable Dance Club

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