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Kommentar: 68er Generation 2.0


Chris Brieller studiert Politikwissenschaften und Geschichte in Regensburg.

Chris Brieller studiert Politikwissenschaften und Geschichte in Regensburg.

Von Redaktion idowa

"Die Studiengebühren müssen weg", "Das Bachelor/Master-System muss reformiert werden", "Bildung für alle und das auch umsonst". Mit keinen geringeren Forderungen traten die Studenten des Freistaates vor rund einem Monat an die Öffentlichkeit. Was mit kleinen Sitzstreiks und Meinungsbekundungen zum Beispiel im Audimax Regensburg begann, ist mit Hilfe der Presse schnell zu einem Protest von unglaublichem Ausmaß geworden, der durch das große mediale Aufsehen genauso schnell auch zu einem Event wurde. Demonstrieren war plötzlich angesagt, dafür wurden auch gerne mal Vorlesungen geschwänzt.

Ich erlebe diese Ereignisse als Student der Universität Regensburg mit anderen Gefühlen. Zum einen beginnt bei mir die Widersprüchlichkeit schon mit der Tatsache, dass Hörsäle besetzt werden und dadurch Veranstaltungen ausfallen, für die man ja angeblich zu viel bezahlen muss. Diesen Ansatz finde ich grundsätzlich falsch. Wenn schon demonstrieren, dann bitte ohne den Rest der Studentenschaft zu behindern, die für ihr Geld auch die Bildung bekommen wollen, die ihnen zusteht.

Außerdem erachte ich die Studiengebühren für grundsätzlich richtig. Erstens, weil Bildung nun einmal Geld kostet - auch einen Meister im Handwerk bekommt man nicht ohne jeden finanziellen Aufwand nachgeworfen. Zum anderen sind die Studiengebühren bei uns noch immer in einem vergleichbar erträglichen Rahmen. Wer in Amerika studiert, kann auch - spitz formuliert - sein Haus verkaufen müssen, da geht es in fünfstellige Bereiche.

Der andere Punkt der Proteste ist das aktuelle Studien-System aus Bachelor und Master. In diesem Punkte stimme ich den Protestierenden prinzipiell zu. Dass die Ergebnisse des Bologna-Prozesses einer Überarbeitung bedürfen, sieht denke ich jeder, der sich damit beschäftigt. Das haben auch die verantwortlichen Politiker eingesehen und ich gehe davon aus, dass sich da auch in Zukunft was tun wird. Nur denke ich, dass das Besetzen von Hörsälen und bewusst lautstarke Demonstrationen in den Innenstädten da der völlig falsche Weg sind. Für mich sind Lärmbelästigung und Besatzung von Gebäuden eher Straftatbestand als Mittel der Bildungselite, ihre Ziele zu erreichen. Die 68er Generation dürfte angesichts dieser Renaissance ihre Freude haben. Mein Verständnis ist es nicht, linksradikal anmutende Praktiken als mein Recht zu verstehen. Natürlich ist es Recht und sogar Pflicht eines Studenten, zu partizipieren und seine Meinung kund zu tun, aber irgendwann muss man sich mit einem System abfinden und das Beste daraus zu machen. In diesem Sinne fordere ich meine Kommilitonen und Kommilitoninnen auf, zur Tagesordnung zurückzukehren.