Interview mit Tiemo Hauer

"Ich nehme die Verwundbarkeit gerne in Kauf"


Tiemo Hauer schreibt in seinen Songs von eigenen Erfahrungen. (Foto: Fabian Pfister)

Tiemo Hauer schreibt in seinen Songs von eigenen Erfahrungen. (Foto: Fabian Pfister)

Von Redaktion idowa

Eine lockige Löwenmähne auf dem Kopf und ein nachdenklicher Blick in die Ferne - so kann man Tiemo Hauer beschreiben. Der 22-Jährige kommt aus Stuttgart und hat bereits zwei Alben veröffentlicht. Das zweite erschien am 8. Juni und heißt "Für den Moment". Der "Junge am Klavier", wie er sich in einem seiner Songs selbst bezeichnet, startet Ende Oktober seine Herbst-Tour. Freistunde erzählt der Sänger, wie sich sein Leben verändert hat und was er mit seinem zweiten Album ausdrücken wollte.

Tiemo, wie hat sich dein Leben seit deinem Durchbruch 2009 und dem zweiten Album verändert?

Tiemo Hauer: Mein Leben an sich hat sich eigentlich gar nicht so arg verändert. Musik gemacht habe ich vorher und Musik mache ich jetzt immer noch. Natürlich ändern sich bestimmte Sachen: Leute erkennen dich auf der Straße oder du lernst viele Menschen im Musik-Business kennen. Jetzt nach dem zweiten Album gehen die Leute auch anders mit mir um. Dadurch, dass das zweite Album erwachsener und reifer geworden ist, sind es auch zunehmend ältere Menschen, die meine Musik anhören.

Warum hast du dich dazu entschieden, rockigere Musik zu machen?

Ich habe mich eigentlich nicht dafür entschieden, sondern es ist einfach so gekommen. Das liegt daran, dass ich selbst gerne solche Musik höre und beim ersten Album war ich noch nicht in der Lage, rockigere Musik zu schreiben. Da waren teilweise Songs dabei, die ich mit 16 Jahren geschrieben habe und mir hat die Erfahrung in der Produktion gefehlt. Außerdem ändert sich natürlich die Wortwahl, wenn man 22 ist.

Wie kamst du auf die Idee, das Album nicht als normale CD-Box zu verpacken, sondern ein kleines Buch mit den Songtexten machen zu lassen, in dem ganz hinten die CD zu finden ist?
Die Leute kaufen immer weniger CDs und laden Musik herunter. Und ich dachte mir, wenn jemand doch eine CD kauft, dann möchte ich das belohnen, weil es eine total schöne Sache ist. Deswegen wollte ich eine besondere CD-Hülle machen lassen, die nicht einfach nur ein Plastikding ist, sondern etwas schönes, das man in der Hand hat und das Qualität hat.

Wie bereitest du dich auf deine Herbst-Tour vor, die Ende Oktober beginnt?
Ich probe sehr viel mit meiner Band. Und ich mache mir viele Gedanken, welche Songs ich in welcher Reihenfolge ich spiele und ob wir zwischen den Liedern ein paar andere Parts einbauen, die vom Album und von den Aufnahmen abweichen. Das wird auf jeden Fall passieren. Außerdem überlege ich mir, wie ich aus einem Konzert ein Erlebnis machen kann und und nicht einfach nur ein Herunterspielen von Songs.

Das Lied "Die Kapelle" handelt von der Vergänglichkeit des Lebens. Wieso hast du diesen Song geschrieben?
Es war kein bestimmtes Erlebnis, über das ich geschrieben habe, sondern ich habe mich viel damit beschäftigt, wie kurzweilig das Leben eigentlich ist. Ich wollte mir selbst und den Leuten, die meine Musik hören, bewusst machen, dass das Leben doch sehr vergänglich ist und dass man auch darauf achtet, was man tut. So ist es bei mir eigentlich immer: Wenn mich etwas bewegt, muss ich es mir von der Seele schreiben - fast so wie ein Tagebuch.

Hast du Angst vor dem Tod?
Ich bin überhaupt kein Mensch, der Angst vor dem Tod hat. Ich habe nur ein Bewusstsein dafür. Ich will natürlich auch nicht sterben - das ist logisch. Aber ich mache mir immer bewusst, dass es trotzdem jederzeit passieren kann und deswegen sollte man sein Leben auch genießen.

In dem Lied "Sag's mir" wird richtig deutlich, dass du von dir singst. Was für eine Bedeutung hat der Song?
Der Song entstand während meiner letzten Tour. Ich habe gemerkt, was für eine verrückte Welt das eigentlich ist: Ich stehe auf der Bühne vor Hunderten von Leuten, manchmal sogar Tausenden, und sie feiern das, singen mit, brüllen und applaudieren. Und dann ist es auf einen Schlag wieder aus und man geht nach hause und sitzt dann trotzdem alleine da. Ich habe mich damit befasst, wie sich das anfühlt und dass man oft auch dieses positive Gefühl vorspielt, obwohl es einem dann doch nicht so gut geht.

Ist es kein eigenartiges Gefühl, auf der Bühne über deine eigenen Gedanken und Gefühle zu singen?
Für mich ist das gar nicht komisch. Ich mache mich dadurch sehr verwundbar und gebe eigentlich alles von mir Preis. Aber ich nehme diese Verwundbarkeit gerne in Kauf. Wenn man an sich selbst den Anspruch hat, ehrliche Musik zu machen und ein ehrlicher Künstler zu sein, dann muss man auch verwundbar sein. Es gibt genug Stars und Musiker, die einfach so tun, als gäbe es nur diese glitzernde, schillernde Welt. Deswegen ist mir diese Verwundbarkeit wichtig und dann singe ich auch gerne darüber, dass es mir nicht gut geht und ich glaube, das ist auch der Grund, warum die Leute meine Musik hören. Weil sie merken, dass ich das was ich singe ernst meine.

Wenn ihr mehr über Tiemo Hauer und seine Herbst-Tour erfahren wollt, dann findet ihr Informationen im Internet unter www.tiemo-hauer.de.

Interview von David Voltz

Tiemo ist nicht nur der Junge am Klavier, er kann auch Gitarre und Schlagzeug spielen. (Foto: Valentin Schilling)

Tiemo ist nicht nur der Junge am Klavier, er kann auch Gitarre und Schlagzeug spielen. (Foto: Valentin Schilling)