Welt und All

Geheimnisvolles Blinken im All: Das sind Pulsare

Zuerst wurde das Signal für einen Hinweis auf kleine grüne Männchen gehalten. In Wirklichkeit hat die damalige Studentin Jocelyn Bell Pulsare entdeckt. Gewürdigt wurden dafür andere.

Die Illustration eines Pulsars, eines schnell rotierenden, stark magnetisierten Neutronensterns. 

Die Illustration eines Pulsars, eines schnell rotierenden, stark magnetisierten Neutronensterns. 

Signale aus dem All, die keiner erklären konnte – die entdeckte 1967 eine junge Doktorandin. Was sie fand, revolutionierte die Astrophysik: Pulsare. Doch den Nobelpreis erhielt jemand anders. Jocelyn Bell Burnells Geschichte ist eine über Ausdauer, Gerechtigkeit – und Radiowellen.

1967, irgendwo in der Nähe von Cambridge: Die 24-jährige Jocelyn Bell sitzt vor einem schier endlosen Wust von Radiodaten. Ihr Job als Doktorandin: ein neues Radioteleskop betreuen – und genau hinschauen. Mit Lineal, Locher und viel Geduld analysiert sie 30 Meter lange Papierstreifen mit Radiowellen-Aufzeichnungen.

Da stößt sie plötzlich auf ein merkwürdiges Signal: regelmäßige Pulse aus dem All, exakt alle 1,337 Sekunden. Erst denkt sie an Störungen. Dann: „Vielleicht sind es kleine grüne Männchen?“, so nennt sie das Signal im Scherz. Tatsächlich trägt der Fund im Labor den Spitznamen „LGM-1“ („Little Green Men“).

Bald wird aber klar: Es handelt sich nicht um Außerirdische, sondern um etwas völlig Neues – einen extrem schnell rotierenden Neutronenstern. Ein Überbleibsel einer Supernova, kleiner als München, aber schwerer als die Sonne und mit einem Magnetfeld, das man nicht einmal seinem schlimmsten Physiklehrer wünscht.

Was sind Pulsare überhaupt?

Heute wissen wir: Jocelyn Bell hatte in diesem Moment den ersten bekannten Pulsar entdeckt – einen extrem dichten Neutronenstern, der sich rasend schnell dreht und dabei Radiowellen aussendet. Wenn die Strahlen zufällig zur Erde zeigen, registriert man sie wie das Licht eines Leuchtturms.

Neutronensterne entstehen, wenn große Sterne in einer Supernova explodieren. Die Überreste schrumpfen zu einem Objekt mit rund 20 Kilometern Durchmesser, aber der 1,5-fachen Masse der Sonne. Die Entdeckung der Pulsare bestätigte viele Theorien zur Sternentwicklung und ermöglichte spätere Entdeckungen wie indirekte Nachweise von Gravitationswellen.

Jocelyn Bell Burnell.

Jocelyn Bell Burnell.

Wer bekommt den Preis?

1974 wurde der Nobelpreis für Physik an Antony Hewish, Jocelyn Bells Doktorvater, und an Martin Ryle vergeben – für ihre Beiträge zur Radioastronomie, gerade zur Entdeckung der Pulsare. Jocelyn Bell Burnell wurde nicht genannt.

In einem Interview mit der BBC sagte sie dazu: „Ich bin nicht verbittert. Ich denke, der Nobelpreis wird zu selten an Studenten vergeben.“ Die Entscheidung wurde dennoch vielfach kritisiert – nicht nur wegen ihrer Rolle bei der Entdeckung, sondern auch, weil sie ein Beispiel für die Unsichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft ist.

Einsatz für Chancengleichheit

Jocelyn Bell Burnell setzte ihre Karriere fort: Sie forschte in Southampton, London und Oxford und wurde Professorin für Physik und Präsidentin der Royal Society of Edinburgh. In der Royal Institution hielt sie populärwissenschaftliche Vorträge und setzte sich für die Förderung von Frauen und Minderheiten in der Physik ein.

2018 wurde sie mit dem renommierten Special Breakthrough Prize in Fundamental Physics ausgezeichnet – nicht nachträglich für die Entdeckung der Pulsare, sondern für ihr Lebenswerk und ihr Engagement für Diversität. Sie spendete das gesamte Preisgeld von drei Millionen Dollar für ein Stipendienprogramm, das benachteiligten Gruppen den Weg in die Astrophysik erleichtert.

Glaube trifft Wissenschaft

Was ihre Person noch spannender macht: Jocelyn Bell Burnell wuchs in Nordirland in einer Quäkerfamilie auf – einer religiösen Gemeinschaft, die für Gleichheit und Gewaltlosigkeit eintritt. Sie beschreibt sich als gläubige Christin und setzt sich für einen respektvollen Dialog zwischen Religion und Wissenschaft ein.

In einem Vortrag der Royal Institution sagte sie dazu: „Ich sehe keinen Widerspruch zwischen meinem Glauben und meiner wissenschaftlichen Arbeit. Beides sind Wege, um der Wahrheit näher zu kommen.“

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