So entsteht ein Reiseführer

Ein Leben für den Urlaub? Johanna Graßl hat die Arbeit als Reisejournalistin ausprobiert


Johanna hat ein Praktikum als Reisejournalistin in Schottland gemacht. Ihr Reisehandbuch für Low-Budget-Reisende "Edinburgh Up close" ist im Lulu-Verlag erschienen.

Johanna hat ein Praktikum als Reisejournalistin in Schottland gemacht. Ihr Reisehandbuch für Low-Budget-Reisende "Edinburgh Up close" ist im Lulu-Verlag erschienen.

Von Johanna Graßl

Als Reisejournalist die Welt entdecken ist der Traum von vielen: Was könnte besser sein, als sein Leben damit zu verbringen, die beeindruckendsten Orte der Erde zu besuchen, Restaurants zu testen und Strände zu vergleichen? Jedoch bedarf es zum Beispiel bei der Arbeit an Reisehandbüchern wesentlich mehr: Bis ein Reiseführer in den Druck geht, braucht es einen langen Weg beginnend mit Planungs- und Recherchearbeit über den Schreibprozess bis hin zu Edition und Layout und schließlich der Entwicklung einer Marketingstrategie. Dabei stehen Journalisten immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber.

Am Anfang eines Reisemagazins oder -führers stehen meist unzählige, häufig wenig konkrete Ideen im Raum. Diese werden im Team besprochen. Es stellt sich die Frage, welche Ansatzpunkte und Konzepte realisierbar sind und wer sie am besten umsetzen kann und will - denn oft haben die Journalisten im Team unterschiedliche Vorkenntnisse und Interessen. Vielleicht wissen sie speziell über ein Land oder eine Stadt Bescheid, weil sie dort lange gelebt haben. Oder sie wissen in einem bestimmten Bereich des Reisejournalismus viel, weil sie zum Beispiel Kunst, Geschichte oder Ethnologie studiert haben. Dementsprechend werden am Anfang Schwerpunkte für ein Magazin oder einen Reiseführer gesetzt: Das Buch wird grob in Kapitel eingeteilt und die Ideen und Themen strukturiert. Es gibt viele Möglichkeiten: Will man nach Aktivitäten unterteilen, kann es Kapitel zu Essen und Trinken, Nachtleben oder Sport geben. Genauso kann das Buch geographisch unterteilt sein. So widmen sich eigene Kapitel zum Beispiel dem jeweiligen Landesnorden oder -süden, der Küste und den Bergen oder verschiedenen Städten. Zudem braucht jeder Reiseführer eine Zielgruppe.

Gut geplante offene Suche

Nun beginnt der Rechercheprozess, der gut organisiert sein muss. Der Auftraggeber kommt oft nur für eine knapp kalkulierte Zeit für Kosten des Aufenthalts auf. Deshalb müssen Reisejournalisten genau planen, welcher Zeitpunkt und Zeitrahmen sich am Besten für ihren Besuch eignet. Viele Faktoren müssen unter einen Hut gebracht werden: Wann haben die Interviewpartner Zeit? Wie sind die Öffnungszeiten von Kirchen oder Museen? Wann finden interessante Veranstaltungen statt? Welche Orte lassen sich an einem Tag gut miteinander kombinieren? Um einen umfassenden authentischen Eindruck von Orten zu gewinnen, reicht ein Besuch selten aus. Viele Orte wirken an Wochenenden anders als werktags, tagsüber anders als bei Nacht, im Winter anders als im Sommer und so weiter. Wichtig ist auch, immer mit Notizblock unterwegs zu sein und dann möglichst zeitnah zu den Besichtigungen genügend Raum zum Verfassen der Artikel einzuplanen. Eine gewisse Flexibilität muss dennoch bleiben, denn viele Unternehmungen sind wetterabhängig.

Reisejournalisten müssen sehr diszipliert sein, da sie in vielen Phasen auf sich allein gestellt sind und eigenständig Aufträge innerhalb gewisser Vorgaben erfüllen müssen. Dennoch sollten sie spontan sein und ein Gespür dafür haben, wann Gelegenheiten, die sich kurzfristig ergeben, wie Unterhaltungen, Einladungen oder Veranstaltungstips, die man zufällig erhält, lohnenswert sind.

Infos interessant gestalten

Nun muss man Öffnungszeiten, Anfahrt, Kosten oder speziellere praktische Information - zum Beispiel über barrierefreie Zugänglichkeit oder Eignung für Kinder - in einheitlicher und übersichtlicher Form darstellen. Es ist Rücksicht auf die Zielgruppe zu nehmen, auf ihr Hintergrundwissen und ihre Interessen.

Was guten Reisejournalismus außerdem ausmacht ist, dass er Orte authentisch und lebendig wirken lässt - den Leser bereits auf eine Reise entführt, ehe er sich auf diese begibt. Er soll die Atmosphäre spüren, die Orte riechen und hören können. Reisejournalisten müssen einen Blick für das Besondere, das oft in Details steckt, haben. Hier begeben sie sich auf eine Gratwanderung: Sie müssen das Attraktive herausstellen und auch bekannte Orte, von denen man schon in einer Unmenge anderer Bücher lesen kann, aus einer neuen Sicht vermitteln, ohne aber in eine zu blumige, romantisierende Sprache zu verfallen. Schließlich sollen Reisende nicht enttäuscht sein, sobald sie den beschriebenen Ort mit eigenen Augen sehen. Gelungene Geheimtipps und Fotos machen sowohl den Reiseführer als auch die Reise selbst unvergesslich. Vorgaben wie eine Begrenzung der Zeichenanzahl machen es dem Reisejournalisten schwer, sind aber sinnvoll: Sie helfen, dass das Wesentliche wirklich auf den Punkt gebracht wird. Wer will schon den halben Urlaub mit Reiseführer-Lesen verbringen?

Feinschliff

Die Artikel sind entworfen, alle Infos enthalten und dennoch ist alles unfertig. Texte müssen noch gelesen und überarbeitet werden - manchmal mehrfach. Die Endversionen müssen mit passenden bearbeiteten Fotos in die inhaltliche Struktur und ins Layout eines Reisehandbuchs oder -magazins eingearbeitetet werden. Auch eine ansprechende Titelseite, ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis, eventuell ein Register und das Impressum dürfen nicht fehlen. Nun geht das Werk in den Druck und eine Marketing-Strategie ist nötig, damit Leser erreicht werden.