Freistunde

Die Stadtbibliothek im Interview


Vorbild für moderne Bibliotheken: die Bibliothek Open im niederländischen Delft.

Vorbild für moderne Bibliotheken: die Bibliothek Open im niederländischen Delft.

Georg Fisch, der Leiter der Stadtbibliothek Straubing, und seine Mitarbeiterin Kristina Hillmeier verraten die Faszination einer Bibliothek.

Bibliotheken hatten früher oft das Image eines verstaubten, dunklen Raumes, in dem sich nur Bücherwürmer tummeln. Das ist nicht mehr so. Wie würden Sie diesen Wandel beschreiben?

Georg Fisch: Öffentliche Bibliotheken legen heute sehr viel Wert auf Aktualität. Unser Anspruch ist es, der Allgemeinheit die ganze Medienvielfalt zur Verfügung zu stellen. So haben wir ein Angebot an Konsolenspielen, ein Streaming-Portal mit 15 Millionen Musiktiteln und eine umfangreiche virtuelle Bibliothek. Literatur für Seminararbeiten besorgen wir problemlos über die Fernleihe. Der Zugang zu Medien sollte nicht von den finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen abhängen.

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Georg Fisch ist Leiter der Stadtbibliothek Straubing und seit fast 47 Jahren Bibliothekar.

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Kristina Hillmeier ist Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf das Bibliothekswesen ausgewirkt?

Georg Fisch: Langfristige Bibliotheksschließungen sorgten immer wieder zu einem massiven Rückgang. Wie groß trotzdem das Interesse an Büchern und anderen Medien war und ist, zeigt zum Beispiel die Gesamtausleihe in der Stadtbibliothek Straubing, die 2020 ihr Ergebnis sogar leicht verbessern konnte. Zurückzuführen ist das auf die virtuellen Bestände, die bayernweit einen regelrechten Boom, nämlich ein Plus von 20 Prozent, erlebten. Deshalb wird derzeit mit Förderprogrammen wie "WissensWandel" in diesem Bereich investiert.

Muss man selber Vielleser sein, um in einer Bibliothek zu arbeiten? Ist der Beruf noch attraktiv?

Kristina Hillmeier: Viellesen ist keine Pflicht, aber für Beratungsgespräche sehr hilfreich. Aktuell lese ich etwa zwei Romane pro Woche. Für Bibliothekare sind unterschiedliche Interessen wichtig. Dank des schnellen Wandels im Medienbereich ist mein Beruf für junge Menschen sogar besonders geeignet. Wer will, kann in öffentlichen Bibliotheken sein kreatives Potenzial voll ausleben.

Von der Bücherei zur Begegnungsstätte, Stadtteil-Treff, Media-Lab oder Mitmach-Bibliothek. Das sind nur einige Schlagworte, die fallen, wenn die Bibliothek der Zukunft beschrieben wird. Wohin wird die Reise gehen?

Georg Fisch: Bibliotheken sind gleichermaßen Bildungs- und Kultureinrichtung. Immer wichtiger wird ihre Funktion als Ort der sozialen Begegnung. Skandinavische und niederländische Bibliotheken sind dabei unsere Vorbilder. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, sollten sie einbezogen werden. Unsere Umfrage zur geplanten "Mitmach-Bibliothek" in Straubing Ost bietet dazu Gelegenheit. (Anmerkung: QR-Code zur Teilnahme oben rechts)

Infos zu den Interviewten: Georg Fisch ist seit fast 47 Jahren Bibliothekar. Kristina Hillmeier hat eine Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste gemacht.