Metalcore und Totenstille

"Dead Like Swansea" aus Cham bringen ihr erstes Album heraus


Newcomer in der bayerischen Metalcore-Szene: "Dead like Swansea" aus Cham. (Fotos: privat)

Newcomer in der bayerischen Metalcore-Szene: "Dead like Swansea" aus Cham. (Fotos: privat)

Von Kerstin Weinzierl

Swansea, Arizona. Totenstille. In einer einst belebten Minenstadt regt sich kein Leben mehr. Swansea ist eine Geisterstadt. Auch wenn der Name "Dead Like Swansea" auf jene Leblosigkeit anspielt, ist die Musik dieser Band eher das komplette Gegenteil. "Dead like Swansea" aus Cham gehört derzeit zu den angesagtesten Newcomern in der bayerischen Metalcore-Szene. Die sechs Jungs haben im Juli ihr Debüt-Album "Fragile Man" herausgebracht.

Wir treffen uns in einem Café - auch hier ist es still, weil früh am Morgen: Johannes, einer der beiden Frontmänner der Band, Clemens, der Lead-Gitarrist, und ich, zugegeben kein Fan der Metalszene. Doch ich bin neugierig auf die Band und die Musiker, die im kommenden Jahr auf Europa- Tournee gehen wollen. Mir brennt gleich zu Beginn eine provokante Frage auf den Nägeln: Was entgegnet ihr all den Kritikern, die eure Musik als furchtbares Geschrei abkanzeln, das mit Gesang nichts zu tun hat? "Man muss jeden Geschmack respektieren", gibt sich Clemens diplomatisch, doch finde er es schade, dass diese Kritiker ihr Urteil meist schon nach wenigen Sekunden fällen, ohne sich die Mühe zu machen, genauer auf die Instrumente zu hören. Die sind bei "Dead like Swansea" immer mal im Vordergrund, eben nicht übertönt vom Gesang. "Das kann nicht jeder spielen", spricht Clemens die hohe Qualität ihrer Songs an. Deshalb habe es seit der Gründung der Band im Jahr 2009 auch viele Wechsel in der Besetzung gegeben.

Einflüsse aus Klassik und Hip-Hop

Im August 2012, nach viel Unruhe, hat man sich dann doch irgendwie gefunden, nur noch zwei Mitglieder aus der ersten Besetzung sind dabei. Der Stil: eine Mischung aus Djent und progressivem Metalcore. Für jemanden wie mich, der nicht in der Metalszene zu Hause ist, bedarf es einer Erklärung: Djent ist eine spezielle Richtung, Gitarre zu spielen. Mit einer tief gestimmten Gitarre wird Lautmalerei betrieben. Daraus hat sich eine eigene Musikrichtung entwickelt. Als "progressiv" bezeichnen sie ihre Musik, weil "Dead like Swansea" zum Metalcore Einflüsse aus anderen Musikrichtungen dazunimmt, sei es aus der Klassik oder aus dem Hip-Hop. Einige Stücke auf ihrem neuen Album "Fragile Man" sind beispielsweise mit Klavier und Streichern eingespielt worden. Kein Wunder, kommt doch der Großteil der Bandmitglieder ursprünglich aus einem Klassikorchester, aus einer Jazzband und aus einer Hip- Hop-Band. Vollkommen abgrenzen möchte sich "Dead like Swansea" allerdings von Blackmetal und Satanismus. "Damit haben wir nichts zu tun!"

"Schreien" will gelernt sein

Durch die breit gefächerten Einflüsse bekommt der Sound der Band einen einzigartigen Charakter. Die zwei Gitarristen bilden zusammen mit einem Bassisten und einem Drummer einen vielseitigen Klangteppich für die beiden Sänger der Band. Deren Growls (tiefe Stimmlage), Shouts (mittlere Stimmlage) und Screams (hohe Stimmlage) bringen Abwechslung in die Musik von "Dead Like Swansea". Mit Gesang im klassischen Sinn hat dies allerdings wenig zu tun. "So zu singen, muss gelernt werden, sonst bist du nach einem Konzert heiser." Als einer der beiden Frontmänner der Band weiß Johannes, wovon er spricht. Es gibt eigens "Shoutcoaches", die Heavy-Metal- Sängern das Schreien, den sogenannten gutturalen Gesang, beibringen. Johannes erklärt, wie's geht: Man singt nicht mit den Stimmbändern, sondern mit den Taschenbändern, Falten im Kehlkopf, die man normalerweise nutzt, um die Luft anzuhalten oder sich zu räuspern. Du musst die Luft umleiten und dadurch entsteht der gutturale Gesang.

Es wird nicht gecovert

Bei "Dead like Swansea" wird nicht gecovert, alle Lieder sind selbst geschrieben. Jedes Bandmitglied bringt beim Schreiben der seine eigenen Vorstellungen mit ins Spiel. Die Texte sind meist sozialkritisch, handeln davon, wie der Mensch mit der Erde umgeht ("Earth"), oder beleuchten die Gefühlswelt ("Spotlights"). Letzterer ist übrigens auch der Song, den mir Johannes und Clemens als Einstieg in die Metalcore- Szene empfehlen. Um es vorwegzunehmen: Ich hab' ihn angehört, ich hab' nicht nach wenigen Sekunden auf die "Escape"-Taste gedrückt und ich hab' mich auf die Instrumente konzentriert. Ich fand's nicht schlecht! Ein Urteil, das, weil es von einem bisherigen absoluten Verweigerer der Metalszene kommt, als großes Kompliment aufzufassen ist. "Dead like Swansea" live zu erleben, lässt sich allerdings nicht mit einem Video auf "You Tube" vergleichen. Die Band legt seit ihrem ersten Auftritt Wert auf eine impulsive Live- Show, um das Publikum nicht nur mit ihrem Sound, sondern auch mit ihrer Performance in ihren Bann zu ziehen. "Wir geben bei jeder Show 110,5 Prozent", sagt Bandleader Clemens.

Europa-Tournee steht an

Das haben sie bereits einige Male bei Konzerten in Deutschland unter Beweis gestellt, sei es in München, in Mainz, in Leipzig, in Straubing oder in Cham. Etwa 40 Auftritte hatten sie 2012, in diesem Jahr waren etwas weniger, da intensiv am Debutalbum "Fragile Man" gearbeitet wurde. "Spielen, spielen, spielen, damit Geld reinkommt für weitere Projekte, Alben und Fanartikel", antworten die Jungs auf die Frage, was im neuen Jahr ansteht. Eine Europa-Tournee ist geplant, einige Termine stehen bereits, darunter in der Schweiz, in Holland und in Schweden. Außerdem laufen die Planungen für ein Musikvideo und ein neues Album.

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Die Band bringen ihr erstes Album heraus.

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Er möchte durch Vielseitigkeit überzeugen: Lead-Gitarrist und Haupt-Songwriter Clemens Kiefhaber.

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Bei den Live-Shows geben die Musiker alles, die Fans sind begeistert.

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Auf der Bühne lebt er seine Emotionen aus: Max Kersten.