Fahndung

Zweite Flucht: 47-Jähriger entweicht aus Gericht

Zum zweiten Mal binnen weniger als zwei Monaten flieht ein Angeklagter aus einem bayerischen Gericht. Nach der Aufsehen erregenden Flucht eines verurteilten Mörders in Regensburg ist diesmal ein 47-Jähriger in Coburg entkommen. Wie kann das passieren?


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Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei.

Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen ist einem Angeklagten die Flucht aus einem bayerischen Gericht gelungen. Zum zweiten Mal war es offenbar ein wenig gesichertes Fenster im Erdgeschoss des Gerichtsgebäudes - diesmal im oberfränkischen Coburg - das dem Flüchtigen zumindest zu vorübergehender Freiheit verhalf. Für Polizei und Justiz bleibt die Frage, wie das passieren kann.

Am Montagvormittag hatte ein 47-Jähriger eine Verhandlungspause am Landgericht Coburg genutzt, um durch ein Fenster zu entkommen, wie ein Polizeisprecher in Coburg sagte. Die Polizei leitete eine Großfahndung ein. Ein Hubschrauber war im Einsatz, eine Staffel mit Suchhunden wurde angefordert. Zwei Stunden nach der Flucht fehlte vom 47-Jährigen jede Spur.

Der Gerichtskalender in Coburg sah am Montagvormittag eine Verhandlung gegen einen 47-Jährigen vor, der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt war. Der siebenfache Vater soll sich an seinen beiden Töchtern vergangen haben. Nach Informationen der "Neuen Presse Coburg" hatte das Landgericht erst während der Verhandlung vor 14 Tagen einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr gegen den Mann erlassen.

Der Flüchtige habe bis zur Fortsetzung der Verhandlung am Montag in der Justizvollzugsanstalt Kronach eingesessen, bestätigte der Polizeisprecher. Von der Haftanstalt sei er von einer Polizeistreife zum Gericht begleitet worden. Die Polizisten seien auch während der Verhandlung für die Betreuung des Mannes zuständig gewesen.

Wie genau es zu der Flucht kommen konnte, war zunächst unklar. Der Polizeisprecher sagte, der Mann habe während einer Verhandlungspause ein Fenster in einem Nebenzimmer im Erdgeschoss des Gerichtsgebäudes genutzt. Die Zeitung berichtete, dem Mann seien für einen Toilettengang die Fußfesseln abgenommen worden. Anschließend habe er ein nur wenig gesichertes Fenster zur Flucht genutzt.

Polizei und Justiz hatte nach dem Vorfall in Regensburg mit der Prüfung der Sicherheit in den Gerichten begonnen. Damals war ein verurteilter Mörder entkommen, der sich wegen einer anderen Straftat am Amtsgericht zu verantworten hatte. Auch ihm war die Fesselung abgenommen worden, auch er floh durch ein nicht ausreichend gesichertes Fenster in einem Nebenzimmer im Erdgeschoss des Gerichtsgebäudes. Der Mörder ist inzwischen in Frankreich gefasst worden.

Eine der Erkenntnisse von damals war, dass die Flucht "durch die mangelnden Kenntnisse der Vorführbeamten zu baulichen und sicherheitstechnischen Gegebenheiten begünstigt" worden war. Als Folge sollte die Zusammenarbeit zwischen ortsfremden Polizeikräften und örtlichem Sicherheitspersonal intensiviert werden, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Polizei und Justiz vom 23. Januar.