Bayern

Werden Kita-Plätze knapper?

Das befürchtet die Geschäftsführerin eines privaten Kita-Trägers. Sie erklärt, was sie an den Plänen der Stadt kritisch sieht undwarum ihre Kita Gewinne braucht.


Das Tischchen ist schon gedeckt. Wenn die Kinder reinkommen, gibt's Essen. Doch die Hälfte der Räume dieser Kita werden nicht genutzt.

Das Tischchen ist schon gedeckt. Wenn die Kinder reinkommen, gibt's Essen. Doch die Hälfte der Räume dieser Kita werden nicht genutzt.

Von Christina Hertel

München - Draußen spielen Kinder in Matschhosen. Innen ist der Tisch schon gedeckt: Lätzchen liegen auf kleinen gelben Tellern, daneben stehen kleine gelbe Tassen. Allerdings ist längst nicht in allen Räumen dieser Kita etwas los.

Momentan können hier 60 Kinder betreut werden. Platz wäre für doppelt so viele. Allerdings fehlen mindestens sechs Erzieher, schildert Nadine Loidl. Sie ist die Geschäftsführerin von Babilou. Das französische Unternehmen betreibt in ganz Deutschland 123 Kitas und in München 50 Einrichtungen. Zu dem Träger gehören laut Loidl Kitas, in denen Eltern 600 Euro für einen Platz zahlen müssten, aber auch viele, für die gar keine Gebühr anfällt, weil sie von der Stadt gefördert werden. Zu denen gehört diese Kita am Kieferngarten in Freimann, in die Loidl eingeladen hat, um zu erklären, warum sie fürchtet, dass bald Kita-Plätze in München knapper werden.

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Denn es fehlen mindestens sechs Erzieherinnen.

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Das Tischchen ist schon gedeckt. Wenn die Kinder reinkommen, gibt's Essen. Doch die Hälfte der Räume dieser Kita werden nicht genutzt.

Seit 2019 sind Kindergartenplätze in München kostenlos, ein Krippenplatz kostet maximal 162 Euro. Doch momentan arbeitet die Stadt daran, das System zu reformieren. Dazu ist sie gezwungen: Ein privater Kita-Träger klagte gegen die "Münchner Förderformel". Denn um Zuschüsse zu bekommen, müssen Kitas ihre Beiträge deckeln und dürfen Erzieher nicht besser bezahlen als die Stadt. Dagegen hatte ein privater Träger geklagt. Das greife zu sehr in die Autonomie der Träger ein. Er bekam vor Gericht recht.

"Wir wollen um jeden Preis erhalten, dass die Kita-Gebühren in München nahezu kostenlos sind", sagt SPDlerin Julia Schönfeld-Knor.

Heute wird der Stadtrat das Bildungsreferat beauftragen, ein neues System zu erarbeiten. Es sieht vor, dass die Stadt die Defizite der Einrichtungen übernimmt, wenn sie die Beiträge deckeln. Gewinne zu machen, wäre dann nicht mehr möglich. Und das macht Babiblou-Chefin Loidl Sorgen.

"Das Risiko ist sehr hoch, dass Kita-Plätze in München in einer größeren Anzahl wegfallen", meint sie. Ihr Unternehmen investiere in die Neueröffnung neuer Kitas.

Jedes Jahr schaffe Babilou bis zu 1000 Plätze in München. Und eine neue Kita zu eröffnen, koste Millionen.

Schon heute seien die Wartelisten für einen Kita-Platz lang. Hätte sie genug Personal, könnte sie sofort alle 60 Plätze in der Kita in Freimann belegen, die sie heute nicht anbieten kann. "Das Angebot noch weiter zu verknappen, wäre ein Rückschritt für München", sagt Loidl. Aus ihrer Sicht würde es bedeuten: "Frauen zurück an den Herd." Anstatt dass die Stadt Defizitverträge mit den Trägern abschließt, wünscht sie sich, dass jedes Kind unabhängig welche Kita es besucht, einen Zuschuss erhält.

Sowohl SPD als auch Grüne appellieren an die Eltern, sich nicht beunruhigen zu lassen. "Wie das neue System genau ausgestaltet wird, steht ja noch gar nicht fest", sagt Sebastian Weisenburger (Grüne). Der Beschluss heute sei ein Startschuss. Ob die Stadt auch den Ausbau von Kitas oder die Bildung von Rücklagen für Investitionen fördere, müsse die Verwaltung prüfen. Das sieht auch SPDlerin Schönfeld-Knor so.

"Keinen Puffer haben wir für die SUVs von Geschäftsführern", sagt Weisenburger. Und Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) weist außerdem darauf hin, dass es bereits städtische und staatliche Zuschüsse für den Bau von Kitas gebe.

Weißenburger fürchtet, dass einer die Sorgen der Eltern für Wahlkampf nutzt: Der CSUler Andreas Lorenz, der im Herbst wieder in den Landtag will und der als Chef des Dachverbands Bayerischer Träger für Kindertageseinrichtungen gegen Fördermethodik geklagt hatte.

Bürgermeisterin Dietl ist sich sicher, dass nicht das neue System, sondern der Personalmangel für fehlende Kita-Plätze verantwortlich sind: "Könnten alle Träger ihre Leerstellen besetzen, wäre die Situation deutlich entspannter."