Laut Umfrage eines Lehrerverbands

Viele Schüler mit psychosozialen Problemen durch Corona


Ein leerer Flur in einer Münchner Realschule.

Ein leerer Flur in einer Münchner Realschule.

Von dpa

Bayerns Gymnasiallehrer machen sich Sorgen um ihre Schüler. Allzu viele hätten derart massive psychisch-emotionale Probleme durch die Corona-Pandemie, dass sie professionelle Hilfe bräuchten. Aber die Kapazitäten der Profis sind begrenzt.

In fast jeder ihrer Klassen sitzen nach Einschätzung bayerischer Gymnasiallehrer Kinder oder Jugendliche, für die eine psychosoziale Unterstützung zur Bewältigung der Corona-Krise notwendig scheint. In rund zwei Drittel der Klassen benötigen demnach ein bis drei Schülerinnen und Schüler Hilfe, in gut jeder fünften sind es bis zu sechs, wie eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage des Bayerischen Philologenverbands unter 1.800 Mitgliedern ergab.

In sieben Prozent aller Klassen bräuchten gar mehr als sechs Kinder oder Jugendliche Hilfe. "Wir kommen nicht zum Lösen der Probleme der Schülerinnen und Schüler - seien es psychosoziale oder kognitive", bilanzierte Regina Knape, Schulpsychologin in Coburg. "Die Schule befindet sich noch immer in einem Krisenzustand."

Viele Lehrer sehen eine Verschlechterung

"Nach Einschätzung der Lehrkräfte hat sich die Situation keineswegs verbessert", sagte der Vorsitzende des Philologenverbands, Michael Schwägerl. "63 Prozent sehen im Vergleich zum letzten Schuljahr eine Verschlechterung mit Blick auf die psychosozialen Probleme der Schülerinnen und Schüler."

Dies liegt nach Einschätzung des Gilchinger Beratungslehrers Michael Lilla auch daran, dass bei der Befragung im Vorjahr durch den Distanzunterricht viele Notlagen bis hin zu Selbstverletzungen oder Suizidgedanken unbemerkt geblieben seien. Die Lösung - darin waren sich die Lehrkräfte einig - seien in erster Linie mehr Stunden für Schulpsychologen und Beratungskräfte, am besten im Umfang von einer Lehrerstelle pro Schule.

Schulze fordert Ausweitung von Hilfsangeboten

"Wir machen uns große Sorgen um die psychische Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen. Die Schulpsychologie, Schul- und Jugendsozialarbeit an Schulen muss massiv ausgeweitet werden", forderte auch die Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Simone Strohmayr, rechnete vor, dass es in Bayern nur 975 Lehrkräfte mit 8020 Anrechnungsstunden für Schulpsychologie gebe. "Da kommt man bei 6100 Schulen nur auf etwas mehr als eine Stunde pro Woche! Das ist ein Skandal."

Das Kultusministerium hingegen verwies darauf, dass Bayern im Ländervergleich bei der Zahl der Schulpsychologen inzwischen einen Spitzenplatz einnehme. "Unsere Beratungsexperten haben auch in Zukunft die Sorgen der besonders belasteten Schülerinnen und Schüler im Blick. Wir lassen niemanden allein", versprach Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler).