Bayern

Verbrenner-freies BMW-Werk

1.200 Menschen arbeiten in München noch an den Motoren. Die Lokalpolitik hat Angst um die Arbeitsplätze. Was der Autobauer mit ihnen vorhat - und wie das Stammwerk umgebaut werden soll


Eine Visualisierung zeigt, wie das Stammwerk von BMW in wenigen Jahren aussehen wird: Unten im Bild befindet sich der neue Karosseriebau, oben die geplante Montagehalle mit Logistik. Die beiden Gebäude ermöglichen ab 2026 die Produktion moderner Autos.

Eine Visualisierung zeigt, wie das Stammwerk von BMW in wenigen Jahren aussehen wird: Unten im Bild befindet sich der neue Karosseriebau, oben die geplante Montagehalle mit Logistik. Die beiden Gebäude ermöglichen ab 2026 die Produktion moderner Autos.

Von Anna-Maria Salmen

Seit 101 Jahren baut BMW schon Motoren im Stammwerk nahe dem Olympiapark im Norden Münchens. Dass es Zeit für einen Wandel wird, hat das Unternehmen vor längerem angekündigt. Welche konkreten Projekte in den nächsten Jahren auf dem Gelände realisiert werden sollen, haben Vertreter von BMW nun dem Bezirksausschuss Milbertshofen - Am Hart vorgestellt: Der Motorenbau soll komplett aus München verlagert werden. Stattdessen liegt der Fokus nun auf der Elektromobilität. In zwei neuen Hallen sollen dafür die Voraussetzungen geschaffen werden.

Zukunftsfähig zu bleiben ist das große Ziel, das der Autobauer mit den Planungen für das Stammwerk verfolgt, wie Werkleiter Peter Weber sagte. Die Produktion soll optimal auf die Anforderungen der künftigen Automobilindustrie vorbereitet werden - dazu gehört natürlich die E-Mobilität. Verbrenner sind dagegen auch für BMW ein Auslaufmodell: Erst kürzlich hat das EU-Parlament beschlossen, dass in der EU ab 2035 keine Diesel und Benziner mehr neu zugelassen werden dürfen.

BMW entschied sich bereits 2020, den Motorenbau aus dem Werk in München an die Standorte im österreichischen Steyr und im englischen Hams Hall zu verlagern. Der Prozess hat bereits begonnen, das letzte Motorenband soll Ende 2023 aus München weichen. Danach wird die Motorenbau-Halle abgerissen. Auf der frei werdenden Fläche entsteht eine Montagehalle mit angegliederter Logistik, kündigte Weber an. Die Fertigstellung sei für 2026 geplant.

In der Sitzung des Bezirksausschusses äußerte Tina Pickert (CSU) Bedenken, dass mit dem Wegfall des Motorenbaus ein Personalabbau einhergehen könnte. Auch Bezirksausschusschef Fredy Hummel-Haslauer (SPD) vermutete, dass in der Produktion von E-Autos weniger Teile und entsprechend weniger Arbeitsschritte nötig sind.

BMW-Werkleiter Weber äußerte sich dazu vage: "Die Produktion orientiert sich an der Marktnachfrage. Wir passen unsere Kapazitäten dementsprechend an." Immerhin, so berichtete er, sollen die rund 1200 Mitarbeiter, die bislang im Motorenbau beschäftigt sind, neue Tätigkeiten erhalten - im Münchner Stammwerk oder an anderen Standorten.

Auch die zweite große Veränderung auf dem Gelände hat bereits begonnen. Die alte Lackiererei, die seit 2018 stillgelegt ist, wurde zurückgebaut. An ihrer Stelle entsteht ein neues Gebäude für den Karosseriebau, das 2025 fertig sein soll. Dieses und die geplante Montagehalle sollen künftig die Serienproduktion von Autos der Neuen Klasse ermöglichen. Darunter versteht BMW eine vollelektrische neue Fahrzeugarchitektur, die komplett auf E-Mobilität ausgelegt ist.

Bei den Projekten handelt es sich um enorme Vorhaben, das ist Werkleiter Weber bewusst. Die Umsetzung werde nicht einfach, kündigte er an: Denn der Umbau soll während der laufenden Produktion stattfinden. "Wir werden weiterhin rund 900 Fahrzeuge täglich produzieren und parallel dazu das Werk transformieren." Dieses Vorgehen sei eine Herausforderung und gleichzeitig "einzigartig in der Automobilbranche". Die Maßnahmen werden deswegen sukzessive umgesetzt.

Gegenwind gab es in der Sitzung des Bezirksausschusses nicht. Leo Meyer-Giesow (ÖDP) regte lediglich an, die Versorgung des Geländes mit Geothermie in Erwägung zu ziehen.

Laut Klaus Hauser von BMW ist das tatsächlich eine Option: Man sei diesbezüglich in Gesprächen mit den Stadtwerken, die einen sogenannten Claim im Norden Münchens untersuchen und Anschlussmöglichkeiten ausloten. Eine Entscheidung werde wohl im Laufe des Jahres fallen. "BMW hätte großes Interesse daran", so Hauser. Ein weiterer Vorschlag Meyer-Giesows zielte ebenfalls auf die Umwelt ab: Er schlug vor, insektenfreundliche Beleuchtung zu installieren. Die BMW-Vertreter versprachen tatsächlich, dies prüfen zu wollen.

HORIZINTALE LINIE
HIntergrund: Großer Umbau auf dem Werksgelände bis 2040

Die beiden neuen Gebäude sind nur die ersten Schritte des ganzheitlichen Umbaus, den BMW an seinem Stammwerk plant: Bis 2040 soll das gesamte Gelände offener und grüner werden.

Bereits im vergangenen Frühjahr hatten die beiden Siegerbüros des Architektenwettbewerbs - OMA aus Rotterdam und 3XN aus Kopenhagen - ihren gemeinsamen Entwurf präsentiert. In den Vorstellungen der Architekten soll das neue Werk geprägt sein von Begrünung und Glas: Transparentere Außenfassaden sollen "Einblicke in die Automobilproduktion von morgen" ermöglichen, wie BMW in einer Pressemitteilung ankündigte.

Ein neuer Haupteingang an der Lerchenauer Straße soll durch eine geschwungene Brücke mit dem Olympiapark und dem Busbahnhof Olympiazentrum verbunden werden.

Durch öffentliche Wege im nördlichen Bereich soll das Gelände außerdem zugänglicher werden und besser mit der Umgebung vernetzt sein.

Dieses Konzept sieht Fredy Hummel-Haslauer (SPD), Chef des Bezirksausschusses Milbertshofen-Am Hart, als Chance für sein Viertel, sagte er im Gespräch mit der AZ. Die stärkere Öffnung des Werks für die Bevölkerung könne er nur befürworten.