Klimakrise

Umwelthilfe zieht Klima-Klage zurück: Droht mit Neuauflage

Zu vage und unzureichend: Viele Experten sind sich in ihrer Kritik an Bayerns Klimaschutzpolitik einig. Die Umwelthilfe zog sogar vor Gericht - hat aber nun aufgegeben. Aus rechtlichen Gründen und vorerst.


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Ein Metallschild mit der Aufschrift «Bayerischer Verwaltungsgerichtshof» hängt an der Fassade des bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Die Deutsche Umwelthilfe hat ihre Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) gegen die Klimaschutzpolitik der Staatsregierung überraschend zurückgezogen. Das teilte der Rechtsanwalt der Umwelthilfe (DUH), Remo Klinger, am Donnerstag zum Ende einer mehrstündigen mündlichen Verhandlung mit. Grund sind rein juristische Erwägungen - inhaltlich bleibt die Umwelthilfe bei ihrer scharfen Kritik an der bayerischen Klima-Politik und droht bereits mit einer neuen Klage in spätestens zwei Jahren. Die Vorsitzende Richterin Gerda Zimmerer stellte das Verfahren daraufhin ein.

Klinger und DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch begründeten die Zurückziehung der aktuellen Klage mit der Rechtsauffassung des Gerichts. Tatsächlich waren in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag deutliche Zweifel der Richter erkennbar geworden, ob sie die Klage der Umwelthilfe rein rechtlich gesehen überhaupt für zulässig halten. Hintergrund ist, dass derlei Klagen gegen Pläne und Programme nur unter ganz bestimmten rechtlichen Voraussetzungen möglich sind. Zudem wolle das Gericht der Staatsregierung offenkundig noch Zeit einräumen, um zu beweisen, dass die selbst gesteckten Klimaschutzziele auch erreicht werden könnten, argumentierte Resch.

Bayern hat seit Januar 2021 ein eigenes Klimaschutzgesetz. Inzwischen gibt es eine Neufassung mit ambitionierteren CO2-Reduktionszielen. Konkrete Klimaschutzmaßnahmen sind seither in einem zugehörigen Klimaschutzprogramm enthalten, etwa zum Schutz von Mooren und Wäldern. Doch genau diese Maßnahmen hält die Umwelthilfe - wie viele andere Kritiker auch - für unzureichend, um die CO2-Reduktionsziele aus dem Gesetz zu erreichen. Auch in einer Expertenanhörung im Landtag war die Klimaschutzpolitik der Staatsregierung deshalb auf breiter Front durchgefallen. Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft kritisierten die Maßnahmen als zu vage und unzureichend.

Die Umwelthilfe kritisiert, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und sein Kabinett hätten bislang kein "wirksames" Klimaschutzprogramm vorgelegt. Stattdessen habe die Staatsregierung nur "eine wahllose Aufzählung" vorgelegt, ohne auch nur den Anspruch zu haben, dass diese Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele geeignet seien.

Generallandesanwalt Jörg Vogel argumentierte dagegen vor Gericht, die Behauptung, dass die Klimaschutzmaßnahmen ungeeignet seien, erfolgten "ins Blaue hinein". Dies konterte Klinger mit scharfer Kritik an den nach Meinung der Umwelthilfe weit unzureichenden Maßnahmen: "Das ist ein klimapolitischer Blindflug, den sie da machen", sagte der Anwalt. Er sprach von einer "bunten Loseblattsammlung ohne Zielbezug".

Die Richter machten in der Verhandlung allerdings mehrfach deutlich, dass sie die Klage am Ende als unzulässig zurückweisen könnten. Die Vorsitzende Richterin Gerda Zimmerer verwies etwa auf eine rechtliche Unterscheidung, die man machen müsse: Es sei rechtlich etwas anderes, wenn - wie in Bayern - schon ein Klimaschutzprogramm vorliege oder wenn es noch keines gebe. Das war zum Beispiel in Baden-Württemberg der Fall. Das dortige höchste Verwaltungsgericht verpflichtete die Landesregierung dann, ein Klimaschutzkonzept zu beschließen.

Zudem sagte Zimmerer, das Gericht tue sich schwer damit, die Maßnahmen im bayerischen Klimaschutzprogramm schon nach wenigen Monaten als nicht ausreichend zu deklarieren. "Wir tun uns schwer damit, zu sagen, es muss jetzt schon perfekt sein", erklärte sie. Ihr Kollege fügte hinzu: "Wir sehen das schon auch so, dass der Freistaat irgendwann liefern muss." Das Gericht sei sich aber nicht sicher, ob man die Staatsregierung schon jetzt verurteilen könne, es "besser" zu machen, wenn man die Wirkung der Maßnahmen noch nicht sicher kenne.

Resch sagte zum einen, nach geplanten Rechtsänderungen werde man "spätestens in zwei Jahren" mit einer neuen, zulässigen Klage kommen. Andererseits würde man sich freuen, wenn dies gar nicht notwendig wäre - "wenn tatsächlich die bayerische Staatsregierung nachbessert".

Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte, der Freistaat habe von Anfang an die Auffassung vertreten, dass die Klage der DUH unzulässig und unbegründet sei. "Das neue bayerische Klimaschutzgesetz enthält klar geregelte und ambitionierte Ziele", argumentierte er. Mit dem neuen Gesetz und dem Klimaschutzprogramm sei "ein kraftvolles Paket für den Klimaschutz in Bayern" auf den Weg gebracht worden. Das Klimaschutzprogramm werde regelmäßig evaluiert und kontinuierlich angepasst und fortgeschrieben, versicherte der Ministeriumssprecher.

CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte: "Dass die Klage gegen das bayerische Klimaschutzgesetz wegen Aussichtslosigkeit zurückgezogen wurde, ist eine schallende Ohrfeige für die Deutsche Umwelthilfe." Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) attackierte die DUH noch deutlich schärfer, etwa als "Lobby- und Abmahnverein". Die DUH solle sich auf echte Hilfe für die Umwelt statt auf schnelle Publicity und fragwürdige Interessensvertretungen konzentrieren, forderte er.