Laut neuer Studie

RSV-Welle 2022 kam nach Lockerung der Corona-Maßnahmen


Eine Ärztin untersucht ein Kind in einer Klinik.

Eine Ärztin untersucht ein Kind in einer Klinik.

Von dpa

Im vergangenen Herbst und Winter waren die Kinderarztpraxen und Krankenhäuser in Bayern voll mit Kindern mit einer RSV-Infektion. Eine Krankenkassenstudie zeigt nun, wie drastisch die Welle war - und benennt einen klaren Auslöser.

Die Kinder in Bayern waren im vergangenen Herbst und Winter je nach Alter bis zu fünf Mal häufiger wegen einer RSV-Infektion in einer Klinik als vor der Corona-Pandemie. Besonders heftig traf es Neugeborene und Säuglinge unter einem Jahr. Dies zeigt eine Analyse der Krankenkasse DAK, die der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt. Demnach sehen Mediziner vor allem Nachholeffekte nach dem Abbruch der Kontakte durch die Corona-Maßnahmen als Ursache für das gehäufte Auftreten des Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV).

Vor allem im zurückliegenden Herbst, aber auch noch im Winter waren die Kinderarztpraxen und Kliniken im Freistaat zeitweise überlastet, weil so viele mit dem RS-Virus infizierte Kinder gleichzeitig behandelt werden mussten. Die Kassendaten zeigen nun eindrücklich, wie groß diese Welle war: Die unter Einjährigen kamen deswegen im vierten Quartal 2022 fünf Mal öfter in ein Krankenhaus als im vierten Quartal 2018. Der Anteil der Jüngsten auf den Intensivstationen hat sich in dieser Zeit mehr als verdreifacht.

"Hochgerechnet auf alle im Freistaat lebenden Kinder mussten im Winter 2022 etwa 3350 Neugeborene und Säuglinge stationär behandelt werden", schildert die DAK. Bei den Kleinkindern, also den Ein- bis Zweijährigen, sei der Anstieg deutlich geringer ausgefallen. In Summe aber gelte: Allein von Oktober bis Dezember 2022 wurden in Bayern fast doppelt so viele Kinder aufgrund von RSV in Krankenhäusern behandelt wie in der kompletten Vor-Corona-Saison 2018/19, die ein gesamtes Jahr umfasst.

Erhebliche Nachholeffekte

Die Hauptursache für die ungewöhnlich ausgeprägte Welle sehen Mediziner in erheblichen Nachholeffekten nach dem Ende der pandemiebedingten Einschränkungen. "Durch diese kam es im März 2020 zu einem abrupten Abbruch der RSV-Saison 2019/2020 sowie zu einem nahezu kompletten Ausfall der RSV-Saison im Herbst/Winter 2020/2021", erläuterte der Leiter des Bereichs pädiatrische Infektiologie und Immunologie am Universitätsklinikum Würzburg, Johannes Liese. "Das Aufholen beziehungsweise Nachholen dieser RSV-Infektionen nach Lockerung der Corona-Maßnahmen führte zu einem überaus starken Wiederanstieg an RSV-Erkrankungen in allen Altersgruppen."

Das war bereits in der RSV-Saison 2021/22 zu sehen, wenn auch noch nicht so stark wie während der jüngsten Welle: Der Anteil der Neugeborenen und Säuglinge im Krankenhaus stieg im Vergleich mit der letzten Vor-Corona-Saison 2018/19 um das Doppelte. Die Betreuung von Unter Einjährigen auf Intensivstationen stieg demnach um den Faktor 1,8 an.

Gesunde Erwachsene erkranken nur selten schwer an RSV. Der Grund: Bis zum zweiten Lebensjahr hat sich normalerweise quasi jeder schon einmal mit dem Virus infiziert. Säuglinge hingegen, die sich zum ersten Mal infizieren, haben laut Krankenkasse oft einen schweren Erkrankungsverlauf - häufig so schwer, dass sie ins Krankenhaus müssen. Kennzeichen für einen schweren Verlauf sind neben heftigem Husten oder Keuchen eine bläuliche Hautfärbung rund um Mund oder Nägel, geweitete Nasenflügel oder das Einziehen des Brustkorbs beim Atmen.

Für ihre Sonderanalyse hat die DAK die Daten von rund 106.000 bei ihr versicherten bayerischen Kindern aus dem Zeitraum von Anfang 2017 bis Ende 2022 untersucht, darunter mehr als 6800 Säuglinge im Alter von unter einem Jahr. Die Ergebnisse gelten aufgrund der breiten Datenbasis als repräsentativ. Demnach wurden sieben Prozent aller Kinder und Jugendlichen in der von Juli bis Juni reichenden Saison 2021/22 wenigstens einmal im Krankenhaus behandelt. Deutlich über die Hälfte (56 Prozent) dieser Krankenhausaufenthalte waren auf Atemwegsinfekte zurückzuführen.