Großes Entsetzen

Anschlag in München: Politiker zwischen Anteilnahme und Forderungen

Nach dem mutmaßlichen Anschlag in München haben sich Politiker geäußert. Die Reaktionen reichen von Anteilnahme bis zu Forderungen nach einer Wende in der Migrationspolitik.

In München dauern die Ermittlungen an.

In München dauern die Ermittlungen an.

Von Redaktion idowa und dpa

Am Donnerstagvormittag ist ein 24-jähriger Afghane in einen Demonstrationszug gefahren. Bislang ist von 28 Verletzten die Rede, die Tat wird als mutmaßlicher Anschlag gehandelt. 

Bayerns Minister Markus Söder war nach der Tat vor Ort. "Es ist einfach furchtbar", sagte Söder. Er bezeichnete die Nachricht von der Tat als "Schlag ins Gesicht" und dankte den Einsatzkräften vor Ort. Zu politischen Konsequenzen sagte Söder: "Unsere Entschlossenheit wächst. Das ist nicht der erste Fall und wer weiß was noch passiert." Die Tat sei ein weiterer Beleg dafür, dass sich in Deutschland etwas ändern müsse.

Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einem "furchtbaren Anschlag" und erklärte, der Tatverdächtige müsse Deutschland verlassen.

Auch andere Politiker äußerten sich. 

Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte Härte. "Erneut ist der mutmaßliche Täter ein junger Mann aus Afghanistan", erklärte die SPD-Politikerin in Berlin. "Die Antwort kann nur sein: Der Rechtsstaat muss maximale Härte zeigen." Die Bundesregierung habe die Gesetze zur Ausweisung von Gewalttätern und für mehr Abschiebungen «massiv verschärft», betonte Faeser. Jetzt müssten sie mit aller Konsequenz durchgesetzt werden. "Als einziger Staat in Europa schieben wir trotz der Taliban-Herrschaft wieder nach Afghanistan ab und werden das weiter tun." Faeser erklärte: "Jetzt geht es darum, Leben zu retten und alle Hintergründe aufzuklären." Die Gedanken seien bei den Menschen, die durch den erschütternden mutmaßlichen Anschlag in München verletzt worden seien. "Wir hoffen und beten, dass die Verletzten und Schwerverletzten wieder gesund werden können. Den Einsatzkräften der Polizei danke ich für das schnelle und entschlossene Eingreifen, das noch Schlimmeres verhindert hat."

Der Grünen-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Robert Habeck hat äußerte sich auf der Plattform X. "Ich bin entsetzt angesichts dieser sinnlosen Tat." Wichtig sei, dass die Hintergründe jetzt schnell aufgeklärt werden. Seine Parteikollegin und Außenministerin Annalena Baerbock warnt nach dem mutmaßlichen Anschlag von München in der Endphase des Wahlkampfes vor einer Spaltung der demokratischen Gesellschaft. Angesichts der Herausforderungen im Äußeren wie im Innern sei es umso wichtiger, "dass wir auch in unserem Land als Demokraten zusammenstehen. Dass wir uns nicht spalten lassen, weder von Rechtsextremisten noch von Islamisten, die unseren Rechtsstaat von innen herausfordern", sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Besuches in der französischen Hauptstadt Paris. 

Forderungen nach Wende in der Migrationspolitik

CDU-Chef Merz sprach von "furchtbaren Nachrichten" aus München. Seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Familien. Er dankte den Sicherheitskräften vor Ort. Er fordert politische Weichenstellungen für mehr Sicherheit. "Jeder muss sich in unserem Land wieder sicher fühlen. Es muss sich etwas ändern in Deutschland", schrieb der CDU-Chef auf der Plattform X. "Die Sicherheit der Menschen in Deutschland wird für uns an erster Stelle stehen. Wir werden Recht und Ordnung konsequent durchsetzen", fügte Merz mit Blick auf die Zeit nach der Bundestagswahl hinzu. 

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel bekundete ihre Anteilnahme auf X und forderte eine sofortige Wende in der Migrationspolitik. Die bayerische AfD fordert unterdessen den Rücktritt von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Söder sei "auch für diesen Terroranschlag politisch verantwortlich", sagte Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner. Gemeinsam mit dem AfD-Landesvorsitzenden Stephan Protschka fordere sie Söder auf, zurückzutreten, "weil er nicht in der Lage ist, unsere Sicherheit zu gewährleisten". Protschka forderte überdies den Rücktritt von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Ebner-Steiner fügte hinzu: "Außerdem fordere ich, dass alle Ausreisepflichtigen in Abschiebehaft genommen werden." Wie dies bewerkstelligt werden soll, sagte sie nicht. Tatsächlich ist die Forderung kaum umsetzbar: Zum Jahreswechsel hielten sich mehr als 25.000 ausreisepflichtige Ausländer allein in Bayern auf, wie das Innenministerium zuletzt auf eine Landtags-Anfrage Ebner-Steiners hin mitgeteilt hatte.

FDP-Chef Christian Lindner hat sich vor dem Hintergrund des mutmaßlichen Anschlags in München wütend gezeigt. "Ich bin gar nicht mehr fähig zu dieser ritualisierten Betroffenheit, weil neben der Trauer angesichts einer solchen Tat wächst bei mir eigentlich die kalte Wut", sagte Lindner vor einer Partei-Veranstaltung in Frankfurt am Main. Die Tat folge einem Muster, er warf der Regierung deshalb Staatsversagen vor. Lindner betonte die Wichtigkeit einer konsequenten Einwanderungspolitik. "Wir brauchen in Deutschland mehr Kontrolle und Konsequenz bei der Einwanderung, aber auch wirksame Abschiebungen, insbesondere auch nach Afghanistan." Eine solche sei in der Ampel-Koalition nicht möglich gewesen, und sie scheitere zu oft am Unwillen im Bundestag. "Deshalb darf in Deutschland niemand mehr politische Verantwortung tragen, der nicht die notwendigen Konsequenzen zu ziehen bereit ist", führte der FDP-Politiker aus. "Ich finde, wer nicht bereit ist, das Notwendige zu beschließen und durchzusetzen, der sollte die Geschicke dieses Landes nicht bestimmen."

Afghanischer Kulturverein verurteilt die Tat

Der afghanische Kulturverein Farhang aus München hat sich entschiedendistanziert und sein Entsetzen ausgedrückt. "Das ist barbarisch, das ist unmenschlich", sagte der Vorsitzende Mohammad Imran Sediqi der Deutschen Presse-Agentur. "Solche Menschen gehören nicht nach Deutschland. Die sind eine Gefahr für ganz Deutschland und auch für die afghanische Community."

"Das kann man nicht einfach hinnehmen, wenn in unserem geliebten München so etwas passiert, das ist entsetzlich", betonte Sediqi. Selbst wenn der mutmaßliche Täter depressiv oder traumatisiert sein sollte, sei dies keine Entschuldigung. "Wir sind sehr traurig, dass unschuldige Menschen deshalb jetzt verletzt und teilweise schwer verletzt sind, das ist wirklich ganz schlimm", schilderte der Vorsitzende des afghanischen Kultur- und Bildungsvereins auch die Reaktionen seines Umfeldes.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft in Bayern hat sich erschüttert gezeigt und die Politik zum Handeln aufgefordert. "Nicht nur, dass die Serie von Anschlägen auf Menschen in Deutschland nun auch München heimgesucht hat, lässt uns wütend zurück", betonte der Landesvorsitzende Jürgen Köhnlein. "Sondern auch, dass selbst Teilnehmer an einer Demonstration für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen nicht mehr gefahrlos im öffentlichen Raum unterwegs sein können, trifft uns als Polizeigewerkschaft tief!"

Die Solidarität der Beamten gelte den Verletzten. Für die Polizei sei jetzt die Zeit der Ermittlungen, ergänzte Köhnlein. "Und für die Politik ist jetzt Zeit zum Handeln!" 

Die Gewerkschaft Verdi, die die Demonstration organisiert hatte, hat sich nach dem mutmaßlichen Anschlag auf eine Demonstration in München erschüttert gezeigt. "Wir sind zutiefst bestürzt und schockiert über den schwerwiegenden Vorfall während eines friedlichen Demonstrationszuges von Verdi-Kolleginnen und -Kollegen", sagte der Vorsitzende Frank Werneke. "Unsere Gedanken sind bei den unschuldigen Opfern und Verletzten sowie ihren Angehörigen."

Auch der DGB Bayern hat seine Fassungslosigkeit erklärt. "Wir sind tief erschüttert über den mutmaßlichen Anschlag auf unsere Kolleginnen und Kollegen in München", sagte der Landesvorsitzende Bernhard Stiedl in München. "Dass ein Fahrzeug gezielt in eine friedliche Verdi-Demonstration gesteuert wurde und dabei Streikende - darunter auch Kinder - teils lebensgefährlich verletzt wurden, macht uns fassungslos."

Die Münchner Kundgebung war Teil der bundesweiten Warnstreiks und Demonstrationen in der derzeitigen Tarifrunde des öffentlichen Diensts. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei war der Täter ein 24 Jahre alter Afghane, der sein Auto in den Demonstrationszug steuerte. Die Hintergründe sind ungeklärt. "Unsere Gedanken sind bei den Verletzten und ihren Familien", sagte Stiedl. "Unser Dank gilt den Rettungskräften, die schnell und entschlossen geholfen haben."

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