Amtsgericht

Massive Verzögerungen im Prozess gegen IAA-Klimaaktivisten

Eigentlich wollte das Amtsgericht Ebersberg am Mittwochmorgen über die Abseil-Aktion von Klimaaktivisten von einer Autobahnbrücke während der Automesse IAA verhandeln. Um die Sache ging es dabei aber zunächst eher wenig.


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Eine Aktivistin wird von der Polizei abgeführt.

Von dpa

Vor dem Amtsgericht Ebersberg hat am Mittwoch der Prozess gegen Klimaaktivisten begonnen, die sich aus Protest gegen die Automesse IAA von einer Autobahnbrücke abgeseilt haben. Die Staatsanwaltschaft wirft drei Frauen und einem Mann Nötigung in 192 Fällen vor. Sie sollen im September 2021 192 Menschen an der Weiterfahrt gehindert haben, weil die Autobahn 94 bei Poing gesperrt werden musste, nachdem zwei der Frauen sich von der Autobahnbrücke abgeseilt hatten.

Weil eine der Angeklagten zum Tatzeitpunkt noch Heranwachsende war, findet die Verhandlung vor dem Jugendrichter statt. Dieser erließ in der Sicherungsverfügung für die Verhandlung ein ausdrückliches Klebstoffverbot. "Klebstoffe zum Festkleben von Personen" seien nicht erlaubt. Zuletzt hatten Klimaaktivisten immer wieder mit umstrittenen Klebeaktionen auf sich aufmerksam gemacht.

Der Prozess begann am Mittwoch mit massiver Verzögerung. Weil die Angeklagten und ihre Verteidiger mit großem Gepäck angereist waren, zogen sich die Sicherheitskontrollen sehr in die Länge. Zuvor hatten die Klimaaktivisten vor dem Gericht mit Plakaten demonstriert. Im Gerichtssaal klebte einer von ihnen einen Zettel an einen Laptop. "Autobahnen stilllegen - Autos abwracken" stand darauf und "Verkehrswende jetzt".

Verzögerung schien generell die Taktik der Angeklagten zu sein. Drei Stunden nach dem geplanten Prozessbeginn war am Mittwoch noch nicht einmal die Anklage verlesen worden, kein Satz zur Sache gefallen. Der Grund: Die Angeklagten beantragten, vor Gericht von ihren Freunden verteidigt zu werden. Nur eine der Beschuldigten hatte eine Anwältin dabei, der Rest wollte sich von Freunden ohne Jura-Studium vertreten lassen. Weil der Richter das zum Teil ablehnte, wurden mehrere Beschwerden und Befangenheitsanträge gegen ihn eingelegt. Die Verhandlung wurde am Mittwoch schließlich ausgesetzt und soll voraussichtlich im Juli wieder aufgenommen werden.

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hatte drei Klimaschutzaktivisten im März in einem ganz ähnlichen Fall zu Geldstrafen zwischen 600 und 900 Euro verurteilt.

Zwei Klimaschutzaktivisten hatten sich damals zur IAA von einer anderen Autobahnbrücke bei Germering über der A96 abgeseilt. Die beiden 25-Jährigen und eine Unterstützerin wurden wegen gemeinschaftlicher Nötigung zu 30 Tagessätzen verurteilt.

Eine 40-Jährige fotografierte die Aktion. Die Polizei sperrte daraufhin die Fahrtrichtung vollständig ab. Die Staatsanwaltschaft klagte das Trio im Nachgang wegen Nötigung in 1296 Fällen an - so viele Menschen hätten im dadurch entstandenen Stau gestanden und seien rund eineinhalb Stunden lang an der Weiterfahrt gehindert worden. Die Staatsanwaltschaft hatte jeweils 90 Tagessätze gefordert.