Bayern

IAA-Chef im AZ-Interview: "Das Interesse wird größer sein"

Im Herbst findet wieder die IAA statt. Ihr Chef erklärt, was er im Englischen Garten plant, wie er mit Kritik umgeht und ob er Angst vorden Klimaklebern hat


In München kleben sich Klimaschützer gerne fest. Jürgen Mindel will sich mit der Automesse IAA trotzdem in der Innenstadt ausbreiten.

In München kleben sich Klimaschützer gerne fest. Jürgen Mindel will sich mit der Automesse IAA trotzdem in der Innenstadt ausbreiten.

Schon zum zweiten Mal veranstaltet der Verband der Automobilindustrie (VDA) diesen Herbst die Automesse IAA in München. Für ein Interview hat Geschäftsführer Jürgen Mindel das Café Roma an der Maximilianstraße vorgeschlagen - ausgerechnet die Straße, in der die teuersten Autos der ganzen Stadt parken. Zufall? Mindel sagt, genauso gut hätte es jeder andere Treffpunkt in der Innenstadt sein können - denn genau hier will sich die IAA auch diesen September wieder zeigen. Im Gespräch erklärt er, warum Messehallen nicht reichen, dass die IAA wohl noch größer wird und was die Münchner erwarten können.

AZ: Ausgerechnet hier an der Maximilianstraße will die Stadt alle Parkplätze abschaffen. Blutet da Ihr Autofahrer-Herz?

Ausgerechnet in einem Café an der Maximilianstraße, wo die Luxus-Autos hintereinander parken, will Jürgen Mindel über die IAA sprechen.

Ausgerechnet in einem Café an der Maximilianstraße, wo die Luxus-Autos hintereinander parken, will Jürgen Mindel über die IAA sprechen.

JÜRGEN MINDEL: Entscheidend ist, dass Lösungen gemeinsam gefunden werden - und Alternativen vor Tatsachen geschaffen werden. Mehr Problembewältigung, weniger Symbolpolitik und Schlagzeilen. Auswirkungen für die Ladeninhaber sind dann wahrscheinlich, wenn der Zugang für die Kunden nicht mehr so einfach gegeben ist.

Nach der letzten IAA gab es viel Kritik. Die Auto-Branche missbrauche die ganze Stadt als Werbefläche, hieß es.

Ich habe im Gegenteil ganz, ganz viel Zustimmung erlebt. Innerhalb weniger Tage haben mehr als 300 000 Menschen die Open Spaces in der Innenstadt besucht, auf dem Messegelände konnten wir 120 000 an Mobilität interessierte Menschen begrüßen.

Viele störten sich an den massiven Aufbauten im öffentlichen Raum - auch die Politik.

Alle Aufbauten haben sich absolut im Rahmen dessen bewegt, was wir an Vorgaben von der Stadt und der Verwaltung mitbekommen haben.

Die Bezirksausschüsse und die Grünen forderten, dass die Messe dahin soll, wo sie hingehört - nämlich in die Messe. Warum reicht die Messe nicht?

Wir wollen Mobilität erlebbar machen. Das kann man nicht mehr nur in Messehallen abbilden. Dafür muss man sich auch mal auf ein Rad oder in ein Auto reinsetzen können. Und dafür bietet sich die Stadt mit all ihren Möglichkeiten an.

Die Stadt bietet sich auch deshalb an, weil so Tausende, die niemals ein Messe-Ticket gekauft hätten, gar nicht anders können, als die Werbung anzuschauen.

Ich glaube nicht, dass der Preis des Messetickets eine Hürde war. Die Faszination Automobil zieht die Menschen an. Und nun auch die abzuholen, die Mobilität tagtäglich nutzen, das ist unser Ziel.

Ist Auto noch so faszinierend? In München besitzen viele Menschen kein Auto mehr.

Schauen Sie raus auf die Straße. Haben Sie das Gefühl, dass die Faszination am Auto nachgelassen hat? 300 000 Besucher in 2021 haben doch gezeigt, dass das Interesse an Autos nicht nachlässt. Wir haben das Auto erfunden und wir erfinden es gerade neu. Das ist unendlich faszinierend. Übrigens haben heute mehr junge Menschen ein eigenes Auto als früher.

Ist es in Zeiten des Klimawandels noch zeitgemäß, eine Autoshow mit riesigen Aufbauten zu veranstalten, die danach nicht mehr gebraucht werden?

Sie werden in diesem Jahr viele Aufbauten sehen, die Sie 2021 schon erlebt haben. Unsere Aussteller sind sehr verantwortungsbewusst. Alle Aufbauten sind bilanziell klimaneutral. Von daher: Ja, man kann auch in diesen Zeiten verantwortungsbewusst eine solche Veranstaltung machen.

Ein Stand wird anders aussehen. Den vor der Feldherrnhalle hat die Stadt verboten. Wie hart trifft Sie das?

Wir haben die Entscheidung des Stadtrats, uns den Odeonsplatz wegzunehmen, mit einer großen Verwunderung zur Kenntnis genommen. Es war die Stadt München, die sich für die IAA beworben hat. Im Rahmen dieser Bewerbung wurden explizit Plätze genannt, da gehörte der Odeonsplatz dazu. Von daher war die Wegnahme für uns eine negative Überraschung.

Wie hat sich Ihr Verhältnis zum Stadtrat seitdem entwickelt?

Wir pflegen zur Stadtspitze, zu den Fraktionen und der Verwaltung einen offenen Diskurs. Daran halten wir fest, beobachten aber natürlich aufmerksam die Diskussionen im Stadtrat.

Frankfurt will die IAA zurück. Könnten Sie sich vorstellen, zurückzugehen?

Wir haben uns sehr bewusst mit einem Vertrag für 2021, 2023 und möglicherweise auch 2025 auf München festgelegt.

Von was machen Sie es abhängig, ob Sie auch 2025 kommen?

Wir müssen natürlich schauen, wie erfolgreich die IAA Mobility in diesem Jahr ist. Dann können wir uns der Frage nach einer IAA 2025 widmen.

Würde es die Entscheidung erleichtern, wenn der Stadtrat beschließt, dass es keine Open Spaces mehr geben darf?

Was heißt denn erleichtern? Wir sind gerne in München und viele Menschen haben die IAA Mobility 2021 sehr genossen. Bitte blenden Sie diesen Teil nicht aus. Doch das würde die Grundlage für die IAA Mobility in München entziehen.

Es hieß, in einem solchen Fall müsste die Messe Schadenersatz in einer zweistelligen Millionen-Höhe zahlen.

Wir arbeiten mit der Messe vertrauensvoll zusammen und unsere Aussteller und wir investieren viel in die Stadt und die IAA. Schätzungen gehen davon aus, dass während der IAA 2021 unter anderem durch Hotelbuchungen, Taxifahrten und Restaurantbesuche ein hoher dreistelliger Millionenbetrag eingenommen wurde. Das ist doch eine Menge positives Investment in eine Stadt hinein. Klar ist, dass man in so einem Fall prüfen muss, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt.

Beim Streit um den Odeonsplatz sprang die CSU ein. Der Freistaat bot den Englischen Garten an. Wie gefällt Ihnen der Gedanke einer IAA im Grünen?

Der Englische Garten ist den Münchnern sehr wichtig. Deshalb muss man mit so einem Angebot verantwortungsbewusst umgehen. Wir überlegen, ob man daraus Erlebnisse schaffen kann, die für München einen Mehrwert bieten.

Zum Beispiel eine Fahrrad-Teststrecke?

Das könnte eine Möglichkeit sein. Wir schauen es uns im Moment noch offen an.

Der Freistaat hat auch Flächen vor den Pinakotheken angeboten. Werden die Open Spaces also doch größer als beim letzten Mal?

Wir planen mit den Flächen, die uns zur Verfügung gestellt wurden und schauen uns natürlich jeden Ort an. Und wir gehen davon aus, dass das Interesse an der IAA in diesem Jahr noch größer sein wird, als vor zwei Jahren. Aber nicht jeder Ort ist für eine IAA ideal geeignet.

Es ist die erste IAA in München ohne Corona. Ändert das etwas?

2021 mussten wir an allen Ständen Zugangskontrollen durchführen. Wir mussten die Personenanzahl beschränken. Diesmal sollen die Open Spaces tatsächlich offen sein. Die Menschen sollen von überall auf den Stand gehen dürfen. Die größte Veränderung ist sicherlich, dass wir nun nach Corona internationaler werden, von den Ausstellern, auch von den Besuchern her. Wir wollen in diesem Jahr auch Konzerte und Kulturangebote für alle Besucherinnen und Besucher ermöglichen. Dies konnte 2021 aufgrund der damaligen Corona-Beschränkungen leider nicht realisiert werden.

Die IAA will keine reine Autoshow, sondern eine Mobilitätsplattform sein. Gehört dazu nicht auch der ÖPNV?

Natürlich! Wir würden uns freuen, wenn sich auch die Münchner Verkehrsgesellschaft einbringen würde.

Woran scheitert es?

Noch ist keine Entscheidung gefallen. Ich spüre aber auch in der Münchner Politik einen starken Wunsch, dass sich der ÖPNV präsentiert. Unsere Türen stehen offen.

Wie sehr hat Sie der Protest beim letzten Mal beschäftigt?

In einer Demokratie muss man Protest, solange er gewaltfrei bleibt, aushalten. Wir sehen die IAA als Dialog-Plattform. Wir wollen auf einer IAA im konstruktiven Sinne diskutieren und auch streiten, wie Mobilität in zehn oder 15 Jahren aussieht.

Ist das eine Einladung an die Protestierenden, mit Ihnen auf einem Podium zu diskutieren?

Wir wollen den Dialog und stehen dafür an verschiedenen Orten zur Verfügung. Das ist eine Einladung an die Protestierenden genauso wie an alle, die an einer Debatte der Zukunft der Mobilität interessiert sind.

Haben Sie schon mal ein Protestcamp besucht?

2021 habe ich das nicht geschafft, aber wenn ich eingeladen werde, komm ich gerne.

Diesen Winter war München ein Zentrum der Klimakleber. Ändert das etwas an Ihrem Sicherheitskonzept?

Natürlich schauen wir uns das genau an. Wir sind davon überzeugt, dass man die Herausforderungen der Mobilität der Zukunft nicht mit einseitigen Aktionen lösen kann, sondern nur in einem gemeinsamen Diskurs. Diese Möglichkeit wollen wir bieten. Wir wollen an dem Konzept der Veranstaltung festhalten und vertrauen auch auf den demokratischen Rechtsstaat.

Das ist eine Einladung an die Protestierenden

Wir waren sehr verwundert über die Stadt

Wir freuen uns, wenn sich die MVG einbringt