Bayern

Gasteig-Sanierung - ein Haufen Scherben?

Die Stadt hat keinen Investor gefunden, der den Gasteig saniert. Wie geht es nun weiter? Die AZ hat sich im Rathaus umgehört. Sogar eine Chance sieht Grün-Rot.


Für maximal 450 Millionen Euro sollte ein Investor den Gasteig sanieren. War die Idee von Anfang an ein Fehler?

Für maximal 450 Millionen Euro sollte ein Investor den Gasteig sanieren. War die Idee von Anfang an ein Fehler?

Von Christina Hertel

München - Der Gasteig wird so schnell nicht saniert. Denn die Idee der Stadt, dafür einen Investor zu finden, ist gescheitert. Das zeigt eine nicht-öffentliche Beschlussvorlage, über die die Abendzeitung gestern berichtete. Nächsten Mittwoch soll der Stadtrat in einer nicht-öffentlichen Sitzung entscheiden, wie es weitergeht. Doch während die Linke von einem "grün-roten Kulturdebakel" und die CSU von einem "Scherbenhaufen" spricht, sehen SPD und Grüne auch Chancen in dem Scheitern.

Plan der Stadt war, einen Investor zu finden, der den Gasteig für maximal 450 Millionen Euro generalsaniert. Der Gasteig sollte sich danach einmieten. Allerdings, so heißt es in der Vorlage, veränderte unter anderem der russische Angriffskrieg die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen grundlegend. Die Zinsentwicklung sei schwer einzuschätzen, die Baupreise seien exorbitant gestiegen. Die Verwaltung bittet den Stadtrat nun um mehr Zeit. Bis Herbst will sie folgende Optionen prüfen: Entweder die Suche nach einem Investor fortsetzen (allerdings ist das aus Sicht der Verwaltung erst sinnvoll, wenn sich die Marktlage wieder entspannt hat). Alternative: Die Stadt oder eine ihrer Gesellschaften könnte doch selbst bauen.

Festlegen, welche dieser Optionen sie bevorzugen, wollen sich weder die Grünen noch die SPD. Spätestens Anfang 2024 sollen die offenen Fragen geklärt sein, sagt Florian Roth, der sich bei den Grünen hauptsächlich um Kulturpolitik kümmert. Klar ist für ihn aber, dass seine Partei an der Sanierung grundsätzlich festhalten will.

Aus Roths Sicht müsste in einem Jahr klar sein, inwieweit der Freistaat beim neuen Gasteig als Nutzer und Finanzier einsteigt. Schließlich hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gerade eine Denkpause eingelegt, was sein Konzerthaus am Ostbahnhof betrifft.

Julia Schönfeld-Knor, die kulturpolitische Sprecherin der SPD, findet sogar: "So weh tut uns die Verzögerung gar nicht." Schließlich sei der Gasteig in der Zwischennutzung in Sendling gut untergebracht. Zwar sei es "betrüblich", dass jetzt wohl alles noch teurer werde, weil noch mehr Zeit vergehe, allerdings sei ja niemand heimatlos und jeder Cent für die Kultur gut investiert. Auch die Zwischennutzung, die bald im Gasteig starten soll, biete neue Chancen. Einig sind sich Roth und Schönfeld-Knor, dass die Isarphilharmonie, die eigentlich bloß als Provisorium gedacht war, bleiben soll.

Stefan Jagel von der Linken geht deutlich härter mit der Rathaus-Koalition ins Gericht. Statt auf ein Investoren-Modell zu setzen, hätte die Stadt die Sanierung von Anfang an selbst in die Hand nehmen müssen, findet er. Mit dem Volkstheater (bei dem weder die Kosten noch die Zeit explodierten) sei die Investoren-Idee nicht zu vergleichen. Das Volkstheater blieb stets Eigentum der Stadt, beim Gasteig hätte die Stadt eine Miete zahlen müssen.

CSU-Chef Manuel Pretzl sieht den Fehler darin, dass nicht mehr das Wirtschaftsreferat für das Projekt verantwortlich ist: "Das war eine Vollbremsung für die Sanierung." Die CSU steht trotzdem weiterhin hinter der Sanierung. Pretzl fordert: "Der Gasteig darf nicht zur Bauruine werden."

Auch FDP-Chef Jörg Hoffmann glaubt, die wechselnden Mehrheiten sind Schuld an der Misere. "Dem Projekt fehlte es an klarer Linie."