Immer mehr Schließungen in Bayern

Für Metzger geht’s längst nicht mehr nur um die Wurst


Von Redaktion idowa

Ein Bauträger, eine Stadt und eine Marketing-Agentur suchen gemeinsam einen Metzger. Was wie der Beginn eines Witzes klingt, ist in der Stadt Giengen an der Brenz in Baden-Württemberg Realität. In der Kleinstadt sucht man mithilfe einer gewieften PR-Aktion, die durch eine Freisinger Marketing-Agentur ins Leben gerufen wurde, bundesweit nach einem Metzger. Das mag erst einmal verwunderlich klingen, denn der Laie würde meinen, dass es genügend Metzger gibt. Ein Trugschluss.

Der Kampf ums Überleben ist für viele Metzger längst in vollem Gange. Vor allem im ländlichen Raum haben einige in den vergangenen Jahren diesen Kampf verloren und ihre Geschäfte geschlossen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Kaum Personal, ein angestaubtes Image, hohe Auflagen und nicht zuletzt natürlich die Konkurrenz durch Discounter, die Fleisch und Wurst zu Spottpreisen verscherbeln. Tatsächlich zählt für viele Verbraucher: Hauptsache billig. Der Markt regelt sich durch die Nachfrage. Und die Nachfrage nach Billigfleisch ist nach wie vor immens.

Das hat auch Barbara Zinkl von der 1. Bayerischen Fleischerschule in Landshut beobachtet. Sie sagt: „In unserer Branche gibt es dafür mittlerweile den Fachbegriff 'Agrar-Schizophrenie'. Sprich, der Verbraucher gibt zwar an, dass ihm Tierhaltung, Schlachtung und Fleischqualität wichtig sind, an der Kasse wird dann aber anders entschieden. Das passt nicht zusammen.“ Das hätten aktuelle Umfragen eindrucksvoll belegt. Das Rinder-Steak für 3,99 Euro und zwischendurch noch die warme Leberkäs-Semmel für einen Euro beim Discounter – für jeden Handwerksmetzger ist das ein zäher Brocken. Denn mit solchen Dumpingpreisen kann er nicht konkurrieren.

Grillfleischautomaten als Trendsetter

Doch wie kann ein Metzger dieser Entwicklung dann entgegenwirken? „Es gibt mittlerweile viele Betriebe, die versuchen, den Verbraucher abzuholen. Ein Beispiel dafür sind die Grillfleischautomaten, die immer mehr Metzger für sich entdecken“, berichtet Zinkl. Sie wisse sogar von einem Metzger, der all seine Filialen geschlossen habe und stattdessen nur noch auf Automatenverkauf setze. Einerseits also eine Chance für die Metzger, andererseits gehen dadurch auch potenzielle Arbeitsplätze verloren. Doch auch auf diesem Sektor sieht es ohnehin mau aus, wie Barbara Zinkl weiß: „Man findet im Metzgerhandwerk kein Personal mehr – oder zumindest kaum noch. Der Beruf der Metzgereifachverkäuferin hat seit jeher irgendwie ein angekratztes Image, aber auch eine Ausbildung zum Metzger ist für viele junge Leute kaum noch attraktiv.“

Dass es aber auch anders geht, zeigen vereinzelte Betriebe in Ostbayern. Zinkl: „Das sieht man etwa an dem Beispiel Wenisch in Straubing. Dort wird in puncto Qualität, Transparenz und Marketing eben einiges richtig gemacht und dadurch genießt das Berufsbild dort direkt ein ganz anderes öffentliches Ansehen.“ Und nicht nur das: Vereinzelte Betriebe wachsen in diesen Zeiten sogar noch. Eine Vielzahl meist kleinerer Betriebe verschwindet dagegen von der Landkarte.

"In den nächsten zehn Jahren noch mehr Gemeinden ohne Metzger"

"Das bestätigt auch Lars Bubnick, Geschäftsführer des Fleischerverbandes Bayern gegenüber idowa: „Ja, leider nimmt die Zahl der handwerklichen Metzgereien in Bayern weiter ab. Wobei man festhalten muss, dass der Rückgang unserer Mitgliederzahl im letzten Jahr deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre lag. Der zahlenmäßige Rückgang wird auch oft dadurch kompensiert, dass bestehende Betriebe weiter wachsen und Betriebe, die schließen, als Filiale übernehmen.“ Dennoch solle man laut Bubnick nicht die Augen davor verschließen, dass es in den nächsten zehn Jahren noch mehr Gemeinden geben werde, in denen kein Metzger mehr zu finden sei.

Wie der Geschäftsführer des Fleischerverbandes Bayern die Situation generell einschätzt und welche Lösungswege er sich vorstellen könnte, das lesen Sie im ausführlichen Interview: "Metzger sind die Rockstars der Ernährungsbranche"

Bubnick ist dabei überzeugt, dass der Personalmangel im Metzgerhandwerk nicht nur ein Grund für den Rückgang ist, sondern der Hauptgrund: „Der Rückgang an Betrieben liegt ganz klar am Mangel der Betriebsnachfolger. Viele Inhaber würden ihr Geschäft gern in die Hände der nächsten Generation geben, können es aber nicht.“ Einen solchen Fall schildert Barbara Zinkl anhand des Landshuter Traditionsmetzgers Axthaler: „Man muss das so offen ansprechen: Wenn man als Axthaler drei Söhne hat und alle drei für die Branche ausbildet, sich dann aber die Nachfolge trotzdem nicht ergibt, weil man es seinen Kindern nicht mit gutem Gewissen empfehlen kann, dann ist auch das bezeichnend für die derzeitige Situation.“