Corona-Pandemie

Ende der Sommerwelle nicht in Sicht - Inzidenz bleibt hoch


Die Inzidenz bleibt weiter hoch - und die Intensivstationen werden wieder voller.

Die Inzidenz bleibt weiter hoch - und die Intensivstationen werden wieder voller.

Von Von Gisela Gross und Anja Garms, dpa

In den vergangenen beiden Jahren schien Corona in den Sommermonaten fast verschwunden. In diesem Jahr ist das anders. Was bedeuten die vielen Infektionen für den Herbst?

Trotz hochsommerlicher Temperaturen kommt die laufende Corona-Welle nicht zum Erliegen.

Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz der nachgewiesenen Infektionen sei in der vergangenen Woche wieder leicht angestiegen, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem Wochenbericht vom Donnerstagabend. "Der Anstieg betraf vor allem Bundesländer in der Mitte und im Süden des Landes, und insbesondere die Altersgruppen ab 70 Jahre." In der Woche zuvor war die Inzidenz laut RKI weitgehend unverändert geblieben.

Entwarnung könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geben, sagt Ulf Dittmer, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen. "Die Welle ist noch nicht gebrochen." Auch die Modellierungen eines Expertenteams um Kai Nagel von der TU Berlin legen diesen Schluss nahe. "Momentan beobachten wir in unserem Modell, bedingt durch die Schulferien, eine Dämpfung der Sommerwelle. Nach den Sommerferien geht unser Modell davon aus, dass die BA.5-Welle durch Reiserückkehrer:innen und auch durch den Schulbeginn wieder Auftrieb bekommt." Die Modelle zeigten dann eine längere Phase mit vielen Neuinfektionen an.

Hajo Zeeb: "Varianten mit hohem Immunfluchtpotenzial"

Helfen die vielen Infektionen der vergangenen - und der kommenden - Wochen wenigstens dabei, die Immunität der Bevölkerung zu verbessern und die Lage im Herbst und Winter zu vereinfachen? Das ist den Experten zufolge fraglich. "Die hohen Fallzahlen jetzt haben natürlich bei vielen Menschen die Immunität via Infektion noch mal angestoßen, andererseits haben wir es doch mit Varianten mit hohem Immunfluchtpotenzial zu tun", sagt Hajo Zeeb vom Leibnitz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen. "Man kann sich also nicht sonderlich sicher fühlen in Bezug auf Infektionen im Winter, wenn man jetzt im Sommer infiziert war, es gibt ganz klar Re-Infektionen."

Grundsätzlich verbesserten die zahlreichen Infektionen der Sommerwelle die Immunitätslage der Bevölkerung für Herbst und Winter jedoch, sagt Virologe Dittmer. Aber nicht alle sind gleich gut geschützt. "Weniger gut vor schweren Verläufen schützen können wir allerdings weiter Patienten, die stark immunsupprimiert sind, zum Beispiel Nierentransplantierte", sagte Dittmer. Bei diesen Gruppen spreche die Impfung wegen des unterdrückten Immunsystems weniger gut an. Abgesehen davon bereiteten vor allem die Personalausfälle im Gesundheitswesen und anderen kritischen Bereichen Sorgen, sagte Dittmer.

Wieder mehr Covid-Patienten auf Intensivstation

Bereits seit einigen Wochen steigt die Zahl der Menschen, die mit Covid-19 auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, wieder an. Mit Stand vom Mittwoch liege ihre Zahl bei 1330, schreibt das RKI unter Berufung auf Zahlen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). Eine Woche zuvor waren es 1238. Auch die Sterbefallzahlen stiegen an, allerdings bisher nur leicht.

Wie stark die Belastung der Intensivstationen in den kommenden Wochen zunehmen wird, ist schwer abzuschätzen. "Ich glaube nicht, dass die 1500 Patienten überschritten werden", sagt Andreas Schuppert von der RWTH Aachen. "Das steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Welle sich nicht weiter aufsteilt, sondern nur noch flach bis abnehmend verläuft. Mit der momentan vorherrschenden Mutante sei die Liegezeit im Vergleich zu Delta und vorher deutlich kürzer, auch der Anteil beatmungspflichtiger Patienten sei deutlich niedriger.

Auf den Normalstationen im Krankenhaus ist die Lage laut RKI momentan relativ stabil. In der vergangenen Woche habe es insgesamt 3300 neue Krankenhausaufnahmen aufgrund einer schweren Atemwegsinfektion und Covid-19 gegeben. Zuvor waren es 3100. Alte Menschen ab 80 Jahren seien weiterhin am stärksten von schweren Krankheitsverläufen betroffen.

Hohe Zahl an Menschen mit akuter Atemwegserkrankung

Unverändert hoch ist laut Wochenbericht auch die Zahl der Menschen, die wegen einer akuten Atemwegserkrankung einen Arzt aufsuchen. In der zurückliegenden Woche seien 1,2 Millionen Arztbesuche aus diesem Grund verzeichnet worden, bei Erwachsenen sei die Zahl bis zu dreimal höher als in dieser Jahreszeit üblich. Das RKI führt die hohe Zahl darauf zurück, dass außer Sars-CoV-2 auch Rhino- und Parainfluenzaviren zirkulierten. Bei Erwachsenen dominiere Sars-CoV-2. Den Berechnungen zufolge habe die Zahl der Corona-Infizierten mit Symptomen in der vergangenen Woche bundesweit bei 1 bis 1,6 Millionen gelegen - das ist noch einmal höher als zuletzt berichtet (800.000 bis 1,3 Millionen).

In medizinischen Behandlungseinrichtungen sowie in Alten- und Pflegeheimen würden erneut deutlich mehr Ausbrüche registriert, schreibt das RKI weiter. Aktive Ausbrüche gab es zuletzt in 157 medizinischen Behandlungseinrichtungen (Vorwoche: 108) und in 300 Alten- und Pflegeheimen (Vorwoche: 235).

Der bei Weitem überwiegende Anteil der Infektionen geht laut RKI auf die seit Mitte Juni dominierende Omikron-Subline BA.5 und die ihr zugeordneten Subtypen zurück. Ihr Anteil an den analysierten Proben liege inzwischen bei 87 Prozent, andere Varianten seien fast vollständig verdrängt, heißt es im Wochenbericht. Die BA.2 Sublinie BA.2.75, die sich in Indien und einigen anderen Regionen ausbreitet, sei in Deutschland bisher viermal in den Stichproben nachgewiesen worden.