Bayern

Diesel-Fahrverbot in München: Ausnahme wird zur Regel

Schichtdienstleistende, Sozial- und Pflegedienste müssen keine Ausnahme bei der Stadt beantragen, um weiter mit einem Euro-4-Diesel fahren zu dürfen. Dagegen wird wohl geklagt


Den orangenen Klebestreifen auf dem Schild haben die zwei Arbeiter gestern entfernt. Denn ab jetzt gilt in der Innenstadt und dem Mittleren Ring ein Verbot von Euro-4-Dieseln.

Den orangenen Klebestreifen auf dem Schild haben die zwei Arbeiter gestern entfernt. Denn ab jetzt gilt in der Innenstadt und dem Mittleren Ring ein Verbot von Euro-4-Dieseln.

Von Christina Hertel

Die Schilder, die auf das neue Dieselfahrverbot hinweisen, stehen schon seit ein paar Wochen. Bis Mittwoch waren sie noch durchgestrichen. Nun haben Arbeiter die orangefarbenen Aufkleber entfernt und es ist offiziell: Autofahrer mit einem Diesel der Abgasnorm Euro 4 und schlechter dürfen nicht mehr auf den Mittleren Ring und in die Innenstadt fahren. Lieferverkehr, Anwohner, Handwerker mit einem Parkausweis sind davon nicht betroffen. Außerdem können viele Gruppen (etwa Personen, die für Arztbesuche in die Stadt müssen) eine Einzelausnahme beim Kreisverwaltungsreferat beantragen.

Auch Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, Sozial- und Pflegedienste sollten ursprünglich für eine Fahrerlaubnis einen Antrag bei der Stadt stellen. Die SPD hatte allerdings beantragt, diese Gruppe ebenfalls pauschal von dem Verbot auszunehmen. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen. Dagegen waren nur Grüne und ÖDP.

Die Entscheidung hat voraussichtlich zwei Folgen: Beim Kreisverwaltungsreferat werden wohl weniger Anträge für eine Ausnahme eingehen, der bürokratische Aufwand wird also etwas geringer. Gleichzeitig könnte es sein, dass die Stadt bald ein Gerichtsverfahren vorbereiten muss.

Er sei verwundert und verärgert, dass nun solche Fragen noch einmal neu aufgemacht werden, sagt Jürgen Resch, Chef der Deutsche Umwelthilfe, mit der sich die Stadt auf das Dieselfahrverbot geeinigt hatte. Er wolle nun abwarten, wie die Stadt die Ausnahme ausgestalte und ob sie Missbrauch ausschließen kann. Ansonsten will er klagen. "Für uns ist es das allererste Mal, dass eine Vereinbarung gebrochen wird. Wir sehen uns aber an den Vergleich gebunden." Ziel einer Klage sei nicht, den gesamten Luftreinhalteplan platzen zu lassen. Höchstens will die Umwelthilfe einfordern, zum ursprünglichen Ausnahmekonzept zurückzukehren.

Die Angst vor einer Klage war für die Grünen der Grund, warum sie sich nicht dem SPD-Antrag anschlossen. Stattdessen bat Grünen-Stadtrat Florian Roth, Gespräche zu führen, um für diese Gruppen pauschalere Ausnahmen auszuhandeln. Der Luftreinhalteplan sei abgestimmt und schriftlich fixiert worden, so Roth. Für ihn gehe es um Verlässlichkeit.

"Wir stehen zum Luftreinhalteplan und stellen heute nichts Grundsätzliches in Frage", betonte SPD-Fraktionschefin Anne Hübner. "Uns ist aber wichtig, dass die Regelungen nachvollziehbar und so unbürokratisch wie möglich sind." Ihr gehe es da vor allem um die, die hart arbeiten - etwa in der Pflege. Umweltreferentin Christine Kugler (parteilos) schätzt die Chancen, dass die Stadt damit vor Gericht Erfolg hat, als gering ein. Schließlich sei die Änderung wesentlich: Um an eine Einzelausnahme zu kommen, hätte der Schichtarbeiter nachweisen müssen, wann sein Dienst ist. Nur in diesen Zeiten hätte er eine Fahrerlaubnis bekommen, so Kugler. "Das hätte den Kreis der Betroffenen eingeengt."

Das sagt die Polizei zum Verbot

Besitzer alter Diesel mit Euro-4-Norm und schlechter haben eine Schonfrist. Zunächst werde es bei Belehrungen bleiben, sagte am Mittwoch ein Polizeisprecher. Bußgelder werden noch nicht verhängt. Die Schonfrist werde maximal zwei Wochen gelten. Das Präsidium plant derzeit keine Schwerpunktkontrollen. Man werde im Rahmen üblicher Kontrollen, bei denen auf Handyverstöße oder Gurtmuffel geachtet wird, auch auf Dieselfahrzeuge schauen.