Coronavirus im Sport

Löw: "Kollektiver Burnout der Welt"


Per Videoschalte äußerte sich Bundestrainer Joachim Löw zur Coronakrise und dem DFB.

Per Videoschalte äußerte sich Bundestrainer Joachim Löw zur Coronakrise und dem DFB.

Von Lukas Schauer / Onlineredaktion

Die Corona-Krise hat auch Bundestrainer Löw tief ergriffen. "Man hat den Eindruck, die Welt stemmt und wehrt sich ein bisschen gegen die Menschen und deren Tun." Die DFB-Spieler spenden 2,5 Millionen.

Mit Fragen zu Dreieroder Viererkette brauchte man Joachim Löw an diesem Tag nicht zu kommen.

Der Sport, Fußball war für ihn ganz weit weg. Bei der Videokonferenz des DFB zur aktuellen Corona-Lage in Fußball-Deutschland trug der Bundestrainer einen sehr schwarzen Rollkragenpullover und sprach mit ruhiger, fester Stimme eindringliche Worte, die mit Fußball eher wenig zu tun hatten. Gut so.

Löw findet eindrucksvolle Worte

Das klang dann so: "Die Corona-Krise hat die Welt fest im Griff, und nichts ist mehr, wie es vorher war. Die Welt hat einen kollektiven Burnout erlebt." Sorgen muss man sich wohl nicht um ihn machen, aber Fragen zum Gemütszustand des Nationaltrainers erübrigten sich auch. Wer wie und wo gegen wen irgendwann mal wieder Fußball spielt, das sei momentan nicht wichtig, so Löw: "Der Fußball steht hinten an. Andere Dinge sind jetzt wichtiger. Für mich zählt jetzt: Was ist mit der Familie, mit Freunden? Wo kann ich die Menschen in meiner Umgebung unterstützen?"

Bundestrainer Löw zeigt sich betroffen

Es war ein denkwürdiger Auftritt, nicht nur wegen der per Videotelefonie eingespielten Fragen der Journalisten. Während Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff und DFB-Präsident Fritz Keller im Rahmen des Erwartbaren blieben (Keller: "Wir wollen die Zukunft nutzen, um Lösungen zu erarbeiten" - Bierhoff: "Wir müssen als Nationalspieler Vorbild sein und haben die Kraft, etwas sagen zu können"), ließ Löw tiefe Betroffenheit erkennen. Er habe den Eindruck, dass sich die Welt "ein bisschen stemmt und wehrt gegen die Menschen und deren Tun. Der Mensch denkt immer, dass er alles weiß und kann. Und das Tempo, das wir in den letzten Jahren vorgegeben haben, das war auch nicht mehr zu toppen", so Löw, "Machtgier, Profit, noch bessere Resultate, Rekorde standen im Vordergrund. Umweltkatastrophen haben uns nur am Rande berührt, Krankheiten sind irgendwo steckengeblieben. Jetzt haben wir etwas erlebt, was die ganze Menschheit betrifft."

Die Verlegung der EM in den Sommer 2021 war für ihn die "völlig richtige und alternativlose" Entscheidung. Wie die Planungen auch für das DFBTeam aussehen, konnte Löw nicht sagen. "Ich bin nicht in der Lage, so weit nach vorne zu blicken. Die Entwicklung der letzten Wochen hat uns überrascht und überfahren. Tiefes Nachdenken steht jetzt vor Aktionismus."

DFB schickt Mitarbeiter ins Home Office

Die Corona-Krise hat auch den DFB zu Maßnahmen zum Schutz seiner Mitarbeiter gezwungen. "Im DFB haben wir Notstand", sagte Bierhoff, "wir haben alle nach Hause geschickt und überlegen, welche Reisen man machen muss. Die meisten Mitarbeiter sind im Home Office." DFB-Präsident Keller zitierte derweil Reinhard Mey: "Was uns gestern noch wichtig und richtig erschien, ist heute nichtig und klein." Er rief zur Solidarität in der Gesellschaft auf und passt die Planung des Verbandes von Tag zu Tag an. "Die Struktur von 25.000 Vereinen und sieben Millionen Mitgliedern muss erhalten werden", so Keller.

Auch Kurzarbeit für die 500 Mitarbeiter ist ein Thema. Bierhoff und Löw hätten zudem schon einen Gehaltsverzicht angeboten. Mit gutem Beispiel gingen die Nationalspieler voran: Per Instagram-Video teilte DFB-Kapitän Manuel Neuer mit: "Wir haben uns auch unsere Gedanken gemacht und spenden für einen guten Zweck 2,5 Millionen Euro." Auch die Nationalspieler Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Matthias Ginter, Lukas Klostermann, Robin Koch, Luca Waldschmidt und Jonathan Tah riefen zu Spenden auf.

Bayern-Star Kimmich: "Wollen Solidarität zeigen"

"Wir sollten uns alle unserer Verantwortung bewusst sein und gerade jetzt Solidarität zeigen", sagte Bayern-Star Kimmich und bedankte sich bei denen, die sich engagieren, der medizinischen Abteilung, aber auch bei den Menschen, "die dafür sorgen, dass die Versorgungsketten weiter aufrecht erhalten bleiben".

Kimmichs Mannschaftskollege Goretzka bat die Fans "dementsprechend solidarisch, euren Teil beizutragen und ein Zeichen zu setzen. Da zählt jede Geste", sagte Goretzka mit Verweis auf die Internet-Plattform www.wirhelfen.eu. Dann mal los!