Das Wunder von Bern hatte viele Väter: Da war ein Trainerfuchs (Sepp Herberger), ein Fußballgott (Torwart Toni Turek) und ein für Außenseiter schwärmender Wettergott Petrus (Fritz-Walter-Wetter). Dass es auch einen Teamarzt gab, der aus einer Mehrwegspritze "Vitaminpräparate" verabreichte (mit Langzeitfolge Gelbsucht), lassen wir mal außen vor.

Fakt ist: Ganz entscheidenden Anteil am deutschen WM-Triumph 1954 hatte ein genialer Schuhmacher aus Franken: Adi Dassler. Er hatte die DFB-Elf mit Schuhen mit Schraubstollen ausgerüstet, in der Halbzeitpause flugs neu aufgestollt, um Walter, Rahn & Co. mehr Standfestigkeit auf dem regennassen Boden zu verleihen. Am Ende stand ein 3:2-Sieg - der Mythos Adidas war geboren.

Das Unternehmen aus Herzogenaurach und der Deutsche Fußball-Bund sollten fortan eine eindrucksvolle Erfolgsstory schreiben. Drei weitere WM-Titel folgten. Die Partnerschaft schien für alle Ewigkeit besiegelt. Erfolg made in Germany.

Millionenspritze für klammen Verband

Ab 2027 heißt der DFB-Ausrüster aber Nike. Der Branchenführer aus den USA hat dem größten Sportverband der Welt ein Angebot gemacht, dass dieser nicht ablehnen konnte. Der DFB ist klamm. Der neu erstellte Campus ist zum Millionengrab geworden, die sportlichen Debakel bei den jüngsten Großturnieren rissen große Löcher ins Budget. Da lässt man sich gerne pampern - Standorttreue hin, Verbundenheit her.

Sicher: Adidas lässt längst in Billiglohnländern produzieren, die Zentrale in Herzogenaurach beschäftigt nicht mal ein Zehntel der weltweit rund 59000 Mitarbeiter.

Und doch: Fußball lebt von Emotion. Die Fans werden eins mit dem Team, wenn sie sich ein Trikot überziehen. Ein Trikot mit drei Streifen und dem Adler, ein Dress (wenn auch nicht unbedingt in pink-lila), der den Geist von 1954 atmet. Adi Dassler, der Schuster der Nation, ist 1978 gestorben. Mit dem Nike-Deal hat der DFB nun das letzte Stück Romantik beerdigt.