Politischer Gillamoos

Alles wie immer: Markus Söder erwähnt Freie Wähler mit keinem Wort

Der CSU-Vorsitzende bleibt bei seiner klaren Absage an eine Koalition mit den Grünen. Mit CDU-Chef Friedrich Merz übt er den demonstrativen Schulterschluss.


CDU-Chef Friedrich Merz (l.) und CSU-Chef Markus Söder betonen kurz vor der Wahl ihre Einigkeit.

CDU-Chef Friedrich Merz (l.) und CSU-Chef Markus Söder betonen kurz vor der Wahl ihre Einigkeit.

Es ist, als ob nie etwas gewesen wäre. Als ob Bayern nicht mehr als eine Woche lang knapp vor einer Regierungskrise gestanden hätte.

CSU-Chef Markus Söder absolviert am Gillamoosmontag in Abensberg einen klassischen Markus-Söder-Bierzeltauftritt mit allem, was dazugehört: Er lobt Bayern ("Wir sind und bleiben das sicherste Land"), kritisiert die Ampel ("schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte"), macht Front gegen die Freigabe von Cannabis ("Ich will keine Drogen auf bayerischen Straßen") und fordert das Leistungsprinzip ein ("Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet"). Der Ministerpräsident warnt vor der AfD ("Strauß hätte gesagt: Die AfD ist die fünfte Kolonne Putins") und erteilt einer Koalition mit den Grünen erneut eine klare Absage ("auf gar keinen Fall"). Mit keinem Wort erwähnt er allerdings die Freien Wähler oder ihren Chef Hubert Aiwanger.

Bis auf einen versteckten Seitenhieb auf den Wirtschaftsminister ("Wir können Wirtschaft - und meistens ist das sogar eine Chefsache") geht Söder nur ganz am Ende seiner über einstündigen Rede kurz auf die Affäre ein, die Bayern in den vergangenen Tagen in Atem gehalten hat. "Man hat es auch gestern wieder gemerkt: Am Ende kommt es dann doch auf den Ministerpräsidenten an", sagt er. Einer müsse schließlich "in diesem ganzen Durcheinander" eine Entscheidung treffen, und das sei nun mal er.

Nach dem Defiliermarsch kommt das Steigerlied

Das Zelt ist voll, wie eigentlich immer, wenn der Ministerpräsident spricht. Die Leute stehen in den Gängen.

Wie immer, wenn er kommt, empfängt ihn die Blaskapelle mit dem Bayerischen Defiliermarsch. Nur, dass nach den letzten Takten Markus Söder diesmal erst den halben Weg bis zur Bühne geschafft hat - und plötzlich aus den Lautsprechern das "Steigerlied" erklingt.

Das alte Lied der Bergleute wird traditionell eigentlich auf SPD-Parteitagen gespielt. Es dient, das wird später klar, als Auftrittsmusik für CDU-Chef Friedrich Merz, der vor Söder spricht.

Söder zur K-Frage: "Mich interessiert das ja null"

Die beiden Parteichefs müssen irgendwann im kommenden Jahr über die Kanzlerkandidatur der Union entscheiden - und es wurde bereits gemutmaßt, dass ein Stellvertreter namens Hubert Aiwanger für Söder in der K-Frage zu einer dauerhaften schweren Hypothek werden könnte. Kelheims CSU-Landrat Martin Neumeyer fragt gleich zu Beginn seiner Begrüßung: "Sind in diesem Zelt zwei Persönlichkeiten, die einen Kanzlerkandidaten suchen?" Und schlägt auch gleich eine Lösung vor: "Ich würde mich zur Verfügung stellen."

Söder (Auftrittsmusik: "Bayern, des samma mia") nimmt den Ball auf und sagt: "Mich interessiert das ja null" - was für Gelächter im Zelt sorgt. Merz dagegen geht gleich zu Beginn seiner knapp halbstündigen Rede ernsthaft, aber nur indirekt auf die K-Frage ein und sagt, CDU und CSU hätten auch schon schwierigere Zeiten miteinander gehabt. "So was wie 2021, das wird sich nicht wiederholen."

Causa Aiwanger: Merz appelliert an die Verantwortung der Medien

Merz spricht die Aiwanger-Affäre etwas deutlicher an als Söder. In den letzten Tagen, sagt er, habe der Ministerpräsident die eine oder andere Aufgabe gehabt. "Markus, wie ich finde, die hast du bravourös gelöst. Sehr gut! Genauso war es richtig, das zu machen."

Für den größten Applaus der gesamten Veranstaltung sorgt aber sein Nachsatz, "eine Bitte an die Medien: Überlegen Sie sich gut, welche Verantwortung Sie auch haben." Man könne von den Medien schon verlangen, sagt Merz, dass sie ein Spiegelbild der Gesellschaft seien und wenigstens zuließen, dass ein breites Meinungsspektrum in ihnen zum Ausdruck komme.

Merz rückt das Heizungsgesetz in die Nähe autoritärer Staaten

Ansonsten arbeitet sich Merz erwartungsgemäß an der Ampel-Bundesregierung ab. Den Atomausstieg geißelt er ebenso wie das Verbrennerverbot oder das Gebäudeenergiegesetz (GEG).

Die dort vorgesehenen Heizungsaustauschpflichten rückt er sogar in die Nähe diktatorischer Regime: "Wir sind ein demokratischer, freiheitlicher Rechtsstaat und nicht ein autoritärer Staat, wo alles bevormundet und vorgeschrieben wird von einer Bundesregierung, die mittlerweile und schon seit Langem keine Mehrheit mehr hat in der Bevölkerung." Das GEG, wird Söder später sagen, werde die Union ohnehin wieder aufheben, wenn sie 2025 wieder die Bundesregierung stelle.

Merz fordert Grenzkontrollen zu Tschechien

In der Migrationspolitik, sagt Merz, dürfe die Ampel nicht einfach "die Tore aufmachen" und jeden nach Deutschland kommen lassen. "Die Grenzen der Aufnahmefähigkeit und auch die Grenzen der Bereitschaft der Bevölkerung, Menschen aus anderen Ländern aufzunehmen, sind erreicht, wenn nicht gar überschritten."

Bayern mache es seit Jahren richtig und kontrolliere die Grenzen zu Österreich. "Warum gilt das eigentlich nicht an der Grenze zu Polen? Warum gilt das nicht an der Grenze zu Tschechien?", fragt Merz.

Söder: Eine starke CSU ärgert die Ampel-Koalition am meisten

Die Grünen dagegen, behauptet Merz, bestritten, dass es überhaupt illegale Migration gebe. "Diese Grünen können kein Koalitionspartner für die Union sein, wenn sie die Realität so verweigern." Hier sprechen Merz und Söder also demonstrativ mit einer Stimme.

Söder versucht zum Schluss, Denkzettelwähler auf seine Seite zu ziehen. Denn was die Berliner Ampel am meisten ärgere, sei eine starke CSU. Die Freien Wähler erwähnt er bis zum Schluss nicht.

Stehender Applaus, Bayernhymne, Deutschlandlied. Alles wie immer.