EU-Gespräche

"Mini-Gipfel" nach Bombenanschlag in Ankara abgesagt


EU Ratspräsident Donald Tusk (l) und Präsident der Europäischen Kommission Jean Claude Juncker (r) zu Beginn eines Geschäftstreffens im EU-Hauptquartier in Brüssel am 17. Februar über die Flüchtlingswanderung in den westlichen Balkanländer.

EU Ratspräsident Donald Tusk (l) und Präsident der Europäischen Kommission Jean Claude Juncker (r) zu Beginn eines Geschäftstreffens im EU-Hauptquartier in Brüssel am 17. Februar über die Flüchtlingswanderung in den westlichen Balkanländer.

Von Monika Müller

Die EU-Chefs ringen um Zugeständnisse, um den Austritt Londons aus der Union zu verhindern. Und in der Flüchtlingsfrage ist die Gemeinschaft der 28 tief gespalten, und bleibt es auch nach der Absage aus Ankara.

Der schwere Bombenanschlag von Ankara hat einen Teil des EU-Gipfelprogramms aus dem Gefüge gebracht. Ein noch vor dem eigentlichen Gipfel geplanter Mini-Gipfel der sogenannten Koalition der Willigen zu Flüchtlingsfragen wurde am späten Mittwochabend von Gastgeber, dem österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann, abgesagt, nachdem zuvor der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu seine Reise nach Brüssel gestrichen hatte. Elf EU-Staaten wollten in der österreichischen EU-Vertretung mit der Türkei über konkrete Maßnahmen zur Bewältigung des Flüchtlingsandrangs aus Syrien sprechen.

Dagegen blieb das wichtigste Thema des Gipfels unberührt. Mit einem historischen Kraftakt wollen die EU-Staats- und Regierungschefs den drohenden Austritt Großbritanniens aus der Union abwenden. Ranghohe Diplomaten äußerten sich vorsichtig optimistisch, dass der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag einen Kompromiss für neue Zugeständnisse an London vereinbaren werde. "Die Basis ist gelegt, es gibt Aussicht auf eine Verständigung", sagte einer von ihnen. EU-Gipfelchef Donald Tusk sprach von einem "entscheidenden Augenblick für die Einheit unserer Union" und warnte eindringlich, es gebe noch "keine Garantie" für den Briten-Deal.

Neben der "Brexit"-Debatte ist auf dem Gipfel Streit um die europäische Flüchtlingspolitik zu erwarten. Denn in Europa gehen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Verbündeten aus. Die CDU-Chefin sagte bei einer Regierungserklärung in Berlin, die Flüchtlingskrise sei eine "historische Bewährungsprobe" für die Europäische Union. Sie verteidigte ihre Entscheidung, die deutschen Grenzen nicht für Bürgerkriegsflüchtlinge zu schließen. "Abschottung - das kann nicht die europäische Antwort sein, jedenfalls nach meiner festen Überzeugung nicht", sagte sie. Die beim Minigipfel der Koalition der Willigen geplante Diskussion um einen besseren Schutz der EU-Außengrenze zwischen Griechenland und der Türkei wird jedoch ausfallen.

Unterdessen setzte Österreich ein weiteres Signal der Abschottung: Von Freitag an will die Alpenrepublik an ihrer Südgrenze nur noch 80 Asylbewerber pro Tag ins Land lassen. Auch der südliche EU-Nachbar Slowenien will die Zahl der Flüchtlinge künftig begrenzen.

In der "Brexit"-Debatte wird der britische Premier David Cameron eine entscheidende Rolle spielen. Der Konservative steht unter Zeitdruck. "Falls jetzt kein Deal gelingt, wird es im Juni keine Volksabstimmung geben", sagte ein Diplomat. "Es gibt überhaupt keine Neigung unter den Mitgliedsländern, in einigen Wochen beim März-Gipfel erneut auf das Thema zurückzukommen." Cameron will seine Landsleute über den EU-Verbleib in einem Referendum befragen, spekuliert wird über den Termin 23. Juni.

Als besonders heikel galten bis zuletzt die Forderungen Großbritanniens, zugewanderten EU-Bürgern bestimmte Sozialleistungen für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vorenthalten zu können. Selbst Vertreter mittel- und osteuropäischer Staaten machten deutlich, dass sie für einen Verbleib Großbritanniens zu Zugeständnissen bereit sind. Tusk plant eine Gipfeldebatte zum Briten-Deal am frühen Donnerstagabend. Danach sollten Diplomaten und Juristen in Hinterzimmern weiter an den komplizierten Texten arbeiten, eine Abmachung der Chefs sei dann für den Freitagvormittag geplant. Der Diplomat sprach von einem "Englischen Frühstück".

Anm. d. Red.: Liebe Leserinnen und Leser, im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf idowa.de finden Sie unter diesem Text keine Kommentare. Leider erreichen uns zum Thema Flüchtlinge so viele unangemessene, beleidigende oder justiziable Beiträge, dass eine gewissenhafte Moderation nach den Regeln unserer Netiquette kaum mehr möglich ist. Wir bitten um Verständnis.