Kritik zum Serien-Finale

Und der Eiserne Thron geht an...


Abschied nehmen. Seit vergangener Nacht ist die Kult-Serie Game of Thrones Geschichte.

Abschied nehmen. Seit vergangener Nacht ist die Kult-Serie Game of Thrones Geschichte.

Von Matthias Jell und Redaktion idowa

"Der Winter kommt". Acht Jahre lang war dieses Leitmotiv untrennbar mit einer Serie verbunden, die eine ganze Ära geprägt hat: Game of Thrones. Vergangene Nacht ging diese Ära mit der letzten Folge der Serie zu Ende. Ein würdiges Finale?

Spoiler-Warnung

+++ Liebe idowa-Leser, die folgende Kritik enthält teils unverschleierte Hinweise zur Handlung der finalen Folge der achten Staffel von Game of Thrones. Falls Sie die Episode unvoreingenommen sehen möchten, lesen Sie diesen Artikel am besten erst später.+++

Vorweg, hätte man mir vor fünf Jahren prophezeit, dass ausgerechnet ich eines Tages wehmütig Abschied von Game of Thrones nehmen würde, ich wäre wohl mit ziemlicher Sicherheit in schallendes Gelächter ausgebrochen. Der Serien-Kult erschloss sich mir in den ersten Jahren so gar nicht. Man kann sogar sagen, dass ich eine ganze Zeit lang mit Game of Thrones auf Kriegsfuß stand. Auch befeuert durch Freunde, die mich förmlich verbal belagerten und mir fortwährend von den Starks, den Targaryens und Co. erzählten. Ein Arbeitskollege grüßte mich sogar einmal mit den Worten "Valar Morghulis". Ich verstand nur Bahnhof. Als bereits die dritte Staffel im Fernsehen lief, schaltete ich zufällig zweimal rein. Logisch, dass ich keinerlei Zusammenhänge verstand. Immer noch Bahnhof also. Und doch sollte der Game of Thrones-Zug nicht endgültig ohne mich abgefahren sein. Als RTL2 an Silvester in nur einer Nacht gnadenlos die komplette zweite Staffel durchdrückte, war auch ich endgültig im Bann von Game of Thrones - "Valar Dohaeris".

Und damit rein in die Geschehnisse der allerletzten Folge. An wen ging denn der Eiserne Thron nun? Streng genommen an niemanden. Der Thron überstand völlig überraschend das Flammeninferno der fünften Episode ohne einen einzigen Kratzer, während der Thronsaal ringsherum einer Brandruine glich. Über Sinn oder Unsinn dieser Tatsache mag man nun denken, was man will, aber was die Macher von HBO hier geschaffen haben, war vor allem Eines: bildgewaltig. Etwa 45 Minuten lang herrscht dadurch pure Endzeitstimmung. Königsmund liegt in Schutt und Asche und inmitten der Trümmer triumphiert Daenerys Targaryen. Und überall Ascheregen, der wie Schnee vom Himmel fällt. Ein Bildnis der Apokalypse.

Der neue Königsmörder

Allerdings schafft es auch die "Mutter der Drachen" nicht auf den Eisernen Thron. Nur einmal legt sie kurz ihre Hand auf den Thron und schwelgt in Kindheitserinnerungen. Doch dann betritt ihr Tod den Thronsaal: Jon Schnee aka Aegon Targaryen. Ausgerechnet er, der ihr ewige Treue geschworen hat, wird der neue Königsmörder. In einer letzten innigen Umarmung rammt er ihr einen Dolch ins Herz. Dann folgt der letzte Auftritt des einzig verbliebenen Drachen: Drogon. Er spürt den Tod seiner "Mutter" und gleichzeitig auch, wer sie auf dem Gewissen hat. Der Moment, in dem ich mir sicher war, dass Jon in wenigen Sekunden in Flammen aufgehen wird. Doch es kommt anders - wie so oft bei Game of Thrones. Anstatt sein Drachenfeuer auf Jon zu speien, schmilzt Drogon den Eisernen Thron ein. Ganz so, als wollte er damit verdeutlichen: wenn Daenerys den Eisernen Thron nicht besteigen kann, dann soll den Thron niemand haben. Dann schnappt sich Drogon den Leichnam seiner "Mutter" und fliegt mit ihr über das offene Meer.

Das Rätselraten über den neuen König oder die neue Königin ging also weiter. Ich hätte mit Sansa Stark gerechnet. Wieder falsch geraten. Am Ende wurde Brandon Stark zum neuen König der sechs Königslande erwählt. Der sechs Königslande? Richtig gelesen. Denn Sansa Stark lässt sich zur Königin des Nordens ausrufen und erklärt den Norden fortan als unabhängiges Königreich. Und Jon Schnee? Er muss für den Mord an Daenerys Targaryen ins Exil - zur Nachtwache. Doch dort bleibt er nicht. Gemeinsam mit seinen alten Wegbegleitern, Schattenwolf Geist und Tormund Riesentod, zieht er jenseits der Mauer.

Was kommt danach?

Fast eine Art Happy End also. Etwas, mit dem man bei Game of Thrones nicht zwingend rechnen durfte. Freilich wird der Sturm der Entrüstung auch bei dieser Folge wieder riesig sein. Ein eiserner Kern an Game of Thrones-Fans hat bereits eine Online-Petition gestartet mit dem Ziel, die Produzenten dazu zu bewegen, die komplette achte Staffel noch einmal neu zu schreiben und zu verfilmen. Zu groß ist ihr Frust und ihre Enttäuschung ob der Geschehnisse in der finalen Staffel. Bislang haben über eine Million Menschen diese Online-Petition unterzeichnet - innerhalb weniger Tage. Die Erfolgsaussichten sind aber in etwa so gering wie die Chancen für Samwel Tarly auf den Eisernen Thron standen. Freilich blieben in der achten Staffel so einige Fragen unbeantwortet. So zum Beispiel das Rätsel um den Nachtkönig. Wer war er wirklich? Weshalb führte er seinen reichlich unterkühlten Schlachtzug gegen alles Leben? Doch diese und weitere Fragen soll das Game of Thrones-Prequel beantworten. Und bis dahin wird sich wohl auch der Frust der enttäuschten Fans gelegt haben, denn der nächste Winter kommt bestimmt.