Einfach erklärt

Tempo... Einsatz... Dynamik... - So ist ein Orchester aufgebaut


So ist ein Symphonie-Orchester aufgebaut. (Grafik: Denise Zellmer)

So ist ein Symphonie-Orchester aufgebaut. (Grafik: Denise Zellmer)

Von Veronika Murr

Ein Ton vibriert in der Luft, schwillt an und verklingt. Der Dirigent hebt die Arme. Die Musiker platzieren die Mundstücke und Musikbögen. Man hört eine Melodie. Doch wenn man genauer hinschaut, setzen die Flötisten an manchen Stellen aus, die Geiger fiedeln wie verrückt, der Bassist scheint die Ruhe selbst zu sein, aber die Posaunenspieler machen Gesten, als wollten sie einen Baum umsägen. Wie kann bei so vielen unterschiedlichen Instrumenten in einem Orchester eigentlich eine einheitliche Melodie entstehen?

Orchester findet man bei jeder Opern-, Ballett- oder Musicalaufführung. Ein Orchester
ist eine Zusammensetzung von Instrumentenspielern. Sie stellen sich meistens im Halbkreis auf oder sitzen in einem sogenannten Orchestergraben direkt vor der Bühne. Vor ihnen steht, leicht erhöht, der Dirigent. In der klassischen Musik unterscheidet man das größere Symphonieorchester und das kleinere Kammerorchester.

Der Unterschied liegt in der Anzahl der Musiker. "Außerdem gibt es Orchester, die nur aus einer bestimmten Gattung bestehen, zum Beispiel Blasmusik-, Akkordeonoder Streichorchester", erläutert Professor Kilian Moritz. Kilian Moritz hat Kontrabass studiert und ist Professor an der Hochschule Würzburg. In einem Streichorchester sind nur Instrumente, die man mit einem Bogen spielt, wie zum Beispiel die Geige. Jazz-Bands heißen zwar meistens Big Bands, sind aber auch ein Orchester. In einem Orchester können unterschiedliche Instrumente vorkommen und von allen kann es mehrere geben. Zehn Geigen und zwei Kontrabässe zum Beispiel und acht Hornbläser und drei Trompeten. Je lauter ein Instrument ist, desto weiter hinten wird es platziert. Pauken und Trompeten bilden also die letzte Reihe, die Geiger dürfen ganz vorne sitzen. Instrumente werden in verschiedene Gattungen eingeteilt: Holzblas-, Blechblas-, Schlag-, Tasten- und Saiteninstrumente.

Das Leben als Berufsmusiker

Die Mitglieder eines Berufsorchesters müssen fast täglich auf ihren Instrumenten spielen, damit sie nicht aus der Übung kommen und anspruchsvolle Musikstücke wie von Beethoven und Wagner spielen können. Dafür muss das Orchester aber nur für eine "Tuttiprobe" vollständig sein. Einzelne Instrumentengruppen können auch für sich alleine üben, das sind die "Registerproben".

Alle Instrumente sind wichtig, welches aber das wichtigste Instrument in einem Orchester ist, kann niemand defi nieren. "Darauf werden 20 verschiedene Musiker 20 verschiedene Antworten geben", sagt Professor Moritz schmunzelnd. Aber es gibt Instrumente, die nichts in einer Oper zu suchen haben, zum Beispiel eine laute E-Gitarre. "Heutzutage gibt es zeitgenössische Kompositionen, bei denen mit jedem Instrument und am besten noch mit jedem Gegenstand musiziert wird", erzählt Moritz. "Beim Musiktheater ,Stomp' zum Beispiel." Das ist dann jedoch kein Symphonieorchester mehr.

Ein Klavier im Kino

Früher hatten Musikorchester noch einen anderen Arbeitsplatz: Das Kino. Manche sehr alten Filme heißen Stummfilme, weil in ihnen niemand redet. Es war damals noch nicht möglich, Bild und Ton zusammen aufzunehmen. Deshalb, und auch weil der Projektor laut ratterte, saß während der Kinovorführung hinter dem Publikum ein kleines Orchester und untermalte die Handlung im Film mit trauriger, spannender oder lustiger Musik.

Teilweise war die Musik auch dazu da, die Menschen zu beruhigen. Denn ein übergroßes, sich bewegendes Bild war damals für die Menschen unheimlich und fremd. Früher, bevor es den Dirigenten gab, schauten alle Musiker dem ersten Geiger oder dem Kontrabassisten zu.

Es gibt noch heute Orchester, die ohne einen Dirigenten spielen. "Ab einer gewissen Orchestergröße leidet aber das genaue Zusammenspiel darunter. Denn die für alle Musiker sichtbare Vorgabe fehlt", meint Kilian Moritz. Das ist die Aufgabe eines Dirigenten: Er gibt durch Handbewegungen und mit dem Taktstock den Takt vor, zeigt den Musikern ihre Einsätze an und bestimmt den musikalischen Verlauf.

Während jede Instrumentengruppe ihre eigenen Notenblätter zum jeweiligen Stück vor sich hat, liegt dem Dirigenten die Partitur vor. Das sind die Notenzeilen aller Instrumentengruppen und somit das komplette Musikstück. Darauf blickt der Dirigent einen Moment lang konzentriert, bevor er den Blick hebt und mit ihm alle Augenpaare seiner Musiker einfängt. Der Taktstock zittert bereits in seinen Fingern. Die Geiger setzen schon mal den Bogen an. Die Bläser holen Luft. Gleich beginnt das Stück.

sized

Kilian Moritz, hat Kontrabass studiert und ist Professor an der Hochschule Würzburg. (Foto: Peter Brechtel)

sized