Digitalisierung

Wie startet der Vollbetrieb der E-Patientenakten?

Ärztinnen und Ärzte sind jetzt verpflichtet, Daten in die E-Akten zu laden. (Archivbild)

Ärztinnen und Ärzte sind jetzt verpflichtet, Daten in die E-Akten zu laden. (Archivbild)

Von dpa

Untersuchungsbefunde, Laborwerte, Medikamente: Für wichtige Gesundheitsdaten haben die allermeisten gesetzlich Versicherten inzwischen auch eine elektronische Patientenakte (ePA). Bisher schlummerten die neuen digitalen Speicher aber noch überwiegend vor sich hin. Jetzt sollen sie so richtig zum Leben erwachen. Denn ab heute ist es für Ärztinnen und Ärzte Pflicht, wichtige Daten einzutragen, die dann für weitere Behandlungen immer verfügbar sein können. Wird das jetzt schnell überall zum Standard?

Rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten haben schon seit Januar eine ePA von ihrer Krankenkasse angelegt bekommen, was man für sich auch ablehnen kann. Der Einsatz in Gesundheitseinrichtungen wurde zuerst in drei Regionen getestet und dann vom Frühjahr an bundesweit ausgedehnt. Bisher konnten Ärztinnen und Ärzte die ePAs auf freiwilliger Basis benutzen und Daten für ihre Patienten einstellen. Zum 1. Oktober greift für sie nun eine Pflicht.

Auch Apotheken nutzen die ePAs, die Medikamentenlisten enthalten. (Archivbild)
Auch Apotheken nutzen die ePAs, die Medikamentenlisten enthalten. (Archivbild)
Auch Apotheken nutzen die ePAs, die Medikamentenlisten enthalten. (Archivbild)
Mit dem Einstecken der Versichertenkarte wird ein Zugriffsrecht auf die E-Akte gegeben. (Archivbild)
Mit dem Einstecken der Versichertenkarte wird ein Zugriffsrecht auf die E-Akte gegeben. (Archivbild)
Mit dem Einstecken der Versichertenkarte wird ein Zugriffsrecht auf die E-Akte gegeben. (Archivbild)
Ärztinnen und Ärzte sollen wichtige Daten immer abrufbar haben. (Archivbild)
Ärztinnen und Ärzte sollen wichtige Daten immer abrufbar haben. (Archivbild)
Ärztinnen und Ärzte sollen wichtige Daten immer abrufbar haben. (Archivbild)

Kurz vor dem Stichtag zog die Nutzung bereits an. Knapp 61.600 der 98.500 Arztpraxen in ganz Deutschland nehmen nach Angaben der mehrheitlich bundeseigenen Digitalagentur Gematik inzwischen teil. Schon dabei waren Ende vergangener Woche auch 20.900 Zahnarztpraxen, 10.700 Apotheken und 777 Kliniken. Insgesamt wurden seit Jahresbeginn rund 22 Millionen Dokumente in ePAs geladen. Bei den Kliniken ist nach Branchenangaben jedoch damit zu rechnen, dass ein Großteil sie wohl erst 2026 krankenhausweit einsetzen kann.

Praxen und andere Einrichtungen brauchen ein ePA-Softwaremodul in ihren Verwaltungssystemen, um mit der E-Akte arbeiten zu können. Nach jüngstem Stand sind jetzt laut Gematik mehr als 93 Prozent der Praxen, Zahnarztpraxen und Apotheken technisch ausgestattet und damit pünktlich startklar. Die große Mehrheit der Softwarehersteller habe geliefert, weitere Updates sollen nun zum Quartalswechsel folgen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) protestierte schon dagegen, dass den Praxen Vergütungskürzungen drohen.

Für die Patienten greift damit ein Anspruch, ihre E-Akte füllen zu lassen. Und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) rief alle auf: „Nutzen Sie die ePA. Wir sollten sie jetzt schnell zu unserem persönlichen Gesundheitshelfer werden lassen.“ So ließen sich Doppeluntersuchungen und Medikamenten-Wechselwirkungen vermeiden. Dabei lautet das große Ziel, Informationen zu bündeln und abrufbar zu machen, um bessere Behandlungen zu ermöglichen. Bisher kommen viele mit Zetteln in die Praxis oder haben gar keine Unterlagen.

Patientinnen und Patienten können in ihre ePA schauen, müssen es aber nicht. Nur wenn man es macht, kann man aber auch online festlegen, welche Ärzte welche Daten sehen können und was besser nicht. Einloggen kann man sich über eine App der Kasse auf dem Smartphone. Fürs erste Verwenden muss man sich einmal identifizieren und freischalten lassen. Bisher machten das nur recht wenige: Bei der Techniker Krankenkasse, den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und der Barmer mit 45 Millionen angelegten ePAs sind es 1,37 Millionen.

Wenn man die Versichertenkarte am Anmeldetresen der Praxis einsteckt, bekommen Ärzte ein Zugriffsrecht zum Lesen und Befüllen der ePA für standardmäßig 90 Tage. Die Spanne kann man per App verkürzen und verlängern. Wer die Smartphone-Anwendung nicht selbst bedienen will, kann etwa Angehörige damit betrauen. Auch Kinder bekommen eine ePA, wenn die Eltern nicht widersprechen, ab 15 können sie selbst entscheiden. Zum Schutz von Kindern können bestimmte sensible Angaben nicht eingetragen werden.

Von Anfang an dabei ist eine Liste der Medikamente, die automatisch aus den inzwischen üblichen E-Rezepten erstellt wird. Schrittweise sollen mehr Inhalte dazukommen, als nächstes ein Medikationsplan mit Angaben zu Dosierungen. Generell sollen Ärztinnen und Ärzte wichtige Behandlungsdaten in die E-Akte laden. Die KBV weist zugleich darauf hin, dass sie als „versichertengeführte“ Akte die Praxis-Dokumentation nicht ersetzt. Auch eine direkte Kommunikation zwischen Praxen bleibe wichtig, zumal Versicherte Daten löschen können.

Die ePA ist für Patienten eine freiwillige Sache. Will man etwas nicht, muss man aber aktiv werden. So können Patienten in der Sprechstunde bestimmen, wenn ein Befund nicht hinein soll. In der App kann man Einstellungen festlegen. Die Verbraucherzentralen monieren aber, dass nicht im Detail zu steuern sei, wer was sieht. „Es ist nicht nötig, dass die Zahnarztpraxis von der Psychotherapie erfährt“, sagte Experte Lucas Auer. Auch Abrechnungsdaten, die Kassen bis zu zehn Jahre rückwirkend einstellen, könnten ungewollt auf sensible Diagnosen hinweisen. Sie sollten standardmäßig nur für Versicherte selbst einsehbar sein.

Daten seien in der ePA sicher, betont das Gesundheitsministerium. Während der Testphase wurden zusätzliche Vorkehrungen gegen mögliche Massenzugriffe umgesetzt, nachdem der Chaos Computer Club auf Lücken hingewiesen hatte. Gespeichert werden die Daten laut Ministerium auf Servern im Inland. Jeder Zugriff wird mit Datum und Uhrzeit protokolliert. Beim ersten Anmelden in der App braucht man einen elektronischen Personalausweis mit Geheimnummer (Pin) oder die E-Gesundheitskarte mit Pin, die auf Antrag von der Kasse kommt.

Die Kassen setzen mit der verpflichtenden Nutzung in den Praxen auf einen Schub. „Das wird den praktischen Nutzen für die Patientinnen und Patienten, aber auch für das gesamte Gesundheitssystem enorm steigern“, sagte Martin Krasney, Vorstandsmitglied des Spitzenverbands. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, betonte: „Nur wenn die ePA zu jedem Arztbesuch selbstverständlich dazugehört, wird sie ihren vollen Nutzen entfalten.“ Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt sagte: „Mit jedem Eintrag wächst ihr Wert.“ Für Privatpatienten läuft es mit der ePA nicht so automatisch. Aktuell bieten fünf von 36 privaten Versicherungsunternehmen auf freiwilliger Basis E-Akten an.

Vorgesehen ist in einer nächsten Ausbaustufe, dass Daten aus der ePA zu Forschungszwecken an eine zentrale Stelle weitergeleitet werden. Sie werden dafür pseudonymisiert verwendet, wie das Ministerium erläutert - also ohne direkt personenbeziehbare Angaben wie Name und Adresse. Dieser Nutzung kann man in der App oder bei einer Ombudsstelle der Kasse widersprechen.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.

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