Herbstanfang

Kurzgeschichte: Wenn der Oktober weint und lacht

Diese Kurzgeschichte dreht sich um den Herbst und was diese Jahreszeit für uns alle bedeutet.

Der Herbst steht für Vergänglichkeit.

Der Herbst steht für Vergänglichkeit.

Draußen ist es trüb und regnerisch. Dichte Wolken schweben am Himmel. Es scheint fast so, als wären sie verankert, seit Tagen stehen sie an der gleichen Stelle.

Die Bäume reden in leisen Rufen, die Blätter flüstern Geschichten vom Sommer. Lange ist es her, dass Sommer war. Man tritt hinaus in die Klarheit des Herbst-Lichtes und hält inne: Herbst heißt oft loslassen.

Im Haus Müller beschäftigen sich Mutter und Tochter gerade mit einer größeren Ausräumaktion. Überall stehen Dinge, die man nicht mehr braucht oder sie sind im Weg. Die Türschränke können nicht mehr geschlossen werden, da alles herausquillt. Ganz nach dem Motto „Es muss endlich Ordnung herrschen“ starten sie motiviert mit der Entrümpelung.

Schon bei den ersten Gegenständen, die mindestens seit zwei Jahren unberührt in der Ecke standen, hält die Mutter entgegen: „Nein, dass brauchen wir noch!“ Die Tochter möchte aber weiterkommen und sagt klipp und klar: „Nein, das kann weg. Wir können es behalten, wenn du mir sagen kannst, wofür du es zuletzt gebraucht hast.“ Dies lässt sich die Mutter nicht gefallen und meint: „Man muss nicht immer alles sofort brauchen, man könnte es auch in der Zukunft brauchen.“ Augenrollend räumt die Tochter die zweifelhaften Gegenstände weg.

Was sagt dieser Ausschnitt aus dem Alltag der Familie Müller aus? Oft ist es nämlich so, dass man an Dingen hängt, die das Leben in Wirklichkeit erschweren oder im Weg stehen. Es schadet nicht, dass mit einer Aufräumaktion für Klarheit gesorgt wird. Fällt die Hausreinigung nicht leichter, wenn nicht alles vollsteht? Auch können schneller und besser Entscheidungen getroffen werden, wenn der Kleiderschrank übersichtlicher ist.

Doch wann hat man Zeit, sich dem Aufräumen bewusst zu widmen? Im Winter fehlt jegliche Motivation, man möchte nur aus der Kälte in die Wärme flüchten. Das Frühjahr steht für Aufbruch, man strotzt vor Energie und will die Welt hochheben. Da hat man schlicht und einfach Wichtigeres zu tun. Der Sommer steht für Familie, Freunde und Natur. Man genießt die langen Tage und die Sonne scheint. Das Draußen ist deutlich interessanter, als drinnen zu sein. So bleibt nur der Herbst, um sich dem Inneren zu widmen.

Der Herbst steht in erster Linie für Vergänglichkeit, alles beginnt, plötzlich nicht mehr so schön und erhellend zu sein. Allerdings eröffnet sich nach jedem Ende die Chance auf einen Neuanfang. Man muss sie nur ergreifen. Sei es eine lang aufgeschobene Entrümpelung, wie bei der Familie Müller, oder sei es die Konzentration auf das, was einem schon länger vorschwebt, aber man noch nicht die Zeit oder den Mut dazu gefunden hat.

In diesem Sinne steht der Herbst für eine Zeit des Loslassens und den damit verbundenen Neuanfang. Düstere, dunkle Tage sowie sonnige Herbsttage wie auch das Weinen und das Lachen, alles hat seine Zeit.

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