Amtsgericht Regensburg

Kleinkind nach Narkose schwerbehindert: Anästhesistin verurteilt

Ein Verfahren am Landgericht Regensburg wegen fahrlässiger Körperverletzung durch eine fehlerhafte Narkose endete mit einer Geldstrafe für eine Anästhesistin und einem Freispruch für eine Zahnärztin.

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Das Amtsgericht sprach die angeklagte Zahnärztin frei. (Symbolbild)

Das Amtsgericht sprach die angeklagte Zahnärztin frei. (Symbolbild)

Am Freitag, 21. November, verkündete das Amtsgericht Regensburg einer Pressemitteilung zufolge das Urteil im Verfahren gegen eine Zahnärztin, der fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen wurde. Die Zahnmedizinerin wurde am Ende der Hauptverhandlung freigesprochen, eine mitangeklagte Anästhesistin hatte jedoch bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Prozess ihren Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts zurückgenommen – und damit eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung und eine Geldstrafe von mehr als vier Nettomonatseinkommen akzeptiert.

Im November 2020 hatte die Zahnärztin einem knapp drei Jahre alten Kleinkind unter Narkose einen beschädigten Schneidezahn entfernt. Die Anästhesistin hatte bei dem Eingriff die Narkose durchgeführt. Die Operation war ordnungsgemäß verlaufen, nach der Operation hatte das Kind jedoch im Aufwachraum einen Herzstillstand erlitten.

Aufwachraum wurde nicht ordnungsgemäß überwacht

Es konnte reanimiert werden, sein Gehirn war jedoch über einen erheblichen Zeitraum nicht mit genügend Sauerstoff versorgt worden. Die Folge ist eine dauerhafte schwere Behinderung. Der Zahnärztin und der Anästhesistin wurde vorgeworfen, nach der Operation nicht für eine ordnungsgemäße Überwachung des Kindes im Aufwachraum durch geschultes Personal gesorgt zu haben. Lediglich die Mutter des Kindes, die über keine entsprechende Ausbildung verfügte, war dort anwesend.

Das Gericht stellte nach Anhörung von vier medizinischen Sachverständigen fest, dass die schweren Schäden hätten verhindert werden können, wenn die fachärztlichen Standards für Anästhesisten nach der Operation eingehalten worden wären. Nach diesen Standards ist insbesondere die lückenlose Überwachung durch geschultes Personal erforderlich. In diesem Fall wäre ein Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut und ein Abfall der Herzfrequenz frühzeitig bemerkt worden und es hätten Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.

Zahnärztin musste Narkose-Standards nicht kennen

Für die Einhaltung der Standards bei der Überwachung nach der Narkose sei im konkreten Fall aber allein die Anästhesistin und nicht die Zahnärztin verantwortlich gewesen, urteilte das Amtsgericht nun. Dies war zwischen der Kinderzahnarzt- und der Anästhesiepraxis vertraglich geregelt und im Praxisalltag auch tatsächlich so gehandhabt worden. Die angeklagte Zahnärztin musste die fachärztlichen Standards nach einer Narkose also nicht kennen, weil sie nicht Teil der Ausbildung für Zahnmediziner sind.

Das Gericht konnte daher eine Verletzung der Sorgfaltspflicht durch die Zahnärztin nicht feststellen. Es schloss sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft und der als Nebenkläger beteiligten Eltern des Kindes an, die am Ende der Hauptverhandlung Freispruch für die Zahnärztin beantragt hatten. Das Urteil ist rechtskräftig.

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