Ukraine-Krieg
Merz geht bei Russen-Vermögen auf Belgien zu

Michael Kappeler/dpa
Nicht nur für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj geht es bei dem Gipfel um sehr viel.
Bundeskanzler Friedrich Merz will den Forderungen Belgiens nachkommen und auch in Deutschland festgesetztes Vermögen der russischen Zentralbank für die Unterstützung der Ukraine bereitstellen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Rande des EU-Gipfels in Brüssel aus Verhandlungskreisen.
Die Mittel sollen nach Plänen der EU-Kommission genutzt werden, um der Ukraine in den kommenden beiden Jahren Darlehen in Höhe von bis 90 Milliarden Euro zu gewähren - langfristig sollen es sogar bis zu 210 Milliarden Euro werden können. Russland würde das Vermögen nur dann zurückbekommen, wenn es nach einem Ende seines Angriffskriegs gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet.
Deutschland hatte EU-intern lange argumentiert, dass zunächst einmal von dem belgischen Unternehmen Euroclear verwaltete russische Zentralbankgelder in Höhe von 185 Milliarden Euro für das Projekt genutzt werden sollten. Als Grund wurde unter anderem genannt, dass in der Bundesrepublik nur ein kleinerer dreistelliger Millionenbetrag verfügbar sei.
Die belgische Regierung fordert allerdings auch eine Beteiligung anderer EU-Staaten, um das Risiko zu mindern, dass Belgien alleiniges Ziel von möglichen Vergeltungsmaßnahmen wird. Dabei wird unter anderem die Gefahr gesehen, dass Moskau europäische Privatpersonen und Unternehmen in Russland enteignet.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp, warnte zuletzt, dass deutsches Vermögen von über 100 Milliarden Euro in Gefahr sei. „Deutschland hat wie kein anderes Land in Russland investiert. Es hat deshalb bei der geplanten Nutzbarmachung russischer Zentralbankgelder für Waffenkäufe zugunsten der Ukraine am meisten zu verlieren“, sagte er im Oktober der Deutschen Presse-Agentur.
Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch mitmacht, hatte De Wever zuletzt drei Bedingungen genannt. Demnach muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Zudem fordert er einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefrorenen wurden. Dazu zählen neben Deutschland nach Angaben der EU-Kommission auch Frankreich, Schweden, Zypern und Luxemburg, wobei der Großteil der nutzbaren Gelder in Frankreich festgesetzt ist.
Wie viel russisches Zentralbankgeld genau in Deutschland liegt, hält die Bundesregierung bislang geheim. Öffentlich kommuniziert wurde zuletzt nur, dass im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine insgesamt Vermögenswerte in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro eingefroren oder immobilisiert wurden. Dies umfasse eingefrorene Gelder und wirtschaftliche Ressourcen von gelisteten Personen bzw. Entitäten sowie „Auslandswerte der russischen Zentralbank, die einem Transaktionsverbot unterliegen“.
Kanzler Merz und zahlreiche andere führende EU-Politiker hoffen, dass der Plan bei dem letzten regulären EU-Gipfel des Jahres gebilligt werden kann. Für den Fall, dass das eingefrorene russische Geld zum Beispiel infolge von internationalen Urteilen oder Deals unerwartet wieder freigegeben werden müsste, sieht er vor, dass die EU-Staaten Garantien leisten, die den betroffenen Finanzinstituten eine sofortige Rückzahlung der Mittel an Russland ermöglichen würden. Die Kommission argumentiert, dass dies den Bürgern in der EU deutlich leichter zu verkaufen sein dürfte als die Aufnahme neuer europäischer Gemeinschaftsschulden für die Ukraine.
Aus deutschen Regierungskreisen hieß es am Nachmittag zum Verhandlungsstand, es gebe Bewegung und es gehe auch in die richtige Richtung. Man sei aber noch nicht am Ziel.
Vor diesem Szenario warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Brüssel eindringlich. Auch Europa werde dann „nicht mehr mit Geld, sondern mit Blut bezahlen“. Er pflichtete damit Polens Regierungschef Donald Tusk bei, der vor Beginn gesagt hatte: „Entweder heute Geld oder morgen Blut“. Er bezog diesen Satz ausdrücklich auch auf Europa. Polen und andere östliche EU-Staaten warnen immer wieder davor, dass sie die nächsten Angriffsziele Russlands sein könnten, wenn die Ukraine fällt.
Für die EU geht es bei der Entscheidung um nicht weniger als ihre außenpolitische Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit. Seit fast vier Jahren beteuern die führenden Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, dass die Ukraine so lange unterstützt werde, wie es nötig sei. Bei einem Scheitern der weiteren Finanzierung wäre diese Zusage hinfällig.
Es wäre auch ein Scheitern von Kanzler Merz, der sich in den vergangenen Monaten zu einer Führungsfigur der europäischen Ukraine-Politik entwickelt hat. Mit dem Gipfel in Berlin am Montag hat er den Europäern einen festen Platz in den Verhandlungen um eine Friedenslösung gesichert. Dieser Nimbus wäre wieder dahin, wenn die EU sich in der Kernfrage der Finanzierung nicht einig wird.
Merz hatte sich schon im September überraschend an die Spitze der Befürworter der Nutzung des russischen Vermögens gesetzt, nachdem er lange Zeit skeptisch war. „Aus meiner Sicht ist das in der Tat die einzige Option“, sagte der CDU-Vorsitzende zu Beginn des Gipfels. Er machte deutlich, dass die Aufnahme von Schulden als denkbare Alternative für ihn nicht infrage komme.
Merz äußerte erneut Verständnis für die rechtlichen und politischen Bedenken vor allem Belgiens, wo der größte Teil des dreistelligen Milliardenbetrags lagert. „Aber ich hoffe, dass wir sie gemeinsam ausräumen können.“ Die EU müsse ein Zeichen der Stärke und der Entschlossenheit an Russland senden. Zu den Einigungschancen äußerte Merz sich zuversichtlich. „Mein Eindruck ist, dass wir zu einem Ergebnis kommen können.“
Mit seiner Zusage, auch das in Deutschland lagernde Vermögen zur Nutzung freizugeben, kommt Merz dem belgischen Ministerpräsidenten Bart De Wever nun einen Schritt entgegen. Der hatte diese Forderung aufgestellt, um das Risiko zu mindern, dass Belgien alleiniges Ziel von möglichen Vergeltungsmaßnahmen wird. Dabei wird unter anderem die Gefahr gesehen, dass Moskau europäische Privatpersonen und Unternehmen in Russland enteignet.
„Wenn man uns bittet zu springen, dann springen wir alle zusammen“, sagte De Wever vor Beginn des Gipfels. „Wenn Vertrauen in den Fallschirm besteht, darf es kein Problem sein, zusammen zu springen.“
Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch mitmacht, hatte De Wever zuletzt drei Bedingungen genannt. Demnach muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Zudem fordert er einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefroren wurden. Dazu zählen neben Deutschland nach Angaben der EU-Kommission auch Frankreich, Schweden, Zypern und Luxemburg, wobei der Großteil der nutzbaren Gelder in Frankreich festgesetzt ist.
Wie viel russisches Zentralbankgeld genau in Deutschland liegt, hält die Bundesregierung bislang geheim. Nach Angaben aus EU-Kreisen soll es um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag gehen.
Kanzler Merz und zahlreiche andere führende EU-Politiker hoffen, dass der Plan bei dem letzten regulären EU-Gipfel des Jahres gebilligt werden kann. Für den Fall, dass das eingefrorene russische Geld zum Beispiel infolge von internationalen Urteilen oder Deals unerwartet wieder freigegeben werden müsste, sieht er vor, dass die EU-Staaten Garantien leisten, die den betroffenen Finanzinstituten eine sofortige Rückzahlung der Mittel an Russland ermöglichen würden. Die Kommission argumentiert, dass dies den Bürgern in der EU deutlich leichter zu verkaufen sein dürfte als die Aufnahme neuer europäischer Gemeinschaftsschulden für die Ukraine.
Aus deutschen Regierungskreisen hieß es am Nachmittag zum Verhandlungsstand, es gebe Bewegung und es gehe auch in die richtige Richtung. Man sei aber noch nicht am Ziel.










