Traktor-Demo gegen Lidl
Warum die 99-Cent-Butter für Ärger sorgt
Mit Traktoren haben Landwirte an verschiedenen Orten in Deutschland gegen niedrige Milch- und Butterpreise von Discountern protestiert. Vor der Zentrale von Lidl in Bad Wimpfen (Baden-Württemberg) zählte die Polizei rund 140 Fahrzeuge, der Verein „Land schafft Verbindung BW“, ein Zusammenschluss aus Landwirten, ging hingegen von bis zu 250 Traktoren aus.
Butter ist derzeit so günstig wie lange nicht. Die Handelsketten haben die Preise kürzlich erneut reduziert. Ein 250-Gramm-Stück Deutscher Markenbutter der Eigenmarken kostet inzwischen weniger als einen Euro. Grund ist der günstigere Weltmarktpreis für Milch. Bei den Molkereien wurde zuletzt mehr Milch angeliefert als im Vorjahreszeitraum, zudem ist der Fettgehalt gestiegen. Bauernvertreter warnen, viele Betriebe könnten notwendige Investitionen nicht mehr stemmen.
Die Bauern werfen Lidl in einer Online-Petition vor, die Butter „zu verramschen“. Auch vor einem Logistikknoten von Lidl im sächsischen Radeburg sowie vor dem Lidl-Zentrallager in Cloppenburg (Niedersachsen) demonstrierten Landwirte mit Traktoren. In Wasbek setzten schleswig-holsteinische Landwirte eine Mahnwache gegen Dumpingpreise für Butter vor einem Zentrallager fort.
Lidl Deutschland äußerte zwar Verständnis für die Sorgen der Landwirte. Die aktuelle Preissenkung bei Butter sei aber eine notwendige Reaktion auf die derzeitige Ausnahmesituation am Rohstoffmarkt. „Seit September verzeichnen wir ein deutliches Überangebot an Rohmilch im Vergleich zum Vorjahresniveau. Wenn diese Mengen nicht abfließen, droht möglicherweise ein noch stärkerer Preisverfall“, teilte der Discounter mit.
In einer Online-Petition wirft der Verein, ein Zusammenschluss aus Landwirten, den Lebensmitteleinzelhändlern im Deutschland „unlautere Handelspraktiken“ vor. Lebensmittel unter ihren Produktionskosten zu verkaufen, untergrabe die wirtschaftliche Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion, heißt es dort.
Butter ist hierzulande so günstig wie lange nicht. Die Handelsketten reduzierten die Preise kürzlich erneut. Der hängt insbesondere vom günstigeren Preis für Milch auf dem Weltmarkt ab. Bei den Molkereien wurde zuletzt mehr Milch angeliefert als im Vorjahreszeitraum, außerdem ist der Fettgehalt gestiegen. Dadurch wird weniger Milch benötigt, um ein Kilogramm Butter herzustellen - und mehr Milch steht für Butter oder andere Produkte zur Verfügung.
Lebensmittelhändler arbeiten mit Mischkalkulationen. Bei einigen Artikeln sind die Margen höher, bei anderen geringer. Sogenannte Eckpreisartikel wie Butter haben eine besondere Zugkraft, weil hier sehr auf die Preise geachtet wird. Die Ketten bieten sie oft vergünstigt an, um Kunden in die Läden zu locken.
Lidl Deutschland teilte mit, die aktuelle Preissenkung bei Butter sei eine notwendige Reaktion auf die derzeitige Ausnahmesituation am Rohstoffmarkt. „Seit September verzeichnen wir ein deutliches Überangebot an Rohmilch im Vergleich zum Vorjahresniveau“, hieß es. Flössen diese Mengen nicht ab, drohe möglicherweise ein noch stärkerer Preisverfall.
Lidl sei nur ein Abnehmer von vielen. Ein Teil des aktuellen Überangebots werde ins Ausland exportiert: „Die Lage der Landwirte ist somit maßgeblich von den Weltmarktpreisen abhängig, die dieses Jahr deutlich unter dem Vorjahr liegen.“ Die Ursachen dieser angespannten Marktsituation liege daher nicht beim Lebensmitteleinzelhandel, sondern am Überangebot.
Um dazu beizutragen, diesen „Mengenstau“ aufzulösen, habe man den Preis gesenkt, um so bei Kundinnen und Kunden Anreize zum Kauf von Butter zu setzen. „Durch die Preisanpassung konnten wir eine deutlich gesteigerte Nachfrage nach Butter erzielen und so bereits einen Teil des Überangebots reduzieren“, so Lidl.
Auch die Politik ist besorgt. In Baden-Württemberg hat Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) für Mitte Januar Vertreter des Einzelhandels, des Handelsverbands und der Bauernverbände zu einem Gespräch eingeladen. „Hinter gut gefüllten Regalen mit Lebensmitteln stehen viele bäuerliche Familienbetriebe“, sagte er. „Bei aller Freiheit und den Gesetzen des Marktes müssen wir dafür Sorge tragen, dass unsere Landwirtinnen und Landwirte von ihrer Arbeit, von ihren hochwertigen Produkten leben können.“
Im Vergleich zu vielen anderen Betriebszweigen stand die Milchviehhaltung im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2024/25 zunächst vergleichsweise solide da. Mit einem durchschnittlichen Unternehmensergebnis von gut 115.300 Euro lag sie deutlich über dem Gesamtdurchschnitt der Betriebe in Deutschland. Das geht aus Daten des Deutschen Bauernverbandes hervor. Ausschlaggebend dafür waren vor allem über weite Strecken höhere Preise, die den Betrieben nach einem schwierigen Vorjahr etwas Luft verschafften.
Angesichts der Marktentwicklung seien die Milchbauern aber verunsichert, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied in Stuttgart. Das Plus aus dem Vorjahr werde durch den Preisdruck der Handelsketten gefährdet. Die derzeitige Entwicklung gehe über die normale Marktdynamik hinaus. „Was wir aktuell erleben, ist kein Marktmechanismus mehr, sondern ein von einem Discounter entfachter Kampf um den günstigsten Preis“, sagte er. Der aktuell ausgerufene Preis von 99 Cent für ein Päckchen Butter sei inakzeptabel.
„Für uns Milchviehhalter bedeuten solche Preise ein wirtschaftliches Desaster“, sagte kürzlich der Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, Hans Foldenauer. In der ersten Jahreshälfte 2025 erhielten die Landwirte im Bundesdurchschnitt laut Foldenauer rund 53 Cent pro Kilo Rohmilch. Die Produktionskosten lagen im Juli bei 53,53 Cent pro Kilo und hätten damit „gerade so abgedeckt“ werden können. Seit dem Sommer sind die Erzeugerpreise demnach aber gefallen - auf zuletzt durchschnittlich 46 Cent.
Der Bauernverband aus Bayern will die Butterpreise vom Bundeskartellamt überprüfen lassen. Der Preisverfall sei möglicherweise unzulässig, teilte der Verband kürzlich mit. Rukwied äußerte sich in der Sache zurückhaltend. Man setze auf Kooperation und appelliere an den Einzelhandel, seiner Verantwortung gerecht zu werden.












