Schlafmediziner nennt die Nachteile

Schule erst um 9 Uhr? Das spricht dagegen


Könnten Schulkinder eine bessere Leistung abrufen, wenn der Unterricht erst um 9 Uhr beginnen würde? Mit dieser Frage beschäftigen sich seit geraumer Zeit einige Schlafforscher. (Symbolbild)

Könnten Schulkinder eine bessere Leistung abrufen, wenn der Unterricht erst um 9 Uhr beginnen würde? Mit dieser Frage beschäftigen sich seit geraumer Zeit einige Schlafforscher. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Diverse Schlafforscher plädieren bereits seit längerem für einen Schulbeginn erst ab 9 Uhr. Bei den Langschläfern und Morgenmuffeln unter den Schulkindern dürfte dieser Vorstoß für wahre Jubelstürme sorgen. Argumentiert wird bei der Idee mit einer dann besseren Konzentrationsfähigkeit. Doch ist das wirklich so? Professor Dr. Michael Arzt von der Universität Regensburg bringt gegenüber idowa Licht ins Dunkel. Er hat die Professur für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Schlaf- und Beatmungsmedizin und ist Leiter des Schlaflabors an der Uniklinik.

Vor allen Dingen Eltern können bisweilen ein Lied davon singen, wenn das Kind morgens mal wieder so gar nicht aus den Federn kommt. Doch alles quengeln hilft nichts: Schulbeginn ist für gewöhnlich um 8 Uhr. Nicht wenigen Schlafforschern ist das allerdings ein Dorn im Auge. Sie fordern einen Schulbeginn um 9 Uhr, weil sich vor allem in der Pubertät das Schlafverhalten ändern würde und dies Konzentrationsprobleme zur Folge haben könnte.

Anderer Meinung ist hier Prof. Dr. Michael Arzt, der selbst Vater von fünf Kindern im Alter von sechs bis 16 Jahren ist. Seine Einschätzung vorab: "Nein, ein späterer Schulbeginn um 9 Uhr statt um 8 Uhr wäre aus meiner Sicht nicht besser." Oftmals werde diese Forderung mit chronobiologischen Erkenntnissen begründet. Es sei zwar in der Tat so, dass Jugendliche im Alter zwischen 14 und 16 Jahren eher zu Abendtypen werden. Das liege daran, dass sie entgegen der Kindheitsgewohnheiten nicht mehr gegen 20 Uhr ins Bett gehen, sondern erst gegen 22 Uhr oder später. "Entsprechend würden die Jugendlichen ohne Wecker erst zwischen 8 Uhr und 9 Uhr aufwachen, während ihre Geschwister im Kindesalter spontan zwischen 6 Uhr und 7 Uhr aufwachen", erklärt Prof. Dr. Arzt.

Seiner Ansicht nach hätte ein späterer Schulbeginn vor allem auch eine konkrete Folge: "Ich würde darauf wetten, dass viele Schüler ihre Hausaufgaben erst am selben Tag vor Unterrichtsbeginn machen würden." Gäbe es eine Alternative? "Für jede Klassenstufe den Schulbeginn 15 Minuten später anzusetzen, klingt für mich auch nicht praktikabel. Ich halte es für sinnvoller, wenn Lehrer (…) mit der Terminierung von Leistungsnachweisen sensibel und auf das Alter der Schüler abgestimmt umgehen", schätzt der Schlafmediziner. Seiner Meinung nach könne man das freilich nicht verallgemeinern. Prof. Dr. Arzt: "Manche Schüler hätten Vorteile, manche hätten Nachteile. Sie würden unnötig spät nach Hause kommen oder Lerninhalte würden in das ‚Mittagstief' verschoben werden."

Volle Leistungsfähigkeit am frühen Morgen ist im übrigen nicht nur für Schüler bisweilen ein Problem, sondern auch für Erwachsene. Einer Studie zufolge gibt es unter den Menschen Morgentypen und Abendtypen. "Auch für erwachsene Abendtypen ist es schwer, sich frühmorgens vollumfänglich konzentrieren zu können. Für sie ist es schwierig, die eigene innere Uhr vollständig abzulegen", so der Schlafmediziner weiter. Lediglich durch ein kontinuierliches Leben in einem anderen Rhythmus könne eine gewisse Anpassung erfolgen. Dabei könne es in den Anpassungsphasen zu Schlafmangel kommen. Physiologisch sinnvoll wäre nach Ansicht des Mediziners aber ein Mittagsschlaf, wohl wissend, dass dies für viele Menschen aus beruflichen Gründen schlichtweg nicht möglich ist.