Dichter und Autor

Vor 150 Jahren geboren: Rilke liegt im Trend

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In Prag erinnert eine Büste an den Schriftsteller Rainer Maria Rilke (1875-1926). Hier besuchte er die Volksschule.

In Prag erinnert eine Büste an den Schriftsteller Rainer Maria Rilke (1875-1926). Hier besuchte er die Volksschule.

Von dpa

Er ist längst zu einer Ikone der Popstars von heute geworden. Lady Gaga trägt ein Zitat aus einem Brief des Dichters als Tattoo an ihrem Oberarm. Junge Influencer rezitieren seine Gedichte und Briefe bei Youtube, Instagram und Tiktok. Selbst die koreanische Boyband BTS ließ sich von ihm inspirieren. Das alles war kaum zu erwarten, als Rainer Maria Rilke vor genau 150 Jahren, am 4. Dezember 1875, in Prag geboren wurde.

Rainer hieß eigentlich René und kam mit sieben Monaten als Frühchen zur Welt. Seiner Heimatstadt widmete er später den Gedichtband „Larenopfer“: „Die Stadt verschwimmt wie hinter Glas. / Nur hoch, wie ein behelmter Hüne, / ragt klar vor mir die grünspangrüne / Turmkuppel von Sankt Nikolas.“ In Prag besuchte der Sohn eines Eisenbahnbeamten und einer Kaufmannstochter die Volksschule des Piaristenordens. Daran erinnert an dem Gebäude auf der heutigen Einkaufsmeile „Na Prikope“ (Am Graben) eine Bronzebüste.

Rainer Maria Rilke, der eigentlich René hieß, kam mit sieben Monaten als Frühchen in Prag zur Welt.
Rainer Maria Rilke, der eigentlich René hieß, kam mit sieben Monaten als Frühchen in Prag zur Welt.
Rainer Maria Rilke, der eigentlich René hieß, kam mit sieben Monaten als Frühchen in Prag zur Welt.
Nach der Trennung seiner Eltern verdunkelte sich Rilkes Erinnerung an Prag.
Nach der Trennung seiner Eltern verdunkelte sich Rilkes Erinnerung an Prag.
Nach der Trennung seiner Eltern verdunkelte sich Rilkes Erinnerung an Prag.
Rainer Maria Rilke lebte später in Frankreich, wo Paris für ihn zu einer großen Inspirationsquelle wurde. (Archivbild)
Rainer Maria Rilke lebte später in Frankreich, wo Paris für ihn zu einer großen Inspirationsquelle wurde. (Archivbild)
Rainer Maria Rilke lebte später in Frankreich, wo Paris für ihn zu einer großen Inspirationsquelle wurde. (Archivbild)
Rilke starb am 29. Dezember 1926 in der Schweiz an einer seltenen Form der Leukämie.
Rilke starb am 29. Dezember 1926 in der Schweiz an einer seltenen Form der Leukämie.
Rilke starb am 29. Dezember 1926 in der Schweiz an einer seltenen Form der Leukämie.

Später verdunkelte sich Rilkes Erinnerung an Prag, wo sich seine Eltern trennten. Dafür wurde die Seine-Metropole Paris zu einer Inspirationsquelle für seine Arbeit. Mit den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ schuf er einen der ersten modernen Großstadtromane. Der Leser trifft nicht auf die Pariser High Society um die Jahrhundertwende, sondern auf Arme, Bettler, Kranke und Einsame. „Die Masse macht es“, merkte Rilke an und führte düster aus: „der Wunsch, einen eigenen Tod zu haben, wird immer seltener. Eine Weile noch, und er wird ebenso selten sein wie ein eigenes Leben.“

Auch Rilkes Lyrik profitierte von den Eindrücken, die er in Frankreich sammelte. So wie der Bildhauer Auguste Rodin, dessen Privatsekretär er wurde, seinen Meißel schwang, ziselierte Rilke seine Dinggedichte. Es ging ihm darum, ein konkretes Objekt oder Lebewesen zu beschreiben, etwa einen Panther im Pariser „Jardin des plantes“. Doch zugleich suchte er nach dessen innerer Stimme, was Rilke den Ruf eines Esoterikers einbrachte.

In einer Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche macht Rilke Mut zur Selbstfindung. Er versetzt den Leser in eine meditative Stimmung. In einem bekannten Gedicht vergleicht er den menschlichen Wachstumsprozess mit den Jahresringen eines Baumes: „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn.“ Es sind eben diese Worte, die Jimin, einer der Sänger der südkoreanischen Boyband BTS, im Musikvideo zum Song „Set Me Free“ in schwarzer Tinte auf der Haut trägt.

Und dann ist da die Unbedingtheit des Anspruchs an die Kunst, die bis heute beeindruckt. Rilke erhob die Kunst geradezu zu einer Religion. So streng wie zu sich selbst war er auch zu anderen. Das Zitat, das sich Pop-Königin Lady Gaga als Tattoo auf den Arm stechen ließ, stammt aus den Briefen Rilkes an den Dichter Franz Xaver Kappus. Rilke ermahnte den jüngeren Kollegen, in sich zu gehen und den Grund für seine Motivation zu erforschen: „Prüfen Sie, ob er in der stillsten Stelle Ihres Herzens seine Wurzeln ausstreckt, gestehen Sie sich ein, ob Sie sterben müßten, wenn es Ihnen versagt würde zu schreiben.“

Für seine Zeitgenossen ging Rilke wie ein Stern am Nachthimmel der deutschsprachigen Hochliteratur auf. Wie sehr dieser, der früh von seiner besonderen Begabung überzeugt war, indes vom Einsatz anderer Menschen profitierte, zeigt die Germanistin Sandra Richter in ihrer Anfang des Jahres erschienenen Biografie „Rainer Maria Rilke oder Das offene Leben“.

Da ist der Leiter des Insel-Verlags, Anton Kippenberg, der Rilke und seine Familie nicht nur mit monatlichen Vorschüssen finanziell versorgt - sondern den Lyriker auch zum, wie man heute sagen würde, ergebnisorientierten Arbeiten drängt. Da sind die adeligen Mäzenatinnen, die Rilke auf ihren Schlössern aushielten. Und Rilkes Ehefrau, die Bildhauerin Clara Westhoff, die den Autor überhaupt erst mit Rodin bekanntmachte. Sie teilte Rilkes Auffassung, man müsse das Leben der Kunst opfern. Doch sie litt darunter, dass sich ihr Mann nach der Geburt der Tochter Ruth alsbald aus dem Staub machte.

Der ewig rastlose Rilke starb am 29. Dezember 1926 in der Schweiz an einer seltenen Form der Leukämie. Sein Leben und Werk polarisieren bis heute und stecken voller Widersprüche. Rilke feierte das Schöne in den Blumen, besonders in den Rosen, beschrieb aber auch das Hässliche und Grausame im Leben. Er war ein eifriger Netzwerker, suchte aber auch die Einsamkeit. Er war kein Pazifist, aber auch kein Militarist. Vielleicht ist es gerade diese Vielgestaltigkeit, die bis heute den Reiz Rilkes für die Leser ausmacht.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.

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