Wer einen Regenbogen will, der braucht Regen. Das Nass vom Himmel fiel am Samstag beim sechsten Christopher Street Day (CSD) in Landshut reichlich. Davon ließen sich die vielen CSD-Teilnehmer aber nicht beeindrucken. Über 1.000 Menschen feierten ein friedliches und fröhliches Fest mit Parade durch die Altstadt und einem Fest auf dem Ländtorplatz. Was dieses Mal anders war als sonst: Bereits in den Morgenstunden zogen die Behörden ein massives Polizeiaufgebot in der Stadt wegen einer Gegendemonstration der Gruppe „Jung und Stark“ zusammen, die vom Verfassungsschutz wegen ihrer Nähe zu rechtsextremen Organisationen beobachtet wird.
Über 200 Polizisten sicherten deshalb bereits in den frühen Morgenstunden die Innenstadt. Nach Landshut beordert wurden dafür Kräfte des Unterstützungskommandos „USK“, Kräfte der Polizei, die auf schwere Ausschreitungen spezialisiert sind.
Zu denen kam es aber gar nicht erst. Bereits am Bahnhof wurden die rund 50 schwarz gekleideten und zum Teil vermummten Teilnehmer von der Polizei empfangen und von Gegendemonstranten abgeschirmt. Vom Bahnhof ging’s dann unter Polizeibegleitung zum Versammlungsort auf die Mühleninsel. Dort wurde eine Regenbogenfahne zerrissen, die „Perversen“ vom CSD beschimpft – und dann regnete es auch schon wieder heftig. Statt, wie angemeldet, um 16 Uhr, endete die Gegendemo bereits um 12.30 Uhr wieder. Das Wetter war offenbar zu schlecht für Hass-Botschaften.
Bereits in München hatte die Polizei einen Zug mit Anreisenden aus dem rechten und linken Spektrum gestoppt und kontrolliert, weil Rechte und Linke aneinandergeraten waren. Eine Gegen-Gegen-Demo des „Runden Tisch gegen Rechts“ am Bismarckplatz mit ca. 40 Teilnehmern verlief ebenfalls friedlich. Nur bei einigen wenigen Störern sei während des CSD konsequentes Einschreiten nötig gewesen, so die Polizei später in ihrer Bilanz. Neben einem tätlichen Angriff auf einen Polizeibeamten und Körperverletzungsdelikten habe es durch einzelne Teilnehmer versammlungsrechtliche Verstöße gegeben. „Die vorausschauende Planung, das zielgerichtete konsequente Einschreiten der eingesetzten Kräfte und das vorrangig friedliche Verhalten der meisten Teilnehmer hat maßgeblich zu einem überwiegend reibungslosen Versammlungsablauf beigetragen“, erklärte Einsatzleiter, Leitender Polizeidirektor Peter Böttinger nach der Veranstaltung in einer Pressemitteilung.
Umso lauter, bunter und gut gelaunter trotz Regenwetter ging es dann in der Landshuter Innenstadt zu. Wohl auch wegen der angekündigten rechten Gegen-Demo kamen trotz des nasskalten Herbstwetters weit über 1.000 Menschen und feierten ausgelassen den sechsten CSD. „Ich möchte mich ganz herzlich bei der Polizei, den Ordnungskräften und allen Organisatoren bedanken“, sagte Oberbürgermeister Alexander Putz bei seiner Rede nach der Parade auf dem Ländtorplatz. „Es ist uns gelungen, das Ganze heute friedlich und ohne große Provokationen über die Bühne zu bringen“, freute sich der Schirmherr des Landshuter CSD in seiner Ansprache auf dem Ländtorplatz. „Ich glaube, das zeigt auch, wie wichtig das Miteinander ist. Und wenn alle zusammenhelfen, dann kann man gemeinsam Flagge zeigen“, so Putz. Zeitgenossen wie die rechtsextremen Gegendemonstranten könnten einem Leid tun.
„Wie trostlos, wie eintönig, wie grau muss ein Leben sein, wenn jemand glaubt, er muss aufrufen zu einer Demonstration gegen so eine bunte Veranstaltung?“ Grußworte zum CSD sprach als Vertreter des Landkreises auch der stellvertretende Landrat Fritz Wittmann (Freie Wähler).
Der hörte dann, wie der Bundes- und Landesvorsitzende seiner Partei, Hubert Aiwanger, von CSD-Organisator Herbert Lohmeyer vom Verein „Queer in Niederbayern“ massiv kritisiert wurde: „Bayern ist immer noch das einzige Bundesland, das bis heute keinen queeren Aktionsplan hat“, so der Organisator des Landshuter CSD. Diesen Aktionsplan, der – wenn überhaupt – nicht vor 2026 kommen werde, werde bislang vom Stellvertretenden Bayerischen Ministerpräsidenten verzögert.
„Man könnte als Staatsregierung, wenn man wollte und es ernst meinen würde, diese queeren Aktionsplan Bayern auch sehr viel schneller erarbeiten, maximal in sechs Monaten“, so Lohmeyer. Und Lohmeyer weiter: „Zweimal gab es den Versuch, den Aktionsplan auf die Tagesordnung der Staatsregierung zu bringen. Und zweimal hat Hubert Aiwanger persönlich (...) diese Tagesordnungspunkte verhindert.“
Im Entwurf des Koalitionsvertrages zwischen CSU und Freie Wähler habe zwei Tage vor der Unterschrift der queere Aktionsplan Bayern zunächst noch dringestanden, sagte er. Bei der Unterschrift sei er dann aus dem Vertrag verschwunden gewesen, wofür Aiwanger gesorgt habe. Für den Vorsitzenden von „Queer in Niederbayern“ steht fest: „Liebe Community, das war nicht sein Bruder. Das war Hubert Aiwanger persönlich.“