Wiedereröffnung in Regensburg

Interview: Was ist neu im Haus der Bayerischen Geschichte?


Ein lebensgroßer Heißluftballon "landet" zur Wiedereröffnung im Regensburger Haus Der Bayerischen Geschichte.

Ein lebensgroßer Heißluftballon "landet" zur Wiedereröffnung im Regensburger Haus Der Bayerischen Geschichte.

Von Redaktion idowa

Das Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg meldet sich nach der Corona-bedingten Schließung zurück. Seit Dienstag sind die Pforten des Museums wieder offen und zum Einstand gibt es zwei neue Attraktionen zu bestaunen. Organisator Marc Spohr erzählt im Interview, warum Besucher sich die unbedingt anschaun sollten - und mit welchen Gegenständen das Museum die Corona-Zeit in Bayern verewigen will.

Das moderne Gebäude, in dem das "Haus der Bayerischen Geschichte" seit ziemlich genau einem Jahr eine neue Heimat hat, steht kaum zu übersehen am Donauufer der Regensburger Altstadt. Nun kehrt dort nach längerer Zwangspause wegen des Coronavirus wieder Leben ein. Museumsdirektor Richard Loibl freut sich über die Wiedereröffnung. "Wir haben die letzten Monate auf Hochtouren an unseren Projekten im Museum gearbeitet", erklärt er in einer Pressemitteilung.

"In Regensburg haben wir den Stopp genutzt, um die Dauerausstellung zu erneuern, was in Corona-Zeiten alles andere als leicht war." Für Kunstminister Bernd Sibler ist die Wiedereröffnung "ein wichtiger Meilenstein für das kulturelle Leben in Bayern". In den letzten Wochen habe es eine "Sehnsucht nach kulturellem Leben" im Freistaat gegeben, die die Besucher in Regensburg nun wieder befriedigen könnten.

Dies aber natürlich unter strengen Hygienemaßnahmen: Es gilt Maskenpflicht für alle Besucher, der Mindestabstand von 1,5 Metern muss eingehalten werden und Gruppenbildungen sind zu vermeiden. Die gute Nachricht: Im doch recht geräumigen Haus der Bayerischen Geschichte geht man laut Pressemitteilung trotz Begrenzung der zeitgleich möglichen Besucherzahl nicht von längeren Wartezeiten aus.

Nachgefragt: Das ist neu im Haus der Bayerischen Geschichte

Highlights der Wiedereröffnung sind zwei neue Exponate: Eine Fotoausstellung der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) mit dem Titel "Zeitlang", die für begrenzte Zeit sogar kostenlos im Foyer zu sehen ist, und ein neues Element der Dauerausstellung, wo jetzt ein Original-Ballon aus den späten 70er Jahren den Freistaat Bayern als Sehnsuchtsort der Demokratie verbildlichen soll. Was es damit auf sich hat, erklärt Museumsmitarbeiter Marc Spohr, der für die Organisation von Ausstellungen zuständig ist.

Herr Spohr, eine Ihrer neuen Installationen ist eine Foto-Ausstellung der beiden SZ-Journalisten Sebastian Beck und Hans Kratzer. Warum sollte man die denn gesehen haben?

Marc Spohr: Unsere Dauerausstellung greift ja gängige Bayern-Klischees auf und hinterfragt diese auch. Die SZ-Fotoausstellung wiederum zeigt eine ganz andere Seite des Freistaats: Beck und Kratzer haben bei ihren Streifzügen bewusst auch Motive abseits der Touristen-Zentren und Metropolen in den Blick genommen und auf ihren Fotografien offenbart sich eine karge, fast schon schroffe Idylle. Dieser alternative Blick auf Bayern ist für uns eine hervorragende Ergänzung unserer Dauerausstellung. Die Fotos sind kostenlos im Foyer zu sehen, wegen der Corona-Situation haben wir die Ausstellung bis 30. August verlängert.

Die neue Fotoausstellung trägt den Titel "Zeitlang" und beleuchtet Bayern aus einer ganz anderen Perspektive.

Die neue Fotoausstellung trägt den Titel "Zeitlang" und beleuchtet Bayern aus einer ganz anderen Perspektive.

Das zweite neue Exponat thematisiert den Flucht-Ballon von Naila, mit dem DDR-Bürger 1979 nach Westdeutschland geflohen und im Landkreis Hof gelandet sind. Warum ist das denn interessant?

In unserer Dauerausstellung legen wir den Fokus auf das moderne Bayern, und da vor allem auch auf die Demokratiegeschichte. Der Flucht-Ballon aus Naila ist deshalb eines unserer herausragenden Ausstellungsstücke - denn er steht dafür, dass 1979 zwei Familien bereit waren, alles zu riskieren und mit ihrem selbst konstruierten Heißluftballon nach Bayern zu fliehen, um hier in Freiheit und Demokratie leben zu können. Ein aussagekräftigeres Exponat kann ich mir nicht wünschen - und das Thema ist ja auch heute noch relevant: 2018 hat Michael "Bully" Herbig die Geschichte verfilmt, und obwohl wir die Original-Ballonhülle nur in einer Vitrine zeigen können, ermöglichen seine Requisiten es uns, den Ballon bei uns sozusagen durch die Decke "landen" zu lassen. Ich finde, das ist eine Inszenierung geworden, die man gesehen haben muss.

Was ist denn Ihr persönliches Lieblings-Exponat im Museum und warum?

Das ist für mich nicht leicht zu beantworten, weil wir in der Dauerausstellung meist mehrere Exponate auf sogenannten "Bühnen" inszenieren und zu großen Bildern zusammenstellen. Deshalb habe ich kein Lieblings-Objekt, aber eine Lieblings-Bühne: Unter dem Titel "Ois Chicago" beleuchten wir da das berühmte Bayern-Bild von "Laptop und Lederhos'n", das eigentlich tatsächlich schon im späten 19. Jahrhundert entsteht. Wir kombinieren hier einen gigantischen Scheinwerfer von der Nürnberger Firma Schuckert mit einem Bühnenbild des Schlierseer Bauerntheaters - wie das jetzt inhaltlich zusammengeht, sollten sich die Besucher am besten selbst im Museum anschauen.

Die Coronavirus-Pandemie beschäftigt uns ja in Bayern schon seit einiger Zeit und wird uns wohl auch noch länger beschäftigen, sie hat das Land und die Menschen also schon irgendwie geprägt. Denken Sie denn, dass die Corona-Krise irgendwann ihren Weg als Themenbereich ins Haus Der Bayerischen Geschichte finden wird?

Unsere Dauerausstellung ist nach Generationen aufgeteilt, und die heutige Gegenwart - inklusive Corona - wird nach unserem Konzept 2025 "museumsreif". Sollten sich die Auswirkungen der Pandemie also zu einem prägenden Faktor unserer Generation entwickeln, werden wir das dann sicher thematisieren. Wir bauen derzeit auch eine eigene Museums-Sammlung auf und suchen da bereits konkret nach Gegenständen, die im Zusammenhang mit Corona stehen - wobei wir natürlich nicht jedes "Vorübergehend geschlossen"-Ladenschild sammeln.

Das ergibt wohl Sinn, aber was haben Sie dann für Objekte gesammelt bisher?

Wir haben schon einige Stücke gesammelt und legen dabei zum Beispiel den Fokus auf ausgefallene Großveranstaltungen wie das diesjährige Oktoberfest. Ein Objekt ist etwa ein Spielball der abgesagten Europameisterschaft 2020, die ja auch in München einen Austragungsort gehabt hätte. Mit solchen Objekten lassen sich die Auswirkungen des Virus erzählen - aber so wie es aussieht, wird sich Corona ja auf alle Bereiche des Lebens irgendwie auswirken, weshalb wir auch in alle Richtungen die Augen offen halten.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Spohr!

Im Haus der Bayerischen Geschichte können Besucher aber auch viele weitere einzigartige Gegenstände aus der Landesgeschichte von der Jungsteinzeit bis zur digitalen Gegenwart bestaunen. Einige Impressionen finden Sie in unserer Bildergalerie:

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Mit seiner etwas "klotzigen", modernen Architektur hat sich das Museum in Regensburg nicht nur Freunde gemacht.

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Mit seiner etwas "klotzigen", modernen Architektur hat sich das Museum in Regensburg nicht nur Freunde gemacht.

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Im Foyer begrüßt ein original Oktoberfest-Bierzeltlöwe aus den 1970er Jahren die Besucher.

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Im Foyer begrüßt ein original Oktoberfest-Bierzeltlöwe aus den 1970er Jahren die Besucher.

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Mehrere Exponate widmen sich Bayerns "königlicher" Vergangenheit.

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Mehrere Exponate widmen sich Bayerns "königlicher" Vergangenheit.

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Mehrere Exponate widmen sich Bayerns "königlicher" Vergangenheit.

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Mehrere Exponate widmen sich Bayerns "königlicher" Vergangenheit.

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Mehrere Exponate widmen sich Bayerns "königlicher" Vergangenheit.

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Auch einen Original-Drachen vom "Further Drachenstich" gibt es zu sehen - sogar in Bewegung!

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Brauereikultur und Landwirtschaft dürfen in einem Museum über bayerische Geschichte natürlich nicht fehlen.

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Brauereikultur und Landwirtschaft dürfen in einem Museum über bayerische Geschichte natürlich nicht fehlen.

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Prägende Figuren wie Franz Joseph Strauß finden sich im Haus Der Bayerischen Geschichte zuhauf.

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Das bayerische Landeswappen können Besucher an vielen Stellen entdecken.

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Standesgemäß gehören auch eine Gastwirtschaft und ein Biergarten zu dem Regensburger Museum. Beide öffnen am 26. Mai wieder ihre Pforten.