Weniger Wartezeit?

Ärzteschaft skeptisch gegenüber Spahns Gesetz


Erntet vonseiten der Ärzteschaft nicht nur Zustimmung für sein Gesetz: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Erntet vonseiten der Ärzteschaft nicht nur Zustimmung für sein Gesetz: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Von Stefan Karl

Gegen die Stimmen der Opposition hat die Berliner GroKo am Donnerstag ein Gesetz beschlossen, das für Kassenpatienten die Wartezeiten auf einen Arzttermin verkürzen soll. Bei der Ärzteschaft allerdings hält sich die Begeisterung in Grenzen. "Der Gesetzentwurf ist geprägt von einem tiefen Misstrauen gegenüber der Ärzteschaft und ihren Standesorganisationen. Dabei haben die Praxen stets bewiesen, dass sie in der Lage sind, die Terminvergabe in eigener Verantwortung mehr als zufriedenstellend zu gestalten", heißt in der Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zeigte sich am Donnerstagmittag überzeugt, die richtigen Stellschrauben gedreht zu haben. "Ich bin fest davon überzeugt, dass das den Alltag der Patienten spürbar verbessert", sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Nach den neuen Vorgaben sollen Praxisärzte wöchentlich mindestens 25 statt 20 Stunden für gesetzlich Versicherte anbieten müssen. Das Gesetz fordert außerdem ab Anfang 2020 Termin-Servicestellen für Patienten, die täglich rund um die Uhr erreichbar sein sollen, um die Versorgung in den Randzeiten sicherzustellen.

Laut Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) geht Spahns Gesetz in vielen Punkten an der Realität vorbei: "Von Seiten der KVB aus erkennen wir hier keinen Vorteil", erklärte Martin Eulitz, der Sprecher der KVB auf Anfrage von idowa, "da die meisten Praxen schon heute weit über die nun geforderten 25 Stunden pro Woche für ihre Patienten - egal, wie diese versichert sind - zur Verfügung stehen." Zudem gebe es in Bayern für die sprechstundenfreien Zeiten beispielsweise an Wochenenden und Feiertagen einen Ärztlichen Bereitschaftsdienst mit zentral gelegenen Bereitschaftspraxen und einem separaten Fahrdienst für medizinisch notwendige Hausbesuche.

Dahingegen hat das neue Gesetz laut Eulitz durchaus Problempotenzial: "Eine negative Auswirkung des Gesetzes könnte es sein, dass junge Ärztinnen und Ärzte durch die Bevormundung durch die Politik, was die Gestaltung ihrer Praxisorganisation angeht, davon abgehalten werden, selbst eine Praxis zu eröffnen oder eine bestehende Praxis zu übernehmen. Das würde den gerade im ländlichen Raum vielerorts bereits bestehenden Ärztemangel noch weiter verschärfen."

Aus Sicht der Ärztevertreter, scheint also wenig übrig zu bleiben von den erhofften Vorteilen, die das Spahn-Gesetz bringen soll. Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, äußerte sich ebenfalls skeptisch zu Spahns Terminservice- und Versorgungsgesetz. Bei vielen Aspekten würden sich die spezifischen Folgen für die Versorgung erst in der Umsetzung zeigen, sagte er laut einer dpa-Meldung der "Rheinischen Post". Zudem würden die Verbesserungen die Versorgung auch teurer machen.

Immerhin - wo es um Geld geht, werden Minister und Ärzte sich einig: "An dem Gesetz ist positiv zu beurteilen, dass mehr Leistungen auch zusätzliches Honorar nach sich ziehen sollen, also mehr Mittel in die ambulante Versorgung der Patienten fließen sollen", erklärt Martin Eulitz von der KVB. "Es handelt sich hier um Honorarzuschläge beziehungsweise extrabudgetäre Vergütung für bestimmte ärztliche Leistungen, etwa für von der Terminservicestelle vermittelte Patienten und im Rahmen der ‚offenen Sprechstunde'. Hier bleibt allerdings abzuwarten, wie diese Regelungen dann konkret umgesetzt werden, um zu beurteilen, welche Wirkung sie haben."