Weil ein Anwalt zu spät kam

1928 bekam der Straubinger Stadtturm eine Uhr mit Atom-Zeit-Garantie


Die Stadtturmuhr hat einen Durchmesser von 7,30 Meter.

Die Stadtturmuhr hat einen Durchmesser von 7,30 Meter.

Von Tanja Pfeffer

Im vierten Stock tickt das Herz des Straubinger Stadtturms, die riesige Uhr, die Prozesse, Krieg und atomgenaue Steuerung kennt. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Inflation gab es heftige Debatten über die Anschaffung einer neuen Turmuhr, kann man bei Hans Vicari, "Stadtturm Straubing", erschienen 2001, nachlesen. Den endgültigen Ausschlag gab wohl eine Klage eines Rechtsanwalts: "Die alte Uhr aus den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, von der Firma Mannhardt aus München geordert, ging dauernd nach. So machte ein Rechtsanwalt aus Straubing, Müller mit Namen, die Stadt regresspflichtig, weil er sich bei seinen Vorbereitungen auf die zu spät gehende Stadtturmuhr verließ und dadurch den Zug nach Landshut versäumte. Er verlor den Prozess, weil er zu spät kam.

Münchner, dann Frankfurter Zeit

Die richtige Zeit wurde dann in München bestellt, da schlagen die Uhren auch nicht anders. Am 14. August 1928 begannen die Monteure der Mannhardt'schen Turmuhrenfabrik das Uhrwerk im Stadtturm zu montieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg - bei Bombenangriffen blieb sie wegen der Erschütterungen stehen -, berichtet Vicari, hatten die Straubinger kurz Angst, dass sie als Kriegsbeute gestohlen wird. Sie lief ja nun präziser, aber immer noch nicht ganz genau. Daher wurde das neue Uhrwerk, das bereits 50 Jahre alt war, auf Funkfernsteuerung umgeschaltet. Am Dienstag, 24. Juli 1979, titelt das Straubinger Tagblatt: "Stadtturmuhr zeigt absolute Atom-Zeit an". Das Uhrwerk wird von einer funksynchronisierten Quarz-Hauptuhr gesteuert. Das Gerät sei im niederbayerischen Raum einmalig und garantiere absolute Atom-Zeit. Der Sender DCF 77 in Mainflingen bei Frankfurt synchronisiert die Turmuhr automatisch. Dumm nur, dass im Winter bei Schnee und Frost sich zuviel Eis an den Zeigern ablagert. Dann reicht die Kraft des Uhrwerks nicht mehr aus, diese zu bewegen. Die Zeit steht still, solange bis es taut und bis es wieder die eingefrorene Uhrzeit schlägt. Nun wird die Uhr wieder angeschaltet, vor- oder zurückstellen geht nämlich nicht. Das Ziffernblatt der Straubinger Stadtturmuhr gilt übrigens mit seinem Durchmesser von 7,30 Metern als das zweitgrößte in Deutschland. Die 37 Kilogramm schweren Stundenzeiger sind je 3,36 Meter lang, die Stundenzeiger wiegen 42 Kilogramm und sind 4,42 Meter lang.