Was sagt der Gesetzgeber?

Knapp über 200 Ehen Minderjähriger in Bayern


Diese Zahl ließ Ende September deutschlandweit aufhorchen: allein in Hessen sind 125 ausländische Minderjährige verheiratet. Dabei sind doch Ehen Minderjähriger in Deutschland seit Juli 2017 per Gesetz verboten. (Symbolbild)

Diese Zahl ließ Ende September deutschlandweit aufhorchen: allein in Hessen sind 125 ausländische Minderjährige verheiratet. Dabei sind doch Ehen Minderjähriger in Deutschland seit Juli 2017 per Gesetz verboten. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Diese Zahl ließ Ende September deutschlandweit aufhorchen: allein in Hessen sind 125 ausländische Minderjährige verheiratet. Dabei sind doch Ehen Minderjähriger in Deutschland seit Juli 2017 per Gesetz verboten. Wie ist das also möglich? Und wie viele dieser Fälle gibt es in Bayern?

Die aktuellen Zahlen Hessens gab das Innenministerium bekannt. Demnach sind dort aktuell 125 ausländische Minderjährige verheiratet. Das sorgte für eine Welle der Entrüstung. Denn Ehen Minderjähriger sind in Deutschland seit 2017 verboten. Wieso werden diese Ehen also nicht annulliert? Die Antwort darauf ist offenbar denkbar einfach: weil sie für den Gesetzgeber schlichtweg nicht existieren.

Ein Sprecher des Bayerischen Innenministeriums bringt gegenüber idowa Licht ins Dunkel: "Die Aussage, wonach Ehen Minderjähriger in Deutschland verboten sind, ist in dieser Form verkürzt. Richtig ist, dass eine Eheschließung in Deutschland durch Minderjährige ausgeschlossen ist." Doch auch wenn die Ehen im Ausland geschlossen wurden, gibt es Einschränkungen. "Wenn der Minderjährige zum Zeitpunkt der Eheschließung noch keine 16 Jahre alt war, dann ist diese Ehe in Deutschland ungültig. War der Minderjährige bei der Eheschließung im Ausland allerdings bereits 16 Jahre alt, dann kann die Ehe durch das Familiengericht lediglich aufgehoben werden", erklärt der Sprecher des Innenministeriums weiter. Doch auch eine Aufhebung der Ehe kann unter bestimmten Bedingungen ausgeschlossen sein. Nämlich dann, "wenn der minderjährige Ehegatte zwischenzeitlich volljährig geworden ist und zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will."

Wie viele solcher Ehen gibt es aktuell in Bayern?

Nach Auskunft des Bayerischen Innenministeriums waren bei der letzten Erfassung vor drei Jahren 170 Asylsuchende unter 18 Jahren im Freistaat als verheiratet registriert. Bei den unter 16-Jährigen waren es 25 Ehen und bei den unter 14-Jährigen elf Ehen. Wäre eine Annullierung dieser Ehen nicht trotzdem sinnvoll? Wir haben den Bayerischen Landesverband des Zentralrats der Muslime (ZMD) damit konfrontiert. "Eine Aufhebung von bereits geschlossenen Ehen ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg. Vor allem dann nicht, wenn die Familie Kinder hat", sagt Mohamed Abu El-Qomsan. Allerdings differenziert der Zentralrat der Muslime. "Bei nachgewiesener Zwangsheirat unterstützen wir eine Aufhebung der Ehe", so Abu El-Qomsan.

Der Vorsitzendes des ZMD-Landesverbandes Bayern betont aber auch, dass es sich "bei den genannten Ehen von Minderjährigen um einen kulturellen Hintergrund handelt, nicht aber um einen religiösen". Daher unterstütze der ZMD dies nicht. Abu El-Qomsan: "Wir sind der Auffassung, dass Familiengründung die seelische und körperliche Reife beider Parteien erfordert, was bei Minderjährigen unter 18 Jahren in der Regel nicht der Fall ist."

Doch genießen auch Ehen Minderjähriger hierzulande steuerliche Vergünstigungen? Wir haben hierzu bei Claudia Kittel nachgefragt. Sie ist die Leiterin der Monitoring-Stelle der UN-Kinderrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte. Kittel: "Da Ehen, die im Ausland geschlossen wurden und bei denen der minderjährige Ehepartner bei der Eheschließung unter 16 Jahre alt war, für den Gesetzgeber nicht existieren, bestehen hierbei auch die sonst üblichen steuerlichen Vorteile nicht." Ihr besonderer Kritikpunkt hierbei sei ein anderer. "Bei der Ankunft in Deutschland gibt es in diesen Fällen daher auch keine Prüfung, ob in dem jeweiligen Fall eine Zwangsehe vorliegt. Insbesondere die Mädchen, die davon ja meist betroffen sind, müssten hier besser geschützt werden", fordert Kittel.