Waldkirchen/Vilshofen

Eishockey-Fans? Wie Krawallmacher "ihren" Verein schädigen


Von Matthias Jell und Redaktion idowa

Kräftemessen am Sonntagabend beim Niederbayern-Derby ESV Waldkirchen gegen den ESC Vilshofen in der Eishockey-Landesliga. Sportlich behielt am Ende der Gastgeber hauchdünn mit 5:4 nach Verlängerung die Oberhand. Ausschreitungen nach Spielschluss überschatteten die Partie jedoch.

Etwa 400 Zuschauer wollten das Derby am Sonntag in Waldkirchen sehen. Während des Spiels kam es zu den üblichen Frotzeleien in Form von Fangesängen. "Das ist normal und war alles noch im Rahmen", sagt Edi Krutsch, 1. Vorstand des ESV Waldkirchen, gegenüber idowa. Wie die Situation dann allerdings nach Spielschluss derart eskalieren konnte, dafür habe er "keine Erklärung". Er habe die Entstehung nicht beobachtet.

Laut Polizei gerieten gegen 19.50 Uhr etwa 20 Fans aus Waldkirchen und Vilshofen im Fanblock aneinander. Inmitten der Tumulte wurde ein 19-jähriger Vishofener von einem bislang unbekannten Täter derart heftig geschubst, dass er den Halt verlor, mit dem Rücken gegen eine Betonstufe knallte und verletzt am Boden liegen blieb. Eine 18-Jährige aus Vilshofen eilte dem jungen Mann zu Hilfe und beugte sich schützend über ihn. Es ging drunter und drüber. In dem Gerangel stieg ein bislang Unbekannter der jungen Frau aufs Handgelenk und verletzte sie dabei. Die Polizei sucht nun nach Zeugen zur Aufklärung des Falles.

Lesen Sie auch: Verletzte Zuschauer bei Eishockeyspiel

"Nur mit Mühe gelang es den eingesetzten Polizeibeamten, Ordnern und Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes, die Fans voneinander zu trennen", berichtet Polizeisprecher Thomas Kern. Laut Kern nicht der erste Vorfall dieser Art: "Am 10. November waren im Spiel gegen den ERSC Amberg ebenfalls Fangruppen aneinander geraten. Es kam zu Becherwürfen und Beleidigungen." Insbesondere Teile der Amberger Ultra-Gruppierung sind in den vergangenen Jahren immer wieder negativ aufgefallen. Entsprechende Stadionverbote wurden bereits ausgesprochen.

"Holen uns das Geld vom Fanclub wieder"

"Ich bin jetzt seit über 40 Jahren im Verein, aber diese Entwicklung seit ein paar Jahren ist erschreckend", berichtet Christian Altmann, Vorstand des ESC Vilshofen. Immer wenn es gegen den ERSC Amberg ginge, müsse man von Vereinsseite entsprechend gerüstet sein. Das bedeutet mehr Polizei und auch Security. Den Sicherheitsdienst müssen die jeweiligen Vereine aus der eigenen Tasche bezahlen. Insbesondere im Amateurbereich könnte man dieses Geld an anderer Stelle dringender brauchen. "Wir sind mittlerweile dazu übergangen, dass wir uns das Geld von unserem Fanclub wieder reinholen, wenn wir vom Verband zu Strafzahlungen verdonnert werden", schildert Altmann die Vorgehensweise beim ESC Vilshofen. Erst kürzlich sei dies der Fall gewesen, als einige Fans bei einem Auswärtsspiel verbotene Pyrotechnik verwendet hätten. 250 Euro musste der ESC Vilshofen dafür an den Verband blechen.

Generell fehlt Altmann das Verständnis für so einige Ultras - egal von welchem Verein: "Ich habe den Eindruck, das Spiel an sich interessiert die relativ wenig. Stattdessen geht es mehr darum, die bessere Choreographie als die anderen Ultras zu haben und sie durch entsprechende Schlachtgesänge zu provozieren." Bei dem ein oder anderen lägen dann in Verbindung mit Alkohol die Nerven blank. "Wären es immer die gleichen Krawallbrüder, wäre es einfacher. Dann könnte man Stadionverbote verhängen und fertig", sagt Altmann über das Problem.

Verstärktes Polizeiaufgebot beim Rückspiel in Vilshofen

Dass es überhaupt im Amateurbereich zu solchen Gewalttaten kommt, sei laut Edi Krutsch ein "Spiegelbild der heutigen Gesellschaft". Krutsch: "Die Hemmschwelle für Gewalt wird immer niedriger. Vereinzelt sind dann leider immer wieder mal welche dabei, die sich gar nicht für das sportliche Geschehen interessieren, sondern die nur Ärger machen wollen." Dabei ist es gar nicht so leicht, diese Krawallmacher herauszufiltern, um dann entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Das bestätigt auch Thomas Kern: "Stadionverbote können ja nur gegen konkrete Personen verhängt werden. Dazu muss aber erst eindeutig erwiesen sein, dass diese Personen Straftaten begangen haben."

Auch Edi Krutsch ist in dieser Angelegenheit besorgt: "Ich habe schon überlegt, ob wir in solchen Risikospielen die Gäste-Ultras überhaupt noch bei uns ins Stadion lassen sollen." Wegen der gestrigen Ausschreitungen gegen Vilshofen rechnet Krutsch mit einer erneuten Strafzahlung an den Verband. Sein Gegenüber, Christian Altmann, sieht das anders: "So eine Strafe wird ja nur dann fällig, wenn die Schiedsrichter eine entsprechende Zusatzmeldung an den Verband verfasst haben. Als es zu der Rauferei kam, waren die Schiedsrichter aber schon gar nicht mehr da."

Zündstoff allemal für das Rückspiel am 30. Dezember in Vilshofen. Einen etwaigen "Racheakt" befürchten aber weder Krutsch noch Altmann. Dennoch trifft die Polizei entsprechende Vorkehrungen. "Wir haben uns bereits mit unseren Vilshofener Kollegen verständigt. Bei dem Spiel wird mit Sicherheit ein verstärktes Polizeiaufgebot vor Ort sein", bestätigt Thomas Kern. Dass durch den jüngsten Vorfall einige normale Zuschauer aus Angst fernbleiben könnten, befürchtet Christian Altmann nicht: "Da braucht niemand Angst haben. Auch wir werden uns nochmal mit der Polizei kurzschließen und entsprechend vorbereitet sein. Außerdem befinden sich die Fanblocks sowieso gesondert von den Plätzen der normalen Zuschauer."