Von der Gefriertrocknung bis ins All Ein Experte verrät die kuriosesten Bestattungsarten

Professor Dr. Torsten Barthel ist Professor für allgemeines Verwaltungsrecht an der Hochschule für Verwaltung in Hannover und Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei in Berlin, die sich auf das Friedhofs- und Bestattungsrecht spezialisiert hat. Er hat zudem das "Handbuch zum Friedhofs- und Bestattungsrecht" verfasst. Foto: Brigitte Dummer/imago

Nicht nur zu Lebzeiten hat man sich an Gesetze zu halten. Selbst im Tod herrscht keine Willkür. Hier gelten Bestattungsrecht und der sogenannte Friedhofszwang. Was es damit und mit einer Gefriertrockungsbestattung auf sich hat, das erklärt Prof. Dr. Torsten Barthel im Interview mit idowa. Er ist Professor für allgemeines Verwaltungsrecht an der Hochschule für Verwaltung in Hannover und Inhaber einer Anwaltskanzlei in Berlin, die sich auf das Friedhofs- und Bestattungsrecht spezialisiert hat.

Herr Prof. Dr. Barthel, wie ist das Bestattungsrecht in Deutschland geregelt?

Prof. Dr. Torsten Barthel: Das Friedhofs- und Bestattungsrecht in Deutschland ist entsprechend den föderalen Strukturen geregelt. Das bedeutet, dass jedes Bundesland ein eigenes Friedhofs- und Bestattungsgesetz erlassen hat. Die Ländergesetze unterscheiden sich zum Teil auch ganz erheblich voneinander. Das bayerische Landesrecht kann grundsätzlich als konservativ angesehen werden.

Der Trend geht offenbar auch in Deutschland immer mehr zur Feuerbestattung. Viele Menschen äußern dabei den Wunsch, dass es für sie ein beruhigender Gedanke wäre, wenn Familienangehörige die Urne mit der Asche zu Hause aufbewahren oder im heimischen Garten beerdigen dürften. Warum ist das in Deutschland nicht möglich?

Barthel: In der Tat geht in Deutschland der Trend ganz klar in Richtung Feuerbestattung. Man kann wohl von einer Feuerbestattungsquote von 70 Prozent im Durchschnitt ausgehen. Häufig äußern dabei Angehörige den von Ihnen genannten Wunsch. In Deutschland ist diese Umsetzung allerdings wegen des Friedhofszwanges rechtlich nicht möglich. Dieser soll garantieren, dass im Falle von Leichenbestattungen eine hygienisch einwandfreie Verwesung gewährleistet wird.

Darum gibt es den Friedhofszwang

Weshalb dürfen dann aber Haustiere wie Hunde oder Katzen im heimischen Garten beerdigt werden? Eine hygienisch einwandfreie Verwesung kann dabei doch auch niemand gewährleisten.

Barthel: Da haben Sie an sich ganz recht. Allerdings dürfen nur einzelne Kleintiere (Hamster, Kanarienvogel, Katze oder kleine Hunde) auf dem eigenen Grundstück vergraben werden. Alle anderen toten Tiere müssen per Gesetz einer Tierkörperbeseitigungsanstalt zugeführt werden.

Gibt es in Deutschland auch Ausnahmefälle?

Barthel: In Bremen ist zum Beispiel die Ascheausstreuung, beziehungsweise das Vergraben der Asche eines verstorbenen Menschen auf dem Privatgrundstück möglich. Ansonsten ist der Friedhofszwang aber eine traditionelle Grundlage des deutschen Bestattungswesens. Er soll außerdem auch einen pietätvollen Umgang mit der Asche gewährleisten.

Den zugehörigen Artikel zum Thema lesen Sie hier: Selbst im Tod nur begrenzte Freiheit

Kann man den Friedhofszwang umgehen?

Gibt es denn eine legale Möglichkeit, dieses Verbot in Deutschland zu umgehen? Beispielsweise den Leichnam im Ausland einäschern zu lassen und dadurch dann die Urne behalten zu dürfen?

Barthel: Nein, die gibt es nicht. Man kann eine Einäscherung im Ausland durchführen lassen, das ist legal. Und man darf die Urnen anschließend auch wieder nach Deutschland einführen, unterliegt dann allerdings dem deutschen Recht und muss die Urne einem Friedhof übergeben. Durch eine besondere Bestattungsart, der sogenannten Tree-of-life-Bestattung, wird versucht, dies zu umgehen. Allerdings ist diese Bestattungsart nur in Sachsen-Anhalt offiziell zugelassen. Dabei wird in den Wurzelstumpf eines Baumes die Asche eines verstorbenen Menschen eingefügt, dieser Baum dann im Ausland in einem Pflanzkübel ein halbes Jahr aufbewahrt und der Kübel samt Baum dann nach Deutschland ausgeliefert. Angeblich soll der Baum die Asche dann absorbiert haben. Das ist allerdings nicht zutreffend.

Friedhofszwang für alle also…

Barthel: Viele Menschen umgehen tatsächlich illegal den Bestattungszwang auf einem Friedhof, denn nach der Ausfuhr der Leiche erfolgt bei der Einfuhr der Urne keine weitere Kontrolle.

Wie wird das Thema Friedhofszwang denn in anderen europäischen Ländern gehandhabt?

Barthel: In den meisten europäischen Ländern besteht die Möglichkeit, dass Angehörige die Asche eines Verstorbenen zu Hause aufbewahren oder sogar in Binnengewässer ausstreuen können. In der Schweiz kann man die Asche in den Bergen verstreuen oder die Urne in Felsspalten beisetzen lassen. Allerdings sind diese Grundstücke auch in der Schweiz als Friedhof gewidmet. Die Kosten für eine solche Bestattung sind überschaubar und liegen nur bei etwa 300 bis 500 Euro.

Asche in den Weltraum oder den Leichnam gefriertrocknen

Was sind denn die außergewöhnlichsten Bestattungsarten, die Ihnen bekannt sind?

Barthel: Dazu gehört meines Erachtens die Weltraumbestattung. Dabei wird ein kleiner Teil der Totenasche in den Weltraum geschossen, wo sie dann entweder verglüht oder in die ewige Umlaufbahn eintritt. Diese Art der Bestattung ist mittlerweile ab etwa 5.000 Euro möglich. Allerdings muss der Rest der Asche dann auf einem Friedhof beigesetzt werden, da nur etwa 5 Gramm in den Weltraum geschossen werden. Kurios ist auch die Gefriertrocknungsbestattung. Dabei wird der Leichnam bei minus 190 Grad Celsius gefriergetrocknet und dann durch einen Rüttler in kleine Splitter verwandelt, die dann in einem Holzsarg beigesetzt werden. Diese Bestattungsart wurde in Schweden erfunden. Merkwürdigerweise hat der niedersächsische Gesetzgeber diese Bestattungsart sogar im niedersächsischen Bestattungsgesetz aufgenommen und eine Verordnungsermächtigung für die Landesregierung dafür vorgesehen. Bislang hat man davon allerdings noch keinen Gebrauch gemacht.

Ganz so exotisch muss es ja nun nicht gleich sein, aber wie stehen denn die Chancen, dass das vorhandene Bestattungsrecht in Deutschland künftig zumindest gelockert wird?

Barthel: Bislang hält man hier an dem recht konservativen Bestattungsrecht fest. Allerdings gibt es gewisse Lockerungstendenzen. Landesgesetzgeber in Brandenburg und Niedersachsen haben versucht, das Bestattungsrecht zu lockern. Die jeweiligen Landtage haben diese Gesetzesentwürfe aber im vergangenen Jahr relativ rigide abgelehnt. Niedersachsen wollte zum Beispiel die Umbettung ohne einen besonderen Grund ermöglichen, sodass man bei einem Umzug beispielsweise die Urne der verstorbenen Oma einfach hätte mitnehmen können. Dies hat das Parlament allerdings abgelehnt.

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