Viel Not, keine Lösung

Bayern will an Grenze nun auch Lkw-Verbote


Fahrzeuge stehen beim Autobahndreieck Inntal am Grenzübergang Kufstein im Stau. (Archivbild)

Fahrzeuge stehen beim Autobahndreieck Inntal am Grenzübergang Kufstein im Stau. (Archivbild)

Von dpa

Getreu dem Motto "Wie du mir, so ich dir" will Bayern bald mit eigenen Straßensperrungen für Lastwagen auf die Blockabfertigungen an der Grenze zu Tirol reagieren.

Es ist jedes Jahr das gleiche Lied: Um den nervtötenden Lastverkehr auf den Autobahnen zu reduzieren, lässt Tirol tageweise nur abgezählte Lkw die Grenzen passieren. Nachdem Bayern die so entstehenden Staus bislang nur mit Worten kritisiert hat, kündigt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nun Gegenmaßnahmen an. Auch im Freistaat soll es Auflagen für Lastwagen geben. Dass das Problem so gelöst wird, glaubt niemand. Dennoch ist viel Verständnis zu hören. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Dauerstreitthema:

Was genau fordert Söder?

An den Tagen mit Tiroler Blockabfertigung soll es auch in den bayerischen Landkreisen Restriktionen für Lastwagen geben: Abfahr-Verbote für Lkw von den Autobahnen 8 und 93 und Fahrverbote auf Landstraßen. "Andernfalls droht uns auf den Nebenstrecken nach Salzburg und durchs Inntal der Verkehrsinfarkt", lässt sich Söder im "Münchner Merkur" zitieren. Rückendeckung bekommt er dabei erwartungsgemäß von den Landräten in den betroffenen Regionen.

Worum geht es bei dem Transit-Streit?

Die Route von Bayern über das Inntal und den Brenner nach Italien ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Achsen in Europa - und ein Nadelöhr. Um die zum Brenner führende Inntalautobahn zu entlasten, beschränkt Tirol seit Jahren die Einreise für Lastwagen - in diesem Jahr bisher an 38 Tagen. Am Grenzübergang Kufstein/Kiefersfelden dürfen dann pro Stunde höchstens etwa 300 aus Deutschland kommende Lkw einreisen. Gegebenenfalls wird der Schwerverkehr auch völlig zum Erliegen gebracht. Dies führt regelmäßig zu Staus bis ins Münchner Umland.

Kann Bayern Söders Forderungen alleine umsetzen?

Nein, der Freistaat kann sozusagen nur den polizeilichen Rahmen setzen, der garantiert, dass die Durchfahrtsverbote der Landkreise auch kontrolliert und durchgesetzt werden. Die Anordnung für Fahrverbote von Lastwagen auf Landstraßen muss durch die Kreise erfolgen, die geforderten Sperrungen der Autobahnabfahrten sind alleinige Sache des Bundes. Dieser hat sich bisher aber noch nicht zu den Forderungen geäußert. In Bayern sollen jetzt das Verkehrs- und das Innenministerium schnell entsprechende Konzepte erstellen.

Wie reagierte Tirol auf die Ankündigung?

Tirols Landeshauptmann Günther Platter gibt sich gelassen und wertet die Forderungen als Bestätigung für seine eigenen Blockabfertigungen: "Der Transitverkehr entlang des Brennerkorridors entsteht nicht in Tirol oder Bayern. Vielmehr sind wir Opfer einer verfehlten europäischen Verkehrspolitik, die den Transport auf der Straße stark begünstigt und in den vergangenen Jahren eine Transitlawine ausgelöst hat", sagte er in Innsbruck. Daher brauche es eine Gesamtlösung auf europäischer Ebene.

Welche Lösungen sind denkbar?

Dauerhafte Entlastung soll eine Verlagerung des Lastverkehrs auf die Schiene bringen, jedoch hinkt der Ausbau des Schienenweges, des Brennerbasistunnels, allen Zeitplänen hinterher. Eine Inbetriebnahme soll frühestens in zehn Jahren möglich sein.

Bayern, Tirol und Südtirol haben sich schon vor längerem für eine höhere Maut auf der Strecke ausgesprochen. Diese soll den Verkehr lenken und auf andere Routen verlagern. Politisch setzt Bayern auf die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich durch die EU-Kommission, da sie Zweifel daran hat, dass die Tiroler Grenzaktivitäten mit dem EU-Recht vereinbar sind. Seit Jahren gibt es hier aber ebenfalls keine Bewegung.

Wie sagt die bayerische Wirtschaft?

"Angesichts der Belastungen auf den betroffenen Straßen und in den betroffenen Ortschaften sind das nachvollziehbare Überlegungen", sagte Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern. Zugleich betonte er aber, dass die IHK auf einen konstruktiven Dialog zwischen allen Beteiligten setze "und nicht stur auf Symbolpolitik, die die Probleme ohnehin nur verlagert". Im Alpenraum und europaweit müssten mehr Güter und Container auf die Schiene - das entlaste die Straßen und die Umwelt. Der Bund müsse die Planungen für den Brenner-Nordzulauf vorantreiben.

Gibt es auch Kritik an Söders Forderung?

Ja, bei den Praktikern: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das viel hilft", sagte Sebastian Lechner, Präsidiumsmitglied des Landesverbandes Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) der dpa in München. Der Verkehr werde sich bei allem Verständnis für die Anwohner noch weiter verdichten und die Situation auf den Autobahnen weiter verschärfen. Hinzu komme, dass die Kontrollen schwierig oder kaum möglich seien. "Wir sehen deshalb darin eine weitere Belastung für die heimische Transportwirtschaft."

Wie geht es weiter?

Wenn es nach dem Wunsch Söders geht, könnte es schnell gehen, bis zumindest die Landstraßen in den betroffenen Regionen - etwa im Landkreis Rosenheim und im Berchtesgadener Land - an den Tagen mit österreichischer Blockabfertigung für Lastwagen gesperrt werden. Wann genau, ist aber noch offen.