"Unmöglich, was hier passiert"

Nawalny nach Rückkehr in Russland zu Haft verurteilt


Der Kremlkritiker Alexej Nawalny wartet in einer Polizeistation in Khimki auf eine Gerichtsverhandlung.

Der Kremlkritiker Alexej Nawalny wartet in einer Polizeistation in Khimki auf eine Gerichtsverhandlung.

Von mit Material der dpa

Einen Tag nach seiner Festnahme wird Alexej Nawalny der Prozess gemacht - vor einem Gericht auf einer Polizeistation. Der Kremlkrititiker spricht von einer neuen Stufe der "Gesetzeslosigkeit". Auch die Kanzlerin meldet sich zu Wort.

Ein russisches Gericht hat den Kremlgegner Alexej Nawalny nach seiner Rückkehr aus Deutschland in einem Eilverfahren zu 30 Tagen Haft verurteilt.

Der 44-Jährige habe gegen Meldeauflagen nach einem früheren Strafprozess verstoßen, hieß es am Montag. Der Oppositionsführer kritisierte das Verfahren als politische Inszenierung mit dem Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen.

Nach seiner Rückkehr von Berlin nach Moskau hatte von dem 44-Jährigen seit Sonntag zunächst jede Spur gefehlt. Am Montag fand er sich plötzlich vor einem Gericht in einem Polizeigebäude wieder. Juristen kritisierten das als beispiellos - selbst für russische Verhältnisse. In einem Video bei Twitter beklagte Nawalny, dass die Justiz in Russland eine neue Stufe der "Gesetzlosigkeit" erreicht habe.

"Ich habe oft gesehen, wie der Rechtsstaat ins Lächerliche gezogen wird, aber dieser Opi in seinem Bunker fürchtet sich inzwischen so sehr (...), dass nun einfach der Strafprozesskodex zerrissen und auf die Müllhalde geworfen wird", sagte Nawalny in dem improvisierten Gerichtszimmer. Mit "Opi in seinem Bunker" meint Nawalny den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Es ist unmöglich, was hier passiert."

Nawalnys Anwälte hatten offenbar ein Schreiben über den Beginn einer Gerichtsverhandlung im Polizeigebäude erhalten, die dann eröffnet wurde, ohne dass jemand sich hätte vorbereiten können. Zuvor hatten Nawalnys Anwälte und Mitarbeiter erklärt, dass von dem Oppositionellen jede Spur fehle.

Nawalny hatte am Sonntag nach fünf Monaten, wo er sich von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte, Deutschland verlassen. Nach seiner Ankunft in Moskau wurde er festgenommen. Die Justiz hatte ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Der Kremlkritiker soll während seines Aufenthalts in Deutschland gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben. Konkret wirft der Strafvollzug ihm vor, gegen Meldeauflagen verstoßen zu haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Verhaftung Nawalnys scharf verurteilt und seine sofortige Freilassung verlangt. "Die russischen Behörden haben das Opfer eines Mordanschlags mit C-Waffen verhaftet und nicht die Täter", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Die Bundesregierung ruft die russische Regierung daher nachdrücklich dazu auf, erstens Herrn Nawalny unverzüglich freizulassen; und zweitens die Umstände des Chemiewaffenangriffs auf russischem Boden vollumfänglich aufzuklären." Russland verfüge dazu über alles Notwendige.

Olga Michailowa, Anwältin von Kremlkritiker Alexej Nawalny, steht vor der Polizeistation in Chimki.

Olga Michailowa, Anwältin von Kremlkritiker Alexej Nawalny, steht vor der Polizeistation in Chimki.