Unkraine-Konflikt

Scholz verspricht Ukraine weitere schwere Waffen


Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Generaldebatte im Bundestag.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Generaldebatte im Bundestag.

Von Michael Fischer, dpa

Wochenlang wurde Olaf Scholz Zögerlichkeit bei den Waffenlieferungen in die Ukraine vorgeworfen. Jetzt holt er in seiner bisher kämpferischsten Rede als Kanzler zum Befreiungsschlag aus. Auch zu den Preissteigerungen macht er eine ungewöhnliche Ankündigung.

Deutschland will der Ukraine Mehrfachraketenwerfer und ein modernes Flugabwehrsystem für den Kampf gegen die russischen Angreifer liefern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte den ukrainischen Streitkräften in der Haushaltsdebatte des Bundestags am Mittwoch zudem ein modernes Ortungsradar zu, das Artilleriestellungen ausfindig machen soll.

Zur Abfederung der drastischen Preissteigerungen im Zuge des Kriegs will der Kanzler Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu einer "konzertierten Aktion" zusammenrufen. Das sei ein "ungewöhnlicher Schritt", der aber angesichts der aktuellen Lage dringend geboten sei, sagt Scholz in seiner bisher kämpferischsten Rede als Kanzler im Bundestag. Es gehe um eine "gezielte Kraftanstrengung in einer außergewöhnlichen Situation", sagte er.

Scholz war in den vergangenen Wochen immer wieder Zögerlichkeit bei den Waffenlieferungen in die Ukraine vorgeworfen worden. Bisher sind zwar in großem Stil Panzerabwehrwaffen, Flugabwehrraketen oder Maschinengewehre sowie etwa 15 Millionen Schuss Munition für den Abwehrkampf der Ukrainer gegen Russland zur Verfügung gestellt worden - aber noch keine schweren Waffen geliefert worden. Zugesagt sind bisher sieben Panzerhaubitzen - schwere Artilleriegeschütze - sowie 50 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard; sie sind aber noch nicht geliefert worden.

Befreiungsschlag mit drei neuen Waffen-Versprechen

In seiner Rede in der Generaldebatte holte Scholz nun zum Befreiungsschlag bei dem Thema aus. Die drei neuen Waffen-Zusagen seiner Regierung gehen qualitativ über die bisherigen Versprechen hinaus:

- Vier MEHRFACHRAKETENWERFER aus Beständen der Bundeswehr sollen möglichst bis Ende Juni in die Ukraine geliefert werden. Das geschehe in enger Abstimmung mit den USA, die auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Systemen übernehmen würden, hieß es aus Regierungskreisen. Die USA hatten bereits am Dienstag die Lieferung solcher weit schießenden Artilleriesysteme zugesagt. Bedingung dafür war eine Zusage der Ukraine, keine Ziele auf russischem Territorium anzugreifen. Auch Scholz hob diese Zusage in seiner Haushaltsrede hervor. Die Bundeswehr nutzt seit 1990 die Raketenwerfer Mars II, die je nach Munition Ziele in bis zu 40 Kilometer Entfernung treffen können.

- Bei dem LUFTABWEHRSYSTEM handelt es sich laut Scholz um Iris-T des Herstellers Diehl. Es sei das modernste Flugabwehrsystem, über das Deutschland verfüge, sagte der Kanzler. "Damit versetzen wir die Ukraine in die Lage, eine ganze Großstadt vor russischen Luftangriffen zu schützen." Die Ukraine fordert seit langem die Lieferung von Flugabwehrsystemen, um sich gegen Angriffe von russischen Kampfflugzeugen, Hubschraubern, Raketen oder Drohnen schützen zu können.

- Hinzu kommt ein ORTUNGSSYSTEM, das Artilleriestellungen aufspüren soll.

Weitere Überraschung: "Konzertierte Aktion"

Neben den Waffenlieferungen hatte Scholz in seiner Rede eine weitere Überraschung parat: Eine "konzertierte Aktion" gegen Preissteigerungen. Dieses Thema stellte er an den Anfang seiner Rede - weit vor das Thema Waffenlieferungen.

Der Begriff "konzertierte Aktion" ist aus Zeiten der ersten großen Koalition bekannt. Angesichts der ersten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik rief Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) 1967 Vertreter von Regierung, Bundesbank, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften an einen Tisch. "Konzertiert" meint "verabredet" - also den Versuch, Interessen freiwillig abzustimmen und in Einklang zu bringen.

Scholz machte deutlich, dass dieser Abstimmungsprozess "kein Dauerzustand" sein dürfe und dass es dort keine Lohnverhandlungen geben werde. Die Sozialpartner und der Staat hätten in Deutschland aber eine "lange Tradition, in solchen Lagen eng für das Gemeinwohl zusammenzuarbeiten". Als Hauptursache für die steigenden Preise nannte der Kanzler den "von Russland angezettelten" Krieg in der Ukraine, der die Energie- und Rohstoffpreise anheize. Scholz warnte vor einer "dauerhaften Entwicklung mit zu hohen Inflationsraten".

"Durchgetänzelt": Schlagabtausch zwischen Scholz und Merz

Scholz, der Reden oft vom Blatt abliest, zeigte sich diesmal im Bundestag ungewöhnlich angriffslustig. Dem Oppositionsführer Friedrich Merz warf er vor, immer nur Fragen zu stellen und sich niemals in einer Sache wirklich zu positionieren. "Sie sind hier durch die Sache durchgetänzelt und haben nichts Konkretes gesagt", rief Scholz dem CDU-Chef zu. Der hatte dem Kanzler zuvor in seiner Rede erneut mangelnde Unterstützung der Ukraine bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs vorgehalten: "Sie reden in letzter Zeit etwas mehr als sonst, aber sie sagen unverändert nichts."