Umwelt BN: Seit 2011 bis zu 300.000 Bäume in Großstädten gefällt

Ein Foto vom Marienplatz in München auf dem Display einer Wärmebildkamera. Foto: Sven Hoppe/dpa

Wohl dem, der in den vergangenen Tagen einen Park oder Wald in der Nähe hatte - in der prallen Sonne war die Hitze kaum zu ertragen. Doch die schattenspendenden Bäume müssten besser vor der Motorsäge geschützt werden, fordert der Bund Naturschutz - und legt Zahlen vor.

Trotz ihrer positiven Effekte auf das Klima sind nach Schätzungen des Bund Naturschutz (BN) in den 15 größten Städten des Freistaats in den vergangenen zehn Jahren bis zu 300.000 Bäume gefällt worden. Eine Umfrage in den Kommunen habe ergeben, dass von 2011 bis 2021 mindestens 165.500 Bäume umgesägt worden seien, sagte der BN-Vorsitzende Richard Mergner am Donnerstag in München. Allerdings hätten viele Kommunen nur lückenhaftes Zahlenmaterial vorliegen, weshalb der BN die vorliegenden Daten anhand der Einwohnerzahlen hochrechnete.

"Dass in Zeiten des Klimawandels so viele zum Teil sehr alte und große Bäume weichen müssen, ist dramatisch", betonte Mergner. "Die menschengemachte Klimakrise wird gerade in Bayern immer spürbarer. Wir haben Hitzerekorde, wir haben Dürre, in Unterfranken hat es im letzten Monat nur zehn Liter geregnet. Und wir haben vor allem in unseren Städten Zustände, die nicht mehr lebensverträglich sind, vor allem für unsere älteren Mitbürger."

Grünanlagen und Bäume hingegen seien ein wichtiger Faktor im Kampf gegen die in den vergangenen Tagen besonders spürbare Überhitzung der Städte infolge zunehmender Nachverdichtung und Flächenversiegelung. Bäume seien natürliche Klimaanlagen und dienten als Schattenspender, erläuterte BN-Baumexperte Christopher Busch. "Eine 60-jährige Linde hat eine Kühlleistung von über 20.000 Kilowattstunden über das Jahr gesehen - so viel wie drei bis vier Klimaanlagen für den Hausgebrauch oder 140 Kühlschränke."

Der BN fordert deshalb, dass die Staatsregierung allen Kommunen eine Baumschutzverordnung zwingend vorschreiben solle; aktuell hätten nur knapp 100 der 2056 Städte und Gemeinden in Bayern eine. Zudem müsse es Baumkataster geben, damit die Kommunen einen Überblick über den Baumbestand und Fällungen bekämen, besonders auch bei privaten Baumaßnahmen. Und nicht zuletzt müsse die bayerische Bauordnung geändert werden, weil diese dem Baurecht Vorrang gewähre, Bäume in den allermeisten Fällen also weichen müssten.

Die Nachpflanzungen könnten die Fällungen in keiner Weise ausgleichen, betonte Mergner. Zumal die jungen Bäume Jahrzehnte bräuchten, um die gleiche Wirkung auf ihr Umfeld zu haben wie die meist bereits großen, gefällten Bäume. Eine Linde beispielsweise wachse höchstens zwischen 25 und 50 Zentimeter im Jahr, in Städten wegen des geringen Platzes für die Wurzeln eher weniger. Zudem stünden den registrierten 165.000 Fällungen zwar rund 130.350 Nachpflanzungen gegenüber. Doch hochgerechnet auf die 15 größten Kommunen bleibe bei 250.000 bis 300.000 Fällungen dennoch ein Nettoverlust von 45.000 bis 50.000 Bäumen übrig.

In vielen bayerischen Städten wurde am Mittwoch der bisher heißeste Tage des Jahres verzeichnet. Das unterfränkische Kitzingen meldete nach vorläufigen Zahlen 39,6 Grad - den höchsten Wert im Freistaat. In München wurden 36,8 Grad verzeichnet. Der BN nutzte den Tag, um selbst Messungen an baumreichen und baumlosen Orten in der Landeshauptstadt durchzuführen. Ergebnis: Im Englischen Garten war es ganze drei Grad kühler als am Marienplatz vor dem Rathaus.

Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.

 
 
 

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