Jeden Mittwoch geben LZ-Redakteure an dieser Stelle ihre ganz persönlichen Tipps für die Freizeit. Von Ausstellungen über Buchempfehlungen bis zu Geheimtipps in der Stadt. Diese Mal steht ein Besuch des Italienischen Anbaus der Burg Trausnitz auf dem Programm.
Wenn man der Pandemie auf Teufel komm raus etwas Positives abgewinnen müsste, würde mir neben der Bahnenregel in der Schwimmschule eigentlich nur noch Folgendes einfallen: Man kann die Burg Trausnitz jetzt auch ohne Führung durchstreifen. Einfach so. Ohne sich nach Terminen oder dem führungstypischen "Weiter geht's" richten zu müssen. Dabei liegt mir eine prinzipielle Führungsskepsis vollkommen fern. Stadtführungen sind etwas Wunderbares. Profunde Führungen durch befristete Ausstellungen: großartig.
Wenn es aber darum geht, ein Gebäude in all seinen Details auf sich wirken zu lassen, empfiehlt es sich, allein umherzustreifen, zu verweilen und zurückzukehren, sich in Gedanken zu verlieren oder einfach nur minutenlang verblüffen zu lassen. Möglich ist dies in Landshut derzeit auf der Burg Trausnitz, wo man mit einer Eintrittskarte neben der immer wieder sehenswerten Kunst- und Wunderkammer auch die jüngst geöffneten Tapisserien-Säle oder, seit Neuestem, zwei Renaissance-Porträts von Dante und Boccaccio im Italienischen Anbau entdecken kann.
Jene Räume des Italienischen Anbaus, die nach dem Burgbrand von 1961 wieder hergestellt werden konnten, sind denn auch mein Burg-Favorit. Es sind nur wenige, doch genügt ihre Großartigkeit, um eine Verzückung auszulösen, die es mit der Trauer um das, was beim Brand verloren ging, durchaus aufnehmen kann. Zu sehen sind dort neben der legendären Narrentreppe nach Entwürfen von Friedrich Sustris (1578/79) auch Stuckaturen von Carlo di Cesare del Palagio aus der gleichen Zeit. Einige Jahre zuvor hatte der Vasari-Schüler, 1538 in Florenz geboren, bereits die Dekoration des Palazzo Vecchio besorgt und den Stuck im Augsburger Palais der Fugger modelliert.
Als kunsthistorisches Verdienst del Palagios gilt es, die modernen Stilformen der italienischen Spätrenaissance nach Deutschland gebracht zu haben. Auf der Burg Trausnitz kann man sich ein spektakuläres Bild davon machen. In aller Ruhe und auf eigene Faust - was zuletzt für einen ungeahnten Zulauf an Besuchern gesorgt hat.
Bleibt zu hoffen, dass die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung den Besuch ohne Führung nicht nur auf der Burg Trausnitz beibehält, sondern auch ihrem zweiten prominenten Landshuter Objekt gönnt, das gerade aufwendig saniert wird: der Stadtresidenz.
Information
Die Burg Trausnitz hat täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet, ab 4. Oktober täglich von 9 bis 18 Uhr.
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