TikTok-Star „misterzio“ Interview zu TikTok: „Politische Inhalte werden gnadenlos zensiert“


Auch Daniel Wolff fasziniert TikTok. Der Digitaltrainer kennt aber auch die Schattenseiten der chinesischen App: problematische Inhalte, lückenhafter Datenschutz und mangelnder Schutz der Nutzer. Ein Interview.

Herr Wolff, was finden Sie an TikTok gut?

Daniel Wolff: TikTok macht ganz einfach Spaß. Man kommt schnell in einen „Flow“. Denn die algorithmisch auf jeden Betrachter optimierte knallbunte Mischung aus Spaß, Musik und Faszination kann jeden schnell in den Bann ziehen. Ich bin bei der Recherche selbst schon mehrmals regelrecht in TikTok „versackt“.

Was sehen Sie kritisch?

Daniel Wolff: Sehr viele Nutzer finden sich meiner Erfahrung nach in der Altersgruppe von 8 bis 12 Jahren. Das vom chinesischen Betreiber ByteDance geforderte Mindestalter von 13 Jahren wird von TikTok bei der Installation mit einer simplen Eingabe des Geburtsdatums „überprüft“ – was natürlich schon in den Grundschulen eine Lachnummer ist. Viele TikToks sind jedoch definitiv nichts für Kinder. Immer wieder tauchen zum Beispiel Sex-Tipps oder Unfälle mit extremen Verletzungen auf. Ich glaube, wir müssen da alle viel besser hinsehen, indem wir die Themen Privatsphäre, Cybergrooming (Anmache durch Pädophile, Anm. d. Red.) und ungeeignete Inhalte besprechen, BEVOR wir TikTok nutzen. Eltern müssen, auch wenn es ungeheuer anstrengend ist, ihre Kinder täglich im Internet begleiten. Ich persönlich würde TikTok Kindern unter 13 Jahren nur in Gegenwart der Eltern erlauben. Sie müssen ja nicht immer direkt danebensitzen und mitgucken – aber mithören sollten sie auf jeden Fall!

Worauf sollten User achten?

Daniel Wolff: Man sollte unbedingt von Anfang an die standardmäßig echt laschen Datenschutz-Einstellungen unter „Profil“, „Einstellungen und Datenschutz“ viel schärfer setzen. Also zum Beispiel das Konto auf „privat“ umstellen, der Standard ist „öffentlich“, damit man nicht gleich von vielen Millionen fremden Menschen gesehen und beurteilt werden kann. Denn es sind leider nun mal nicht alle Menschen wohlwollend da draußen. Und man sollte aufpassen, dass man nachts nicht länger auf TikTok hängen bleibt, als einem guttut.

Wie sehen Sie die Zukunft von TikTok?

Daniel Wolff: TikTok hat dank seiner attraktiven Darstellungsweise und Themenvielfalt in den letzten zwei Jahren eingeschlagen wie eine Bombe – die App wurde in vielen Ländern sogar öfter heruntergeladen als WhatsApp oder Instagram. Mit geschätzt 1,5 Milliarden Nutzern weltweit ist TikTok damit die einzige App, die dem Social-Media-Platzhirsch Facebook, dem ja auch WhatsApp und Instagram angehören, Konkurrenz macht. Doch ähnlich wie Facebook, das schon lange in der Kritik steht, wird auch TikTok bald in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, wenn immer mehr Eltern bemerken, was die Kinder da eigentlich so alles zu sehen bekommen – und was nicht. Denn politische Inhalte werden gnadenlos im Sinne der chinesischen Regierung zensiert. Leider ist der Jugendschutz in China auch nicht besser ausgeprägt als hierzulande. Und bislang waren auf TikTok alle Maßnahmen, Kinder besser zu schützen, in der Praxis leider so gut wie wirkungslos. Ohne aufmerksam begleitende Eltern gibt es nun einmal keinen Jugendschutz im Internet.

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