Hier rollt die Blechlawine

Verkehrsinfarkt Straßkirchen - Ortsumgehung in Sicht?


Mehr als 13.000 Fahrzeuge schieben sich laut Erhebungen der Gemeinde jeden Tag durch Straßkirchen. Kommt die Gemeinde an der B8 der lang ersehnten Ortsumgehung nun endlich näher?

Mehr als 13.000 Fahrzeuge schieben sich laut Erhebungen der Gemeinde jeden Tag durch Straßkirchen. Kommt die Gemeinde an der B8 der lang ersehnten Ortsumgehung nun endlich näher?

Seit Jahren regen sich die Straßkirchner auf über die Verkehrslawine, die Tag für Tag mitten durch den Ort rollt. Mindestens ebenso lang kämpfen die politischen Vertreter der Gemeinde um eine Umgehungsstraße. Wie ist der derzeitige Stand?

Einerseits ist Wallersdorf nun zum Logistik-Knoten von BMW geworden. Nachdem im Regensburger Südzucker-Werk die Lichter ausgingen, dürfte andererseits ein großer Teil der Zuckerrübenlaster Plattling als neues Ziel haben - Fahrtroute B8 durch Straßkirchen. Die Verkehrszahlen sind laut Bürgermeister Christian Hirtreiter explodiert. Augenscheinlich ein Argument, das Projekt "Ortsumgehung" nun endlich anzugehen. Hirtreiter ist zuversichtlich - auch wenn die Antworten des Ministeriums nicht gerade nach einem baldigen Baubeginn klingen.

"Hier geht's aber ganz schön zu", ist regelmäßig von Besuchern der Gemeinde Straßkirchen zu hören - und gemeint sind in der Regel die zahllosen Lkw, die sich Stoßstange an Stoßstange durch den Ortskern schieben. Von über 9.000 Fahrzeugen pro Tag war die Rede bei einer Verkehrszählung im Jahr 2013. 2015 hat die Gemeinde selbst noch ein Gutachten in Auftrag gegeben, das auf 13.500 kommt - und zwischenzeitlich ist da auch noch ein neues Logistikzentrum von BMW in Wallersdorf eröffnet worden.

Abkürzung zur B8 hat sich rumgesprochen

Nicht erst seit der Einrichtung des großen Ersatzteilbahnhofs hat sich offenkundig unter Truckern die Strecke Wallersdorf - Altenbuch - Straßkirchen als Abkürzung zur B8 rumgesprochen. Auch zahlreiche Speditionen aus den Landkreisen Dingolfing-Landau und Landshut nutzen sie nach wie vor. Das Innenministerium schreibt dazu auf Anfrage von idowa: "Die Nutzung der Abkürzung über Straubing, Straßkirchen und Altenbuch war nie vorgesehen. Auf die Einhaltung dieses An- und Abfahrtskonzepts wurde immer wieder gedrängt, so dass davon auszugehen ist, dass das neue BMW-Logistikzentrum in Wallersdorf [...] keine Steigerung des Lkw-Anteils auf der B8 zur Folge hatte." Nie vorgesehen? Gedrängt? Ein Verbot ist das nicht.

Auch klingt es in der Antwort des Bayerischen Innenministeriums auf unsere Anfrage nicht, als ob Straßkirchen ein Fall mit akutem Handlungsbedarf sei. Dort heißt es: "Die […] offiziell ermittelten Zahlen im Bereich Straßkirchen liegen bei rund 8.000 Fahrzeugen pro Tag (der bayernweite Durchschnitt für Bundesstraßen beträgt knapp 10.000 Kfz/Tag)." Im Zehnjahrestrend habe der Verkehr auch nicht merklich zugenommen. Allerdings: die Zahlen, die das Minsterium anführt, stammen aus dem Jahr 2015 - also aus der Zeit vor BMW in Wallersdorf und vor der Schließung des Regensburger Südzucker-Werks.

Wenig verwunderlich, dass der Straßkirchner Bürgermeister Christian Hirtreiter diese Zahlen nicht gelten lässt: "Erst Ende Januar ist die Zuckerrübenkampagne zu Ende gegangen. Seitdem schnaufen wir ein klein wenig durch. Der Schwerlastverkehr in der Summe ist das Problematische. Unsere Befürchtung ist, dass es jetzt aufgrund der geplanten Erweiterungen in Wallersdorf einen noch stärkeren Zuwachs an Verkehr gibt. Das ist wirklich nicht mehr hinnehmbar."

Hinzu komme die Kartoffelernte und der Pendlerverkehr zum neuen Logistikzentrum - für den muss mittlerweile sogar auf dem Firmengelände in Wallersdorf der Parkplatz erweitert werden. Alles zusammen bedeutet: Verkehrsinfarkt nahezu das gesamte Jahr über: Die Kartoffelbauern fahren vermehrt von Juni bis Oktober zur Stärkefabrik nach Sünching - die Zuckerrübenbauern von Mitte September bis Mitte Januar.

Die unendliche Geschichte um die Ortsumgehung

Eine Sperrung für den Lkw-Verkehr in diesem Bereich der B8 kommt aus Sicht des Ministeriums damals wie heute nicht in Frage. Das würde eine besondere Gefahrenlage voraussetzen. "Die Überprüfung im Jahr 2015 durch die örtlich zuständigen Behörden hat ergeben, dass im Bereich der Ortsdurchfahrt Straßkirchen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Des Weiteren fehlt es auch an einer geeigneten Umleitungsstrecke."

Bleibt also nur, eine solche zu schaffen, sprich: eine Ortsumgehung. Auch das ist bereits seit Jahrzehnten im Gespräch. So lang, dass für die etwa fünf Kilometer Strecke die Skizzen und Pläne bereits in der Schublade liegen. Das Projekt ist mittlerweile im Bundesverkehrswegeplan - unter "weiterer Bedarf mit Planungsrecht".

Warum also geht hier offenkundig so wenig voran? "Konkret ist es so, dass am Staatlichen Bauamt derzeit die Fachkräfte nicht vorhanden sind, um dieses Thema zu bearbeiten", sagt Christian Hirtreiter. "Für das Projekt soll jetzt externe Hilfe und Expertise eingeholt werden. Ich habe von entsprechenden Büros eine Stellungnahme, die wir an Staatssekretär Gerhard Eck weitergeleitet haben. Wir hoffen, dass wir in den nächsten Wochen hier Rückmeldung kriegen."

Dringlichkeitsantrag an Markus Söder

Also fehlt es dem Bauamt schlichtweg an Ingenieuren und Bauzeichnern? Externe Planungsbüros können hier für Entlastung sorgen? Geht es also mit Hilfe von Privatunternehmen voran? Die Stellungnahme des Bauamts zum derzeitigen Status des Projekts dämpft aber die Hoffnung der verkehrsgeplagten Anwohner in Straßkirchen: "Mit der Einstufung in den ‚Weiteren Bedarf' wird den Projekten zwar ein grundsätzlicher verkehrlicher Bedarf zugeschrieben, eine vorgezogene Bearbeitung dieser Projekte ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn dies nicht zu Lasten noch wichtigerer Projekte des ‚Vordringlichen Bedarfs' geht. Es wird derzeit geprüft, wann das Staatliche Bauamt Passau entsprechend der Dringlichkeitseinstufung die Planung für die OU Straßkirchen aufnehmen kann."

Die Liste von Projekten, die als wichtiger eingestuft werden könnten, ist lang. Allein im Landkreis Straubing-Bogen stehen die Ortsumgehung für Geiselhöring und der Ausbau der Staatsstraße zwischen Saulburg und Wiesenfelden an. Dagegen dürfte die Ortsumgehung Mallersdorf-Pfaffenberg ihren Platz in der Warteschlange verloren haben, nachdem der dortige Gemeinderat dem Projekt de facto den Garaus gemacht hat.

Die Chance für Straßkirchen, hier nachzurücken? Der Straßkirchener Bürgermeister jedenfalls will mit seiner Sache nochmal ganz nach oben gehen: "Ich werde das auch dem neuen Ministerpräsidenten Markus Söder nochmal über einen Dringlichkeitsantrag vorlegen, dass wir in Straßkirchen diese Baumaßnahme unbedingt brauchen."