Rosengasse in Straubing

Verkehrs-Outlaws zwischen Biertischen


Weiter vorne an der Rosengasse brettern manche Raser sogar über den Bürgersteig, sagt Fred Dick vom Raven.

Weiter vorne an der Rosengasse brettern manche Raser sogar über den Bürgersteig, sagt Fred Dick vom Raven.

Die Rosengasse in Straubing ist eine Ausgehmeile. Entlang der Straße und in den Gassen finden sich Nachtlokale, Kult- und Musik-Kneipen. Und neuerdings auch viele Stühle und Bierbänke. Gleichzeitig regiert hier oft der Bleifuß - inklusive Kickdowns von Tuning-Fans. Kann das gut gehen?

Unter den großen roten Sonnenschirmen wird genossen. An jedem Tisch sitzen vielleicht vier, fünf Leute. Sie unterhalten sich - nicht angestrengt, nicht laut, sondern ganz entspannt, ganz locker, ganz vertraut. Alles sagt: Das hier ist Nachbarschaft, Freunde, Verwandte. Man trinkt ein Bier, ist einen Bissen und erzählt, was der Tag so gebracht hat. Wäre nicht die breite Straße, die die Sitzgruppen teilt, dann könnte man fast glauben, in Italien zu sein. Auch wegen der teils alten Bausubstanz, die die Sitzreihen säumt. Ein Mann steht von seinem Platz auf und steht kurz neben dem Tisch. Plötzlich wird es laut. Heulender Motor. Ein Auto rauscht vielleicht einen guten Meter neben dem Mann vorbei. Er schimpft ihm hinterher. Willkommen in der Rosengasse.

Wegen der Corona-Pandemie und ihrer Folgen verlagerte sich über die vergangenen Monate das Leben vielfach auf zuvor ungenutzte Außenbereiche - auch und besonders in der Gastronomie, vor allem in Straßen wie der Rosengasse in Straubing, in der sich neben Kneipen auch Lokale und Imbisse befinden. Die Stadt untersützte das. Ihren darbenden Schankwirtschaften wolltte sie helfen. In südländischer Manier wurde die Straße zum erweiterten Freischankbereich. Den Lokalbetreibern sind per Beschluss des Ordnungsausschusses Biertische und Schirme auf der Straße erlaubt.

Das neue Angebot wird vielfach von den Straubingern dankend angenommen, besonders bei guter Witterung wie in den vergangenen Tagen. Um nun gleichzeitig für die nötige Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen, wurden die Straßen Rosengasse und Am Platzl ab der Ottogasse zu einem verkehrsberuhigten Bereich erklärt. Von 16 Uhr nachmittags bis 6 Uhr morgens müssen die Autos komplett draußen bleiben, es sei denn für Pizza-Abholfahrten zur Pizzeria Massimo.

Kellner überqueren die "Rennstrecke"

Ein Gewinn also für viele Stadtbewohner? Im Prinzip ja. Nur ein Problem gibt es dabei. Die geänderte Verkehrssituation scheint etliche Autofahrer kaum zu scheren. Tuner und Poser rauschen hier gerne Mal lang im Wettbewerb von Subwoofern und hubraumstarken Motoren. Aus Anwohner-Kreisen heißt es, dass weiterhin Fahrzeuge durch die Gasse brettern, unabhängig von der Uhrzeit. Und das obwohl hier Menschen an Biertischen beisammen sitzen und Kellner die Straße überqueren müssen, um das Bestellte an die Tische zu bringen.

Der Sicherheit ist diese Kombination nicht zuträglich, bestätigen Polizei und Stadt auf Anfrage. "Gelegentlich erreichen uns Beschwerden der Anwohner über Lärm oder die Verkehrssituation", erklärt Johannes Burgmayer, der Pressesprecher der Stadt Straubing, auf Anfrage von idowa. Die Beschwerden beziehen sich auf Autofahrer, die auf den wenigen hundert Metern zwischen Am Platzl und Ludwigsplatz die maximale Beschleunigung ihrer Autos demonstrieren wollen. Auch ettliche Motorräder sollen immer wieder mit lautem Geknatter durch die Straße rollen. Ihre Lage als parallele Verkehrsachse zu Theresien- und Ludwigsplatz, das Publikum in den Lokalen, vielleicht auch die den Schall reflektierende und verstärkende Häuserschlucht - all das scheint die Rosengasse für PS-Angeber attraktiv zu machen. Daneben übersehen wohl so manche alteingesessene Fahrer das neue Gebot und steuern da lang, wo sie immer durchgekommen sind.

Bis zu 100 Autos am Tag

Die Einschätzung vieler Anwohner teilt Alfred Dick von der Musikkneipe Raven in der Rosengasse: "Pro Stunde haben wir 80 bis 100 Autos - zehn bis 15 Prozent davon sind Raser", schätzt der Betreiber des Kult-Clubs. Seit 14 Jahren komme es immer wieder zu gefährlichen Situation, weil Raser zum Teil sogar die Bürgersteige rasierten, um noch schneller durch die Straße fahren zu können. Den Autoverkehr ganz auszusperren hält er allerdings nicht für die richtige Lösung: "Es bringt uns ja auch Vorteile, dass die Leute durchfahren können, dass man Pizzas abholen kann und die Musiker bei Konzerten vor dem Club parken können." Es müsste halt einfach öfter und konsequenter kontrolliert werden, meint er. Ähnlich sehen das andere Geschäftsbetreiber in der Rosengasse. Die Stadt hat zwischenzeitlich angekündigt, dass eine Tempo-30-Markierung auf den Asphalt aufgebracht werden soll. Die Einschätzungen darüber, wie effizient das wohl sein wird, gehen auseinander.

Gibt es sonst noch Möglichkeiten, den Verkehr in die richtigen Bahnen zu leiten? "Möglicherweise wird der verkehrsberuhigte Bereich nicht von allen Verkehrsteilnehmern als solcher wahrgenommen, da die baulichen Merkmale wie höhengleiche Bordsteine fehlen", sagt der Straubinger Pressesprecher. Stadt und Polizei wollen nun in Kooperation dafür sorgen, dass die Verkehrsregeln beachtet werden: "Nach Absprache mit der Stadt kontrolliert die Polizei in unregelmäßigen Abständen das Durchfahrtsverbot", so Johannes Burgmayer. Über die Ergebnisse der Kontrollen allerdings kann die Polizei derzeit keine Angaben machen. Eine Aussage über Anzahl und Art der Beanstandungen wäre frühestens in der kommenden Woche zu bekommen.

Bleibt noch die Frage, ob aus der provisorischen Lösung in der Rosengasse eine feste Einrichtung werden könnte - quasi eine Straubinger Sandkerwa, auch nach Corona? Die Wirte und ihre Gäste jedenfalls nehmen die alternative Biergarten-Atmosphäre ganz gut an. Von Stadtseite heißt es allerdings, dass darüber noch nicht entschieden sei, wie Johannes Burgmayer ausführt: "Die momentane Regelung gilt laut Beschluss des Ordnungsausschusses bis zur Beendigung der Betriebseinschränkungen für Gaststätten aufgrund der Corona-Pandemie. Sicherlich wäre für eine über die jetzige Dauer hinausgehende Genehmigung eine erneute Prüfung erforderlich."