Romanautorin im Interview

„Eine gute Geschichte funktioniert immer“: Nina Blazon über das Schreiben und ihr neues Buch „Silfur“


Nina Blazon gilt als eine der bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen in Deutschland. Sie schreibt Fantasy, Krimis, Historienromane und märchenhafte Erzählungen und schafft es dabei wie keine Zweite, die Grenzen zwischen den Genres zu verwischen. Auf der Leipziger Buchmesse hatte Freistunde die Gelegenheit, Nina Blazon nicht nur zu ihrem neuen Buch "Silfur - Die Nacht der Silbernen Augen" zu befragen, sondern auch ein wenig über das Schreiben an sich zu plaudern.

"Der Winter der schwarzen Rosen", für den du dieses Jahr den Fantasyliteraturpreis Seraph gewonnen hast, das Jugendbuch "Silfur" und der Historienroman "Feuerrot" sind drei unterschiedliche Romane und stammen trotzdem alle aus deiner Feder. Wie machst du das?

Nina Blazon: Mir war schon immer klar, dass ich nicht nur ein Genre schreiben wollte. Allerdings hatte ich auch ein wenig Glück. Heutzutage müssen viele Autoren, die mehr als eine Art von Buch schreiben wollen, Pseudonyme annehmen, um ihre Reihen voneinander abzugrenzen. Ich habe mit dem Schreiben angefangen, als diese Vorgabe noch nicht üblich war, so kann ich heute alles - vom Vorlesebuch für Kinder bis zum Erwachsenenroman - unter einem Namen veröffentlichen. Gemeinsamkeiten gibt es aber natürlich bei allen meinen Büchern. Zum Beispiel eine kleine Krimigeschichte, irgendein Geheimnis, das die Charaktere lösen müssen. Ich liebe Krimis und das zieht sich wie ein roter Faden durch meine Bücher. Zum anderen natürlich die Märchen- und Sagenthemen.

Wann entscheidest du, ob ein Buch beispielsweise ein Fantasy-Roman, ein Krimi oder ein Historien-Roman wird?

Eine gute Geschichte funktioniert in jedem Genre. In "Silfur" geht es zum Beispiel um zwei Brüder, von denen der jüngere den älteren zu überflügeln beginnt. Es geht also um Geschwisterbeziehungen, um Familie, darum, wie Freundschaft entsteht und dass vermeintliche Schwächen auch Stärken sein können. Das Genre ist für mich nur das Gewand, in das ich die Geschichten kleide. Ich habe das Glück, dass mir meine Verlage oft Positionen im Jahresprogramm anbieten, mir zum Beispiel sagen: "Wir haben einen Programmplatz für einen Fantasy-Roman für Leser ab zwölf Jahren. Es wäre schön, wenn er dieses Thema oder diese Atmosphäre hätte." Dann sehe ich in meinen Notizen nach, welche der Ideen am besten passen würde. Manchmal wird meine Idee für einem historischen Roman dann zu einem Fantasy-Buch.

Aber ist es nicht schwierig, sich auf ein Buch zu konzentrieren, wenn man so viele unterschiedliche Geschichten hat?

(Lacht) Es heißt ja immer, dass ein Autor an mehreren Büchern gleichzeitig arbeitet. An dem einen schreibt er, das andere lektoriert er, mit dem dritten geht er auf Lesetour und so weiter. Spannend wird es immer dann, wenn Leser bei Veranstaltungen Detailfragen zu einem älteren Buch stellen. Sie sind besser informiert als ich, weil ich gerade in einem völlig anderen Buch stecke. Was sehr schön ist: Wenn man es zugibt und dann zu Hause nachsieht, um die Frage zu beantworten, haben sie dafür sehr großes Verständnis. Ansonsten: Disziplin. Wenn ich zum Beispiel in Ravensburg auf einer Lesung zu "Feuerrot" bin, bereite ich mich auf dieses Buch vor. Bei "Silfur" bereite ich mich auf dieses Buch vor und so weiter.

Apropos "Silfur": Das Buch spielt in Island. Kannst du uns etwas über die Recherchen erzählen?

2008 bin ich zum ersten Mal nach Island gekommen und habe mich verliebt. Für "Silfur" war ich 2013 wieder vor Ort, habe bei Bekannten gewohnt und viel von dieser Zeit für das Buch verwendet. Die Hraunfossar-Wasserfälle, aber auch Beobachtungen aus dem Alltag: die Einrichtung der Häuser, Redensarten, Rezepte, Traditionen, die Art, wie die Leute miteinander umgehen...

Wie recherchierst du denn für deine Fantasy- oder Historien-Romane?

Ich liebe Märchen und historische Stoffe. Sie bilden immer eine gute Basis für eigene Ideen. In "Feuerrot" zum Beispiel geht es um Hexen, um die Stadt Ravensburg, aber auch um die Händlerfamilie Humpis, die es damals schon zu internationaler Bekanntheit gebracht hat. Die Hexenverfolgungen sind in dem Fall also der historische Hintergrund für einen Krimi im Milieu der reichen Händler. In "Der Winter der schwarzen Rosen" spielen Hexen auch eine gewisse Rolle, aber in einem magisch-fantastischen Setting. Ganz konkret gibt es in dem Buch aber einen Verweis auf die Geschichte der Agnes Bernauer. Das ist das Spannende an dieser Arbeit: Man kann historische Recherchen in die verschiedensten Geschichten einbringen.

Was sagen deine Leser zu den vielen unterschiedlichen Romanen?

Ich glaube, denen gefällt das sehr gut. Vor Kurzem ist eine Mutter zu mir gekommen, die mit ihrer Tochter eine Lesung besucht hat. Sie hat als Jugendliche meine ersten Romane gelesen und jetzt auch ihre Tochter damit angesteckt. Auf Messen und Lesungen treffe ich immer wieder Familien, in denen die Eltern Fans der All-Age-Bücher sind und die Kinder meine Vorlese- und Kinderbücher für sich entdeckt haben. Es ist natürlich schön, solche "Leserfamilien" zu treffen!